Hoisdorf. Peter Griem entdeckt an der A 1 einen Strang, der sich Hunderte Meter durch Gras und Gestrüpp zieht. Was verbirgt sich dahinter?
Wenn sich Peter Griem auf den Weg ins Grüne macht, hat er stets einen großen Müllsack dabei. Seit der ehemalige Landwirt vor drei Jahren seinen Hof übergeben hat, nutzt er seine Spaziergänge dazu, Unrat am Wegesrand einzusammeln. „Oft sind es leere Flaschen, Büchsen und Verpackungen“, sagt der gebürtige Hoisdorfer. Doch jüngst sei er auf etwas gestoßen, das ihn sehr beunruhigt habe. „In einem Waldstück zwischen Hoisdorf und der Autobahn 1 liegen mehrere Kabel auf einer Länge von 500 Metern teilweise ungeschützt in Gras und Gestrüpp. Das kann doch so nicht richtig sein“, findet Griem.
Abschnittsweise sind die Kabel ummantelt
Ganz in der Nähe verläuft ein gut frequentierter Wander- und Radweg Richtung Großhansdorf, der westliche Siedlungsrand von Hoisdorf ist nur einen Steinwurf entfernt. „Und auf halbem Weg steht auch noch ein Hochspannungsmast. Gut möglich, dass deshalb von den Kabeln eine Gefahr ausgehen könnte, besonders für spielende Kinder und Jugendliche“, vermutet Griem.
Abschnittsweise sind die Kabel zwar von grauen Plastikrohren ummantelt. An vielen Stellen ist dieser Schutz jedoch gar nicht mehr vorhanden oder brüchig. Etwa an jener Stelle, an dem ein Waldpfad die Kabeltrasse kreuzt. „Was, wenn eines der Kabel ein Stromkabel ist?“, fragt der 67-Jährige. Also habe er begonnen, auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen. Da einer der schwarzen Stränge unzweideutig als Fernmeldekabel gekennzeichnet ist und sich auf einem Schild am Verteilerkasten unterhalb des Hochspannungsmastes ein Hinweis auf die Firma Telefónica finden lässt, nimmt er zuerst Verbindung mit dem spanischen Telekommunikationsunternehmen auf. Die deutsche Holding mit Sitz in München lässt ihn aber umgehend wissen, dass es sich um Kabel der Telekom handele.
Peter Griem bittet das Abendblatt um Unterstützung
Der deutsche Branchenriese erklärt sich kurz darauf per E-Mail aber ebenso für nicht zuständig. Allerdings hätten eigene Recherchen ergeben, die Kabel würden laut Autobahnmeisterei Bad Oldesloe „zum Leitsystem der Autobahn“ gehören und würden von einer Swarco Traffic System GmbH betrieben.
Als Griem mit seinen Ermittlungen nicht weiterkommt, bittet er das Abendblatt um Unterstützung. Eine erste Anfrage bei der Schleswig-Holstein Netz AG bleibt ebenfalls erfolglos. „Die Kabel gehören uns nicht. Das hat sowohl eine Prüfung unseres Planwerks, als auch eine zusätzliche Sichtkontrolle unserer Techniker vor Ort ergeben“, heißt es aus der Zentrale in Quickborn.
Hinweis auf Funkturm GmbH erweist sich als ein Irrweg
Dann zeichnet sich ein weiter Hinweis auf den Kabelbesitzer ab. Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten (SHLF) bestätigen, dass der südliche Teil des offen liegenden Strangs auf Waldflächen der SHLF liege. „Deshalb könnte es sich bei den angesprochenen Kabeln um Zuleitungen handeln, die vor einigen Jahren im Rahmen eines Gestattungsvertrages vom Mobilfunkanbieter E-Plus gelegt und genutzt wurden“, so SHLF-Sprecher Ionut Huma. Inzwischen sei der Vertrag mit E-Plus jedoch ausgelaufen und durch einen Gestattungsvertrag mit der Deutsche Funkturm GmbH (DFMG), Regionalvertretung Hamburg, ersetzt worden.
Doch auch diese Spur erweist sich als Irrweg. Laut DFMG-Sprecher Benedikt Albers unterhält die Funkturm-Gesellschaft auf dem fraglichen Terrain zwar diverse Leitungen, die offenen liegenden Kabel zählen aber nicht dazu.
Neue Autobahngesellschaft muss den Kabelsalat entwirren
Deren Geheimnis lüftet schließlich der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LSB). Bei dem Strang handele es sich um ein „bundeseigenes Fernmeldekabel (Notrufkabel)“ verlautet es aus Kiel. Es ist bei Gründungsarbeiten für den Bau einer Lärmschutzwand an der A 1 im Bereich Hoisdorf 2013 mehrfach beschädigt worden und konnte durch die Fernmeldemeisterei Neumünster anschließend nur „provisorisch funktionsfähig gehalten“ werden.
Aus diesem Grund hat die LSB-Niederlassung Lübeck das Kabel neu verlegt, es aber nicht final eingebaut. Dadurch lägen in dem entsprechenden Abschnitt nun mehrere Fernmeldekabel parallel. „Die neue Leitung wurde in einem Schutzrohr provisorisch verlegt. Das ist nun aber durch Fremdeinwirkung teilweise beschädigt“, so eine Sprecherin des Landesbetriebs. Im Vorjahr sei vom Landesbetrieb eine Ausschreibung für den Einbau auf den Weg gebracht worden. Zu einer Vergabe ist es nicht gekommen.
„Weil nur ein einziges überteuertes Angebot vorlag, musste die Ausschreibung aufgehoben werden“, so die Sprecherin. Eine neue Vergabe sei aber für das zweite Halbjahr 2020 geplant. Übrigens in enger Abstimmung mit der neuen Autobahngesellschaft. Sie werde ab 1. Januar nächsten Jahres auch für den Kabelsalat zuständig sein, von dem aktuell aber keine Gefahr ausgehe. Und dann für einen fachgerechten Einbau sorgen.