Bad Oldesloe. Bewässerung sorgt für erhebliche Mehrkosten. Auch die Corona-bedingten Auflagen machen den Bauern zu schaffen.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und die langanhaltende Hitze machen den Bauern in Stormarn zu schaffen. Während das Getreide in diesem Jahr kaum höhere Erntekosten verursacht habe, seien die Corona-Auflagen und die intensive Bewässerung beim Gemüseanbau eine Belastung für die Landwirte, sagt Peter Koll, Geschäftsführer des Kreisbauernverbands Stormarn. Gemüse wie Kartoffeln, Mais, Rüben oder Zucchini stünden noch auf den Äckern zwischen Reinbek und Hamberge. Damit die Ernte nicht kaputt geht, müssen sie seit etlichen Wochen künstlich berieselt werden. Erntehelfer aus dem Ausland sind nur mit zusätzlichem Aufwand und etlichen Auflagen zu haben. Für die Landwirte bedeutet das in der Bilanz höhere Kosten bei einem durchschnittlichen Ernteertrag.

Geschäftsführer bezeichnet Lage als angespannt

„Seit Juli müssen die Gemüsebauern ständig bewässern. Eine so lange heiße Trockenphase, wie wir sie vor allem seit August haben, sind wir nicht gewohnt“, so Koll. Das führe aktuell zu Problemen. „Wir hoffen, dass wir beim Silomais mit einem blauen Auge davon kommen. Die Lage ist angespannt.“

Landwirt André Fennert baut auf seinen Feldern in Hamberge Erdbeeren, Zucchini, Porrée und Getreide an. Mit allein 65 Hektar Anbaufläche für Zucchini gehört er zu den größten Lieferanten des Kürbisgewächses in Schleswig-Holstein. „Meine Berieselungsanlagen laufen nonstop“, sagt Fennert, der über eigene Brunnen verfügt, aus denen er Wasser fördert. Auch nachts muss er sich um die Berieselung kümmern, damit sein Gemüse gut versorgt ist. „Mit der Arbeitsbelastung ist man an der Grenze. Seit vier Monaten arbeite ich täglich 18 Stunden. Aber damit können wir Landwirte leben.“ Ihm setze eher die Kostenentwicklung zu.

Verkaufszahlen an Restaurants sind eingebrochen

„Beim Gemüse spüren wir den Konkurrenzdruck aus dem Ausland“, sagt Peter Koll. „Es wird schwierig, die höheren Arbeitskosten dieses Jahr durch den Erlös wieder herauszubekommen.“ Seit 20 Jahren sei der Erlös für Zucchini gleichbleibend, erklärt Fennert. „Der Preis liegt bei 45 bis 50 Cent pro Kilogramm.“ Als regionaler Gemüsebauer müsse er beim Verkauf stets mit Anbietern aus Italien und Spanien konkurrieren, die oft günstiger seien. „Auf positive Preise, die die höheren Kosten in diesem Jahr refinanzieren, können wir nicht hoffen.“ Lediglich in der Phase des Corona-Shutdowns sei die Verbrauchernachfrage nach regionalem Gemüse stark gestiegen, „aber das ist längst vergessen“. Gleichzeitig verzeichneten Fennert und seine Kollegen während des Shutdowns erhebliche Einbußen beim Verkauf an Restaurants, die zu den Hauptabnehmern des angebauten Gemüses zählen. „Durch die Schließung der Gastronomie hatten wir vorübergehend null Absatz.“

„Wir wünschen uns mehr Wertschätzung für die Arbeit der Bauern“, sagt Peter Koll vom Kreisbauernverband.
„Wir wünschen uns mehr Wertschätzung für die Arbeit der Bauern“, sagt Peter Koll vom Kreisbauernverband. © Andreas Laible

