Bad Oldesloe. Wegen Corona-Beschränkungen und Urlaubszeit müssen Kunden sich gedulden. Kurzentschlossene können allerdings von Lücken profitieren.
Wer in diesen Tagen sein Auto, Wohnmobil oder Motorrad im Kreis Stormarn an-, um- oder abmelden möchte, braucht Geduld – oder das Glück einer Terminlücke in der Kfz-Zulassungsstelle in Bad Oldesloe. Wegen der Corona-Beschränkungen und der herrschenden Urlaubszeit sind dort wenige Mitarbeiter im Einsatz. Termine gibt es seit 16. März nur als Online-Vergabe mit bis zu vier Wochen Vorlaufzeit.
Aufbleiben lohnt sich: Nachts gibt es neue Termine
Die Wartezeit für Kurzzeitkennzeichen oder die Stilllegung eines Fahrzeugs beträgt derzeit zehn Tage. Wer online versucht, einen Termin für die Zulassung eines Neufahrzeugs, die Ummeldung eines gebrauchten Fahrzeugs oder ein Ausfuhrkennzeichen zu bekommen, erntet meist folgende Antwort: „Für Ihre Auswahl sind leider aktuell alle Termine ausgebucht. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“
Der spätere Zeitpunkt empfiehlt sich kurz nach Mitternacht. Dann nämlich werden täglich neue Termine für einen Zeitraum in vier Wochen hochgeladen. Jeden Montag um zehn Uhr werden zudem Termine für die darauffolgende Woche freigeschaltet, stornierte Termine täglich wieder neu hinzugefügt. „Montags sind die Termine innerhalb von einer Stunde ausgebucht“, sagt Kerstin Hauschild-Wegener, Leiterin Verkehrssicherheit beim Kreis und seit 1. Mai verantwortlich für die Zulassungsstelle. „In den letzten drei Wochen der Sommerferien haben wir wenig Mitarbeiter und dadurch nicht viele Termine, die wir vergeben können.“ An diesem Vormittag haben dennoch auch Kurzentschlossene Glück: Die aktuell drei Zulasser in Bad Oldesloe bedienen acht Kunden, die ohne Termin gekommen sind. Diese profitieren davon, dass Kunden trotz Anmeldung nicht erschienen sind und die Mitarbeiter vor Ort jede Lücke auch spontan füllen.
Sicherheitsdienst vor dem Eingang der Zulassungsstelle
Für dringende Anliegen wie gestohlene Kennzeichen und Fahrzeuge können Kunden zudem per E-Mail um einen Eiltermin bitten. „ Auch systemrelevante Berufsgruppen werden immer zwischengeschoben“, so Hauschild-Wegener.
Ein Sicherheitsdienst vor dem Eingang der Zulassungsstelle weist seit dem 25. Mai zwar Besucher ohne Terminbestätigung in der Regel ab, winkt sie aber durch, wenn Kapazitäten frei sind. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, dürfen Kunden zur Zeit nur allein zum Termin erscheinen. Mund-Nasen-Schutz und Händedesinfektion sind obligatorisch. Der Zugang zu den Sachbearbeitern, die hinter großen Plexiglasscheiben sitzen, erfolgt nach dem Einbahnstraßenprinzip.
Viele der Mitarbeiter holen derzeit ihren Urlaub nach
Naama Kembouche aus Bargteheide hat vor einer Woche einen Termin um 7.30 Uhr für die Ummeldung ihres Pkw ergattert. Obwohl sie nun eine Stunde zu spät erscheint, wird sie an diesem Vormittag dennoch bedient. „Ich bin froh, dass alles geklappt hat“, sagt die 26-Jährige als letzte Kundin des Tages lächelnd.
Kerstin Hauschild-Wegener sagt: „Ich hoffe, dass wir als zweit- oder drittgrößte Zulassungsstelle in Schleswig-Holstein unsere Kapazitäten Mitte oder Ende August wieder hochfahren können – wenn es keine zweite Corona-Welle gibt.“ Während des Corona-Shutdowns ging der Betrieb in der Zulassungsstelle weiter, mit halber Belegschaft in Vor- und Nachmittagsschichten sowie Urlaubssperre. Seit Ende April sorgen definierte Laufwege, Spuckschutzwände und Desinfektionsstationen für Hygiene im Gebäude. Und seit acht Wochen arbeiten alle Mitarbeiter wieder gemeinsam in einer Schicht. „Allerdings haben wir durch die coronabedingte Urlaubssperre nun mehr Mitarbeiter, die ihren Urlaub nachholen“, so Hauschild-Wegener. Ihr Team müsse sich neben den Zulassungen zudem um Kfz-Steuerschulden und Löschungen des Versicherungsschutzes kümmern. „Da ist einiges durch den Schichtbetrieb liegengeblieben.“
Präsenz der Mitarbeiter vor Ort ergebe für viele Vorgänge Sinn
Homeoffice und weitere Digitalisierung seien für die Zulassungsstelle keine Option gewesen. „Wir haben bereits die E-Akte und die Online-Terminvergabe, für viele Vorgänge ergibt die Präsenz der Mitarbeiter vor Ort aber Sinn.“
Philipp Kroschke, Geschäftsführer der Christoph Kroschke GmbH, die bundesweit mit dem Deutschen Auto Dienst (DAD) Marktführer bei Zulassungsdienstleistungen ist, sagt: „Was aktuell unter Digitalisierung verstanden wird, ist die Digitalisierung schlechter Prozesse, wodurch letztlich auch wieder nur schlechte digitale Prozesse entstehen.“
Autohändler und Dienstleister kritisieren Zulassungssystem
Zulassungsdienstleister und Autohändler, die die Hälfte der Kundschaft der Zulassungsstelle ausmachen, müssen die Fahrzeugpapiere ihrer Kunden bis 9 Uhr morgens einreichen und bekommen sie derzeit meist drei Tage später wieder ausgehändigt. „Wermutstropfen ist, dass wir die Vorgänge nicht tagesaktuell herausbekommen“, so Kroschke. Christian Born, Geschäftsführer des Autohauses Wilken in Reinbek, sagt: .Jeder Tag Wartezeit bedeutet Umsatzeinbuße und drohenden Liquiditätsengpass. Mit den Herstellern vereinbare man Auslieferungsziele. „Können wir diese nicht einhalten, verlieren wir Geld. Derzeit müssen wir einen Tag länger als üblich warten. Planungen sind schwieriger geworden.“ Das System der Zulassung sei völlig überholt, meint indes Paul Kemnitz vom Autohaus Kemnitz in Bargteheide. „Händlerzulassungen wären eine Lösung.“