Bad Oldesloe. Laut Gutachten müssen zwölf neue Mitarbeiter in der Kreisstadt eingestellt werden. Ab 2021 sollen Auszubildende rekrutiert werden.
Mit dem 22 Millionen Euro teuren Neubau der Rettungsleitstelle Süd im Oldesloer Gewerbegebiet an der Autobahn 1 plant der Kreis Stormarn eine der modernsten Leitstellen in ganz Norddeutschland. „Dabei darf es aber nicht bleiben. Das ganze System ist reformbedürftig und muss vor allem eine personelle Aufwertung erfahren“, sagt der Ahrensburger Hilmar Thanisch (84), der viele Jahre Verwaltungsleiter eines großen Krankenhauses war.
Prognoseberechnung bis ins Jahr 2023 spielte eine Rolle
Bestätigt wurde er jetzt durch ein Gutachten der Consultingfirma Luelf & Rinke Sicherheitsberatung mit Sitz in Viersen (Nordrhein-Westfalen). Sie hat zuletzt alle sieben Rettungsleitstellen in Schleswig-Holstein analysiert. „Bei uns in Bad Oldesloe gab es drei Treffen mit den Gutachtern. Dabei wurden alle relevanten Teilgebiete von der Administration über die Disposition bis zu den Sonderaufgaben geprüft“, sagt Carsten Horn, seit vier Jahren Leiter der Integrierten Rettungsleitstelle (IRLS) Süd.
Ein wesentlicher Bestandteil der Analyse sei, ausgehend von den Anruf- und Einsatzzahlen im Jahr 2019, die Prognoseberechnung bis ins Jahr 2023 gewesen. Immerhin geht es um die Daseinsvorsorge für etwa 650.000 Menschen in den Kreisen Stormarn, Herzogtum Lauenburg und Ostholstein.
Durchschnittlich 195 Notfalleinsätze pro Jahr
„Es wurde festgestellt, dass die Leitstelle ihre Aufgaben saisonunabhängig jederzeit entsprechend der gesetzlichen Vorgaben erfüllt“, so Horn. Beleg dafür sei etwa, dass die mittlere Notrufannahme bei 6,5 Sekunden liege. Außerdem müsse die IRLS Süd keine gesonderten Dienstpläne für Sommer und Winter ausweisen.
„Ja, die Belastung in den Sommermonaten ist durch den touristischen Betrieb im Kreis höher“, bestätigt Horn. Dennoch würden eingehende Anrufe und veranlasste Einsätze keine explizit ausgewiesenen, zusätzlichen Disponentenzeiten rechtfertigen. Und das, obwohl die durchschnittliche Zahl aller täglichen Anrufe zum Beispiel in der dritten Juliwoche 2019 mit 980 einen Spitzenwert erreichte, der deutlich über dem Jahresmittel von 810 lag.
In besagter Woche wurden mit 230 auch die meisten Notfalleinsätze pro Tag registriert, der Jahresschnitt liegt bei etwa 195. Bei Krankentransporten belief sich die Zahl der durchschnittlichen Einsätze pro Tag im Vorjahr auf 135, bei Feuerwehreinsätzen auf etwas über 20.
Viele Krankentransporte gibt es zwischen 6 und 12 Uhr
„Deutlich auffälliger sind hingegen die Schwankungen an Einsätzen im Tagesverlauf“, weiß der 47-Jährige, der selbst 22 Jahre Rettungsdienst gefahren ist. So würden die meisten Krankentransporte von Montag bis Freitag zwischen 6 und 12 Uhr veranlasst, mit durchschnittlichen Spitzenwerten von 18 Einsätzen zwischen 8 und 9 Uhr. Ab 13 Uhr sei die Kurve dann stark abfallend.
Die meisten Notfallrettungen wurden im Vorjahr mit durchschnittlich 13 Einsätzen zwischen 9 und 10 Uhr registriert. Der Peak an Sonn- und Feiertagen lag mit 11,5 Einsätzen zwischen 12 und 13 Uhr. „Insgesamt konnten die notwendigen Pausen für das Rettungspersonal aber trotz der Fülle an Einsätzen zumeist eingehalten werden“, so Horn.
Trotz aller positiven Ergebnisse der Untersuchung, kommt die Rettungsleitstelle in Bad Oldesloe um einen Personalzuwachs nicht umhin. Das hat verschiedene Gründe. Etwa Vorgaben für die Neuorganisation der taktischen Führungsstruktur, veränderte Aufgabenzuschnitte und die Sicherung von Personal durch Qualifizierungsmaßnahmen.
Praxisanleiter sollen Aus- und Weiterbildung sicherstellen
„Das alles hat zur Folge, dass die Leitstelle Süd zwölf zusätzliche Mitarbeiter benötigt“, berichtet Horn. Für den Aufbau einer Führungsebene über dem Schichtleiter sind drei Planstellen vorgesehen, zwei für weitere Disponenten. Zwei qualifizierte Praxisanleiter sollen künftig die interne Aus- und Weiterbildung sicherstellen und sind unter anderem für fünf zu rekrutierende Azubis zuständig, deren Ausbildungszeit bis zu 24 Monate dauert.
„Mit der Einführung des Berufsbilds Leitstellendisponent ergibt sich eine zeitliche Verzögerung zwischen dem Bedarf an Personal und dessen Verfügbarkeit“, erklärt Horn. Deshalb sei die IRLS Süd gehalten, mit anderen Leitstellen des Landes zu kooperieren.
Fluktuation in der Leitstelle ist seit Langem äußerst gering
Zum Glück bleibe die Fluktuation in seiner Leitstelle aber schon seit Jahren äußerst gering, so dass personelle Engpässe durch den Abgang von Mitarbeitern nicht zu erwarten seien. In diesem Jahr ist gerade ein Mitarbeiter in die Kreisverwaltung gewechselt
„Die Besetzung der Einsatzterminals mit aktuell bis zu sieben Disponenten und künftig acht in den bekannten Spitzenzeiten sowie mit mindestens vier zu normalen Zeiten ist stets gesichert“, sagt Carsten Horn, dem momentan 45 Disponenten unterstellt sind. Für ihn ist die Arbeit in einer Rettungsstelle noch immer eine Herzensangelegenheit. „So effektiv und unmittelbar kannst du Menschen in Not schließlich in kaum einem anderen Job helfen“, ist er überzeugt.