Todendorf. Einrichtung an der Autobahn 1 hat wieder geöffnet – mit Hygienekonzept. Lokal verzeichnet 80 Prozent weniger Kundschaft als im Vorjahr.
Manuela und Gerhard Kröner vertreten sich neben ihrem VW Golf die Beine. Letzte Rast unterwegs zum Urlaubsziel Scharbeutz. Auf dem Weg zur Küste machen viele Urlauber an der Raststätte Buddikate-Ost kurz hinter Ahrensburg an der Autobahn 1 Halt, um schnell eine heiße Mahlzeit zu sich zu nehmen oder die Sanitäranlagen zu nutzen. Wegen der Corona-Beschränkungen hätten sie bis vor wenigen Wochen vor verschlossenen Türen gestanden. Erst seit 15. Juni ist die Raststätte wieder in Betrieb, mit verkürzter Öffnungszeit von 7 bis 19 Uhr. Vorher war die benachbarte Tankstelle samt Shop und Toiletten für Reisende die einzige Anlaufstelle nach dem Corona-Shutdown.
Wer zum Essen bleiben will, muss Kontaktdaten hinterlassen
„Eigentlich wären wir im April nach New York geflogen und von dort mit dem Kreuzfahrtschiff Richtung Bahamas weitergereist“, sagt Manuela Kröner. „Dafür hatten wir lange gespart. Wir wollten das zusammen mit Freunden machen. Aber dann kam Corona.“ Weil das Ehepaar aus dem niedersächsischen Nordhorn für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie tätig ist, hatten beide zudem eine Urlaubssperre. „Nun haben wir für eine Woche eine Ferienwohnung direkt am Strand gebucht und freuen uns auf den Tapetenwechsel“, sagt die 53-Jährige. Während die beiden wieder losfahren, kommt Familie Trappe aus Rheine im Münsterland an. Bevor es für die elfjährige Annika und ihre Eltern weitergeht nach Boltenhagen, will die Familie eine Kleinigkeit in der Raststätte essen.
Eine große Hinweistafel am Eingang macht deutlich, dass sie Urlaub in Corona-Zeiten machen: Sie werden gebeten, Abstand zu halten, Mund und Nase zu bedecken, die Hände zu desinfizieren und kontaktlos zu bezahlen. Wer in den Räumen der Raststätte zum Essen verweilen will, ob bei Burger King oder im Raststättenlokal, muss – wie in anderen Restaurants auch – seine Kontaktdaten hinterlassen. Das geht per Onlineregistrierung via Smartphone, oder man füllt einen Zettel aus und wirft ihn in eine geschlossene Box an der Kasse.
Raststätten-Chefin ist froh, wieder im Einsatz zu sein
„Wir archivieren die Daten vier Wochen, danach werden sie vernichtet“, sagt Manuela Arndt, stellvertretende Leiterin des Raststätten-Teams Buddikate. Wer sich für eine Pause auf der Terrasse entscheidet, muss sich nicht registrieren. Die meisten Kunden nähmen ihre Getränke und Speisen „to go“. Auf manches Angebot müssen sie dennoch verzichten: „Wir haben keinen Selbstbedienungstresen mit Salaten, Kuchen und Desserts mehr. Essen wird nur noch von unserem Personal ausgegeben. Auch jedes Stück Zucker, jeder Becher und Besteck müssen wir dem Kunden nun einzeln aushändigen.“
Manuela Arndt ist dennoch froh, mit ihrem Team wieder im Einsatz zu sein. Der Corona-Shutdown hatte dafür gesorgt, dass die Mitarbeiter in Kurzarbeit gehen mussten. Nun seien alle aus der Kurzarbeit heraus, auch wenn Arndt derzeit mit der Hälfte ihrer Mannschaft vor Ort auskommt. „Es ist kein Vergleich zu dem, was wir vor Corona an Zustrom hatten. Wenn Nordrhein-Westfalen Ferienstart hatte, war es hier sonst immer rappelvoll. Derzeit sind es rund 80 Prozent weniger Kundschaft, aber es füllt sich nach und nach.“
Tramperin Laura ist gerade aus Lübeck angekommen
Angst vor Ansteckung habe sie ebenso wenig wie ihre Kollegen. „Die Gäste halten sich vorbildlich an die Regeln“, stellt Arndt fest. Um das Ansteckungsrisiko zu minimieren, werden benutzte Tische und dazugehörige Stühle desinfiziert, bevor wieder jemand dort Platz nehmen darf. „Wir geben bei der Ausgabe der Getränke und Speisen, die hier konsumiert werden sollen, den Kunden einen Flyer mit, den sie am Ende auf dem Tisch zurücklassen sollen als Reinigungshinweis für unser Personal.“ Die Tabletts mit dem benutzten Geschirr tragen die Kunden selbst weg, um das Personal vor Ansteckung zu schützen.
Tramperin Laura ist gerade aus Lübeck auf der Buddikate angekommen. Jetzt sucht sie mit ihrem Freund nach einer Mitfahrgelegenheit Richtung Flensburg. Ist das Trampen schwieriger in Corona-Zeiten? „Na ja, das Mitnehmen von Fremden hat ja etwas mit Vertrauen zu tun. Und Corona rührt eben auch an diesem Urvertrauen. Wie lange wir auf ein Auto warten müssen, das uns mitnimmt, ist so oder so Glückssache“, sagt die 29-Jährige. „Auf jeden Fall tragen wir auf Wunsch auch einen Mundschutz während der Fahrt.“
Fast alle Autos auf Parkplatz haben deutsche Kennzeichen
Für die Hamburger Clique, die mit ihren Wohnmobilen einen Zwischenstopp eingelegt hat, liegt Flensburg nicht auf der Route. „Wir wollen nach Kummerow auf den Campingplatz“, sagt Max Barros, der gemeinsam mit Freundin Karima Kurz und zwei weiteren Paaren zwei Wochen an der Mecklenburgischen Seenplatte verbringen will. Die sechs machen zum ersten Mal zusammen Urlaub, sonst sind sie im Sommer eher gemeinsam auf Festivals unterwegs. „Aber die gibt es ja dieses Jahr nicht.“ Weil das Coronavirus auch sämtliche Urlaubspläne durchkreuzte, entschieden sie sich spontan für einen Trip entlang der 200 Seen in Mecklenburg-Vorpommern. Kein Interrail durch Europa, kein Campen in Portugal und auch keine Reise in die USA, wo Mackenzie Boomer ihrem Freund Jan Hoppe ihre Heimatstadt San Diego zeigen wollte. „Dafür lerne ich Deutschland jetzt noch besser kennen“, sagt Boomer, die seit fünf Jahren in Hamburg lebt.
Der Raststättenparkplatz zeugt vom innerdeutschen Urlaubstrend. Nur ein dänisches Kennzeichen ist zu sehen, ansonsten kommen die Autoreisenden aus Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Auch wenn seit 15. Juni Urlaub im europäischen Ausland wieder möglich ist, riet der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit jüngst im Deutschlandfunk wegen der Diagnostik und Behandlung im Krankheitsfall zum Heimaturlaub. „Uns reicht die Ostsee. Hauptsache, wir kommen mal raus“, sagt Gerhard Kröner zum Abschied.