Ahrensburg. Im jüngsten Jagdjahr wurden 34 Tiere erlegt. Nun ist eine Debatte um Gefahren von invasiven gebietsfremden Arten entbrannt.
Heimische Wildtiere bekommen zunehmend Konkurrenz durch aus aller Welt eingewanderte oder eingeschleppte Arten. In Stormarn breiten sich vor allem Marderhunde und Waschbären schnell aus, im benachbarten Herzogtum Lauenburg sind es Nutrias (Biberratten).
Diese Entwicklung lässt sich aus den Jahresberichten zur biologischen Vielfalt des Landesumweltministeriums ablesen. Darin sind auch die Jagdstrecken (inklusive sogenanntem Fallwild, vor allem von Autos überfahren) nach einzelnen Arten aufgelistet.
Landesweit wurden 336 Waschbären erlegt
Im Jagdjahr 2018/19 – der Zeitraum reicht immer vom 1. April bis 30. März – wurden in Stormarn 34 Waschbären erlegt. Mehr waren es nur in den Kreisen Herzogtum Lauenburg (110) und Ostholstein (46). „Diese Zahlen geben natürlich nicht direkt den Bestand wieder, lassen aber Rückschlüsse auf die Population zu“, sagt René Hartwig, Assistent der Geschäftsführung beim Landesjagdverband Schleswig-Holstein.
Landesweit wurden 336 Waschbären erlegt, das sind so viele wie noch nie seit dem allerersten Fall im Jahr 1982. Über Jahrzehnte bewegte sich die Zahl im einstelligen Bereich, doch in den vergangenen vier Jahren ist sie exponentiell gestiegen: von 117 über 160 und 243 auf den aktuellen Stand. Die ursprünglich in Nordamerika beheimateten Tiere sind Nahrungsgeneralisten, fressen nahezu alles, was sie finden.
„Sie gefährden nicht nur Bodenbrüter, sondern auch Vögel, da sie hervorragende Kletterer sind“, sagt René Hartwig. Bedroht seien unter anderem Fledermäuse und die Gelege von Graureihern. Waschbären arrangieren sich mit ihrer Umgebung, verstecken sich nicht nur in Baumhöhlen, sondern gern auch auf Dachböden. Die Weibchen bringen im Frühling im Schnitt drei Junge zur Welt.
Nutrias leben bisher vor allem im südlichen Nachbarkreis
Deutlich scheuer ist der aus Asien und Russland stammende Marderhund, der nachtaktiv ist und keine natürlichen Feinde hat. „Er meidet Menschen“, sagt Hartwig über den Allesfresser. Marderhunde ernähren sich von Pflanzen, Mäusen und Bodenbrütern aller Art, Amphibien und Insekten, Gelegen von Vögeln, Aas und Obst. Jäger machen die auch Enok genannten Räuber für starke Rückgänge bei Rebhühnern und Fasanen verantwortlich.
In Stormarn wurden im Jagdjahr 18/19 genau 321 Marderhunde erlegt. In den meisten anderen Kreisen im Land waren es deutlich mehr. Rendsburg-Eckernförde meldete beispielsweise 1062 Fälle, Ostholstein 966 und Plön 909. Die landesweite Gesamtzahl lag bei 6905 und damit ähnlich hoch wie im Rekord-Vorjahr mit 7049. Der Marderhund hat sich in nur zwei Jahrzehnten offenbar rasant ausgebreitet. 2000 tauchten gerade mal neun Exemplare in der Jagdbilanz auf, 2010 waren es 844.
Auch 60 Zentimeter lange Biberratten leben in Stormarn
Marderhunde sind etwa fuchsgroß und wirken mit ihren kurzen Beinen, dem kleinen Kopf und dem relativ kurzen Hals gedrungen. Das lange und dichte Fell ist hell- bis dunkelgrau gefärbt. Durchschnittlich wiegen die Tiere, die bis zu vier Jahre alt werden, vier bis sechs Kilogramm. Die monogam lebenden Paare ziehen ein- bis zweimal im Jahr sechs bis zehn Welpen groß. Jungtiere sind bereits mit zehn Monaten geschlechtsreif.
Die aus Südamerika stammenden Nutrias wurden bis vor drei Jahren nur vereinzelt wahrgenommen. Sie fühlen sich am und im Wasser wohl. Im aktuellen Jagdjahr wurden von landesweit 138 Tieren 110 im Herzogtum Lauenburg erlegt. Erstmalig gab’s Meldungen aus den Kreisen Plön und Schleswig-Flensburg. Die etwa 60 Zentimeter langen Biberratten leben auch in Stormarn, wie die zwölf erlegten Tiere aus dem Jahr 2017/18 zeigen.
Nabu fordert mehr Gelassenheit im Umgang
Sie sind zwar Pflanzenfresser, aber deshalb nicht ungefährlich. „Nutrias können durch ihre Grab- und Wühltätigkeit empfindliche Schäden an Deichen verursachen“, steht im Bericht aus dem Ministerium. Pro Jahr sind zwei bis drei Würfe mit sechs bis acht Jungen möglich.
Sowohl Waschbär als auch Marderhund und Nutria stehen in der Liste invasiver gebietsfremder Arten gemäß EU-Verordnung, der sogenannten Unionsliste. Sie gelten als weit verbreitet, deshalb sollte eine „Populationskontrolle oder -eindämmung“ angestrebt werden.
Naturschützer sehen das gelassener. So betont der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), dass der Waschbär mittlerweile als „einheimisch“ betrachtet werden könne. „Nach allen bisherigen Erfahrungen und neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen besteht kein Grund zur Panik“, heißt es. Die Tiere hätten sich gut in die Natur integriert und schädigten auch keine anderen Arten nachhaltig. Das Gleiche treffe auch für Marderhund und Mink zu. Die EU-Empfehlungen seinen deshalb „sehr fragwürdig“. Der Nabu fordert daher zu mehr Gelassenheit im Umgang mit den drei Raubsäugern auf.
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Asiatische Hornisse kann Honigbienen gefährden
Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina nigrithorax) zählt zu den jüngsten Tieren, die Schleswig-Holstein erreicht haben. Ein einzelnes Exemplar wurde im September 2019 in Hamburg-Billbrook gefunden, im Frühjahr 2020 dann ein ganzes Nest. Die aus dem südostasiatischen Raum stammende Hornisse trat 2005 erstmals in Frankreich auf, hat sich seitdem auch in Spanien, Portugal, Belgien, Italien, Großbritannien und den Niederlanden ausgebreitet. In Deutschland sind Funde aus Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Hessen bekannt. Hamburg ist der bisher nördlichste Ort.
Jedes Vorkommen ist schnellstmöglich der EU-Kommission zu melden, die die Asiatische Hornisse in die Gruppe der gefährlichsten Einwanderer einstuft. Zum Beutespektrum zählen Honigbienen. Zudem ist sie eine Konkurrenz für die einheimische Hornisse (Vespa crabro). Um schnell reagieren zu können, bittet das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume bei Nachweisen aus Schleswig-Holstein um E-Mail-Meldung an henrike.ruhmann@llur.landsh.de.