Ahrensburg. Politik beschließt mit knapper Mehrheit Stadtgeld von 30 oder 50 Euro pro Einwohner. Aktion soll voraussichtlich Anfang 2021 starten.

Jedes Kind in Ahrensburg bekommt 50 Euro, jeder Erwachsene 30 Euro – das haben die Stadtverordneten in ihrer jüngsten Sitzung nach kontroverser Diskussion beschlossen. CDU und Grüne nutzten ihre Mehrheit im Stadtparlament, um den gemeinsamen Antrag zum sogenannten Stadtgeld durchzubringen – gegen die Stimmen von SPD, Wählergemeinschaft WAB, FDP und Linken. Die vier Fraktionen hatten zuvor vehement gegen den schwarz-grünen Vorstoß protestiert. Sie haben Zweifel an der Wirksamkeit der Aktion und halten die Kosten von rund 1,3 Millionen Euro angesichts der coronabedingt schwierigen Finanzlage der Stadt für zu hoch.

Betriebe und Bürger sollen profitieren

Im hessischen Marburg haben die Bürger bereits im Sommer Stadtgeld bekommen. Eine ähnliche Aktion ist nun in Ahrensburg geplant.
Im hessischen Marburg haben die Bürger bereits im Sommer Stadtgeld bekommen. Eine ähnliche Aktion ist nun in Ahrensburg geplant. © HA | Stadt Marburg

Das Stadtgeld soll in Form von Gutscheinen ausgezahlt werden. Diese können in Ahrensburger Geschäften, Restaurants, Cafés und Kulturbetrieben eingelöst werden, die während der Corona-Pandemie zeitweise schließen mussten. Ausgeschlossen sind zum Beispiel Lebensmittel- und Getränkemärkte, Drogerien, Apotheken und Baumärkte. Vorbild ist die Stadt Marburg in Hessen, die bereits im Sommer ein solches Stadtgeld an ihre rund 75.000 Einwohner gezahlt hat, um das örtliche Gewerbe in der Corona-Krise zu stärken. Dort wurden rund 80 Prozent der Gutscheine eingelöst, der Marburger Oberbürgermeister zog anschließend ein positives Fazit.

Gutscheine sollen sechs Wochen gültig sein

„Wir wollen mit der Aktion schnell Familien und Betrieben helfen, die es durch Corona schwer haben“, sagt Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen. Sie halte Gutscheine in dieser Situation für die „größtmögliche und sicherste Marketingmaßnahme“, um die Ahrensburger Innenstadt zu beleben. Die Initiatoren hoffen, dass die Bürger letztlich mehr Geld in den Geschäften ausgeben als nur den Gutscheinbetrag.

Die Coupons sollen in einem noch festzulegenden Zeitraum von sechs Wochen gültig sein. Nach Angaben der Verwaltung wird der Start voraussichtlich erst Anfang 2021 möglich sein, da noch aufwendige Vorbereitungsarbeiten nötig seien. CDU und Grüne sprechen sich zudem dagegen aus, dass die Aktion parallel zum Weihnachtsgeschäft initiiert wird.

Kritik von vier Fraktionen und Gewerbetreibenden

SPD, WAB, FDP und Linke halten Gutscheine für das falsche Mittel. „Wir teilen die Grundmotivation, dass wir etwas für die Innenstadt tun müssen“, sagt Jochen Proske, Fraktionsvorsitzender der SPD. „Aber wir haben Zweifel an der Zielgenauigkeit dieser Maßnahme.“ Er befürchte, dass letztlich nicht die gewünschten lokalen Einzelhändler unterstützt würden. Das glaubt auch Peter Egan: „Der Großteil wird bei den bundesweiten Filialisten landen“, sagt der WAB-Chef. Zudem könne sich die Stadt ein so teures Projekt aus finanziellen Gründen derzeit nicht erlauben. „Wir werden in diesem Jahr einen Verlust von rund elf Millionen Euro machen und damit den höchsten, den wir in Ahrensburg je hatten“, sagt er. Es sei bereits absehbar, dass die Stadt im Frühjahr 2021 Kredite aufnehmen müsse, um das Personal im Rathaus zu bezahlen. Egan sagt: „CDU und Grüne treiben uns zu Steuererhöhungen oder in die Verschuldung.“

Detlef Levenhagen (CDU) wirft den Stadtgeld-Gegnern daraufhin vor, „alles niederzureden, bevor überhaupt etwas passiert“. Er sagt: „Es gibt Zeiten, da muss man etwas mehr ausgeben.“

Doch auch die Linken, die im Hauptausschuss noch für Gutscheine gestimmt hatten, sprechen sich nun dagegen aus. „Wir haben nach Gesprächen mit Gewerbetreibenden aus der Innenstadt erhebliche Zweifel, ob das Geld tatsächlich bei ihnen ankommt und etwas bringt“, sagt Fraktionschef Ali Haydar Mercan. So hatte Juwelier Andreas Werning, Vorstandsmitglied der Kaufleutevereinigung Stadtforum, auf Anfrage unserer Redaktion vor einer Woche gesagt: „Da wird schnell viel Geld verschwendet. Die Wirkung wird verpuffen. Das Geld kommt nicht bei denen an, die es nötig haben.“ Auch der FDP-Stadtverordnete Wolfgang Schäfer sagt: „Wir sind nicht davon überzeugt, dass die 1,3 Millionen Euro so wirken, wie CDU und Grüne hoffen.“

Einzelhändler können bis zu 7500 Euro erhalten

Die Aktion soll durch unerwartet höhere Einnahmen der Stadt Ahrensburg bei der Gewerbesteuer finanziert werden. Der Haushaltsansatz wird dafür von 19 auf 20,3 Millionen Euro erhöht. Durch das neue Finanzierungsmodell habe er jetzt keine rechtlichen Bedenken mehr, so Bürgermeister Michael Sarach. Ursprünglich wollten CDU und Grüne das Stadtgeld durch die Möglichkeit einer erhöhten Kreditaufnahme finanzieren. Der Verwaltungschef hatte daraufhin Widerspruch angekündigt, da Kredite nur für Investitionen und Finanzengpässe zulässig seien.

Die Gutscheine sollen in Zehn-Euro-Schritten ausgegeben werden können. „Dadurch wollen wir sicherstellen, dass auch kleinere Cafés profitieren“, sagt Nadine Levenhagen. Außerdem soll es möglich sein, Gutscheine als Spende an die Stadt Ahrensburg zurückzuschicken. Das Geld soll dann sozialen Projekten oder Organisationen zur Verfügung gestellt werden.

Die Stadtverordneten beschlossen zudem einstimmig den Antrag der FDP, kleinere und mittlere Einzelhändler und Gastronomen aus Ahrensburg bei coronabedingten Investitionen, etwa in Desinfektionsmittel und Trennscheiben, sowie bei Liquiditätsengpässen finanziell zu unterstützen. Die Obergrenze liegt bei 7500 Euro pro Unternehmen.