Nicht nur der fehlende Regen werde für die Landwirte aktuell zur Herausforderung, auch der Grünlandauswuchs auf den Feldern, der zur Futterversorgung von Tieren diene, sei quasi gegen Null gegangen, sagt Peter Koll. „Die Grasnarben sterben durch die lange Hitze ab. Das können die Landwirte auch nicht durch Beregnung auffangen.“ Die Futterversorgung sei dennoch nicht in Gefahr: „Die Landwirte haben mit den Erträgen aus dem Frühjahr gehaushaltet.“ Die intensive Sonneneinstrahlung treffe indes auch den Obstanbau: Bei den drei bis vier Obstbauern, die in Stormarn Stein- und Kernobst anbauen, bekämen die Äpfel inzwischen Sonnenbrand.

Natur hat sich von Trockenheitsphasen noch nicht erholt

„In den vergangenen zwei Wochen hatten wir täglich über 30 Grad Celsius, das ist in dieser Dauer extremer als im Dürrejahr 2018“, sagt Fennert. „Die Auswirkungen machen mir Sorgen. In der Feldmark sind die Fliederbeerbüsche total vertrocknet. Die Natur hat sich noch nicht von der Trockenheit der vergangenen Jahre erholt.“ Wie hoch der Zusatzaufwand durch die Hitzewelle für die Stormarner Landwirte ist, sei regional sehr unterschiedlich, weiß Peter Koll. Das hänge nicht zuletzt von den lokalen Niederschlägen im Mai und Juni ab.

In Südstormarn wie Reinbek, Glinde oder Barsbüttel müsse die Beschaffenheit der leichten, sandigen Böden durch Niederschläge ausgeglichen werden. Im Herzen von Stormarn seien die Böden sehr unterschiedlich und kämen mal mehr, mal weniger gut mit Trockenheit zurecht. Die schweren Ackerböden in Reinfeld oder Bad Oldesloe hingegen könnten ihr Wasser gut halten.

Corona-Auflagen sorgen für höheren Aufwand bei Ernte

Die künstliche Bewässerung ist nicht der einzige Kostentreiber für die Landwirte. Auch die Auflagen zur Einschränkung der Corona-Pandemie machen den Betrieben zu schaffen. Für die 180 Erntehelfer aus Rumänien, die Fennert zur Erdbeerernte ins Land holte, musste er wegen der Personenbeschränkungen und Hygienevorschriften zusätzliche Wohn- und Waschcontainer beschaffen, Desinfektions- und Waschstationen einrichten. „Meine Mehrkosten allein für die Erntehelfer belaufen sich bis jetzt bereits auf 50.000 Euro“, sagt Fennert, der dafür keine Zuschüsse vom Land oder Bund in Anspruch nehmen kann.

„Die Corona-Auflagen sind vor allem für die Sonderkulturbetriebe, die Spargel, Erdbeeren und Obst anbauen, belastend“, sagt Peter Koll. „Sie mussten erhebliche Anstrengungen unternehmen, um Erntehelfer aus Polen und Rumänien zu bekommen. Wegen der aktuellen Arbeitsschutzvorschriften haben sie deutlich höhere Kosten bei geringerem Output, weil weniger Helfer zur Verfügung stehen.“

Koll wünscht sich mehr Wertschätzung für Landwirtschaft

Umso mehr freut Koll, dass der Bund den Bauern nicht nur mit Corona-Soforthilfen, sondern auch mit Steuerstundungen entgegengekommen ist. „Wir haben einiges an Hilfsmöglichkeiten gehabt“, so Koll. „Auch die Bürokratie bei der Beschaffung ausländischer Arbeitskräfte lief erstaunlich praktikabel.“ Eines wünsche er sich aber dennoch und spricht damit nicht nur André Fennert aus dem Herzen: „Wir wünschen uns mehr Wertschätzung für die Arbeit der Bauern in der Bevölkerung. Die Corona-Krise schien manchen Verbraucher mehr für unsere regionalen Produkte zu begeistern. Das dürfte gern von Dauer sein.“