Barsbüttel/Grossensee. Neues Badesicherheitsgesetz gibt Kommunen und Bürgermeistern mehr Klarheit. Gerichtsurteile sorgten für Verunsicherung und Sperrungen.
Stormarner Städte und Gemeinden mit Badestellen haben künftig mehr Rechtssicherheit bei Haftungsfragen. Am 3. Juli tritt das vom Landtag in Kiel einstimmig beschlossene sogenannte Badesicherheitsgesetz in Kraft.
Es legt Kriterien fest für die Ausweisung und den Betrieb von Badestellen an Teichen, Seen und auch am Meer. Unter anderem geht es um die Beaufsichtigungspflicht, Rettungsvorkehrungen und Warnhinweise.
Bürgermeister befürchten, persönlich haften zu müssen
„Es ist gut, dass die Kommunen jetzt einen rechtlichen Rahmen haben“, sagt der Barsbütteler Bürgermeister Thomas Schreitmüller, der als Landesvorsitzender des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags (SHGT) für knapp 1050 Orte spricht.
Nach mehreren Gerichtsurteilen herrscht auch im Norden große Verunsicherung: Bürgermeister und ehrenamtