Hoisdorf. Ein Grundeigentümer aus Hoisdorf kämpft seit Jahren um die Tieferlegung von Fernmeldeleitungen.
Damit Getreide und Gemüse auf den Feldern gedeihen, müssen Drainagegräben regelmäßig von wucherndem Bewuchs befreit und ausgebaggert werden. Das aber kann zu einem lebensgefährlichen Vabanquespiel werden, wenn nicht genau bekannt ist, ob und wo Leitungen aller Art die Gräben kreuzen. Solch ein Fall hält die Hoisdorfer Hans-Joachim Hack und Peter Griem seit nunmehr drei Jahren in Atem.
Trassenband schwimmt im Graben
Anfang November 2017 hat Griem, der seit 2005 ehrenamtlicher Mitarbeiter des Gewässerpflegeverbandes Ammersbek-Hunnau ist, die Reinigung des Grabens mit der Bezeichnung Beek 1.19, nördlich der Hoisdorfer Teiche, veranlasst. Sie erfolgte am 15. November durch die Fachfirma Dräger Landschaftsbau aus Kübels mittels eines Kettenbaggers.
„Als ich am Tag darauf die Arbeit kontrolliert habe, fiel mir auf, dass bei der Station 3+351 im Bereich Kahlenweg, ein Trassenband mit der Aufschrift ,Starkstromkabel’ im Graben schwamm“, berichtet Griem. Zudem hätten sich direkt unterhalb des Betonrohrs einer Überfahrt mehrere schwarze Kabel gezeigt.
Eine Nachfrage bei der Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) ergab, dass in dem betreffenden Bereich zwei Kabeltrassen liegen. Eine Trasse mit zwei 30.000-Volt-Kabeln und einem 11.000-Volt-Kabel, sowie eine separate Trasse mit sechs Fernmeldekabeln. Es gäbe aber keinen Grund zur Beunruhigung, da die Stromtrassen eine ordnungsgemäße Bodendeckung von mindestens 100 Zentimetern Höhe hätten, erfuhr Griem noch. Und, dass die sechs sichtbaren Fernmeldekabel schon bald tiefer gelegt würden.
Hack spricht von einem „unfassbaren Pfusch“
Grundeigentümer Hans-Joachim Hack, dem das entsprechende Flurstück gehört, wunderte sich derweil sehr. „Was da alles in meinem Acker schlummert, war mir lange Zeit gar nicht bewusst. Korrekte Pläne, wo was liegt, habe ich nie bekommen. Und eine Beschilderung der Trasse am Graben gibt es auch nicht“, so der ehemalige Inhaber einer Tiefbaufirma.
Er spricht von einem „unfassbaren Pfusch“, der ihn teuer zu stehen kommen könne. Selbst bei der unabsichtlichen Zerstörung von Breitband- und Glasfaserkabeln stünden plötzlich erhebliche Schadenersatzansprüche im Raum. „Noch viel schlimmer ist freilich das Risiko für die Baggerfahrer. Beschädigen sie ein Stromkabel, besteht Lebensgefahr. Und immer werden in solchen Fällen erst einmal die Grundeigentümer haftbar gemacht“, weiß Hack.
Regressansprüche von mehr als einer Million Euro
Vor einigen Jahren soll ein Baggerfahrer nur durch glückliche Umstände mit dem Schrecken davongekommen sein. Der durch ein beschädigtes Kabel entstandene Lichtbogen hatte indes ein faustdickes Loch in die Baggerschaufel gebrannt.
Als in Rethwisch bei Bad Oldesloe bei der Grabenpflege ein nach Skandinavien führendes Glasfaserkabel beschädigt wurde, ist es zu Schadenersatzforderungen von mehr als einer Million Euro gekommen, weil Versatel-Kunden Regressansprüche in großem Umfang geltend gemacht hatten. Erst als nachgewiesen werden konnte, dass auch dieses Kabel viel zu flach verlegt worden war und eine korrekte Beschilderung fehlte, hatte der Anspruch abgewehrt werden können.
Dennoch sah die SH Netz offenkundig keinen Anlass für übertriebene Eile. Nach einer Beschwerde Hacks Ende Juli 2018 kam es zu einem ersten Ortstermin, in dessen Folge einige Holzpflöcke eingeschlagen wurden. Nach einer weiteren Intervention Griems sind die freiliegenden Kabel auf Druck der Unteren Wasserbehörde des Kreises Stormarn im November 2018 immerhin unter das Betonrohr der Überfahrt gedrückt worden.
Von besagten Kabel geht keine Gefährdung aus
Als sich Hans-Joachim Hack schließlich einen Anwalt nahm, ist es am 10. Mai 2019 zu einem weiteren Ortstermin mit Vertretern der SH Netz, der Unteren Naturschutzbehörde und der Unteren Wasserbehörde gekommen. Laut einem dieser Zeitung vorliegenden Protokoll sei Konsens gewesen, dass besagte Erdkabel keineswegs regelkonform verlegt worden sind. Daraufhin ist dem Grundstückseigentümer einer Vertiefung der Trasse ausdrücklich zugesagt worden, und zwar „schnellstmöglich“.
Passiert ist bis heute – nichts. Auf Abendblatt-Anfrage teilte SH-Netz-Sprecher Ove Struck mit, von besagten Kabeln sei zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung ausgegangen. „Seit 22. Juni liege nun aber eine Genehmigung seitens der Unteren Wasserbehörde vor, die Kabel tiefer legen zu dürfen“, so Struck. Dass es bislang nicht einmal eine Genehmigung zur Gewässerkreuzung gab, erklärte er mit „Planungsfehlern“ der SH-Netz-Vorgängerunternehmen E.ON Hanse und Schleswag, die besagte Kabeltrassen von Subunternehmen 1995, 1999 und 2005 unter die Erde bringen ließen.
30.000-Volt-Kabel liegen nicht da, wo angegeben
Laut SH Netz AG liegen nur die sechs Fernmeldekabel direkt unter dem Betonrohr. Rund 1,3 Meter östlich ruhe das 11.000-Volt-Stromkabel 1,5 Meter unterhalb der Grabensohle, „daneben“ und in derselben Tiefe die beiden 30.000-Volt-Kabel. Hack und Griem wissen es inzwischen besser. „Die beiden 30.000-Volt-Trassen liegen nachweislich mindestens acht Meter vom Betonrohr der Überführung entfernt“, so Hack. Da sei es durchaus denkbar, dass sich auch das 11.000-Volt-Kabel ganz woanders befinde. Zumal ein Trassenschild am Feldrand besagt, dass es mit den Fernmeldekabeln in einer Trasse liegen soll. Griem: „Bleibt nur zu hoffen, dass das direkt am Graben wirklich anders ist.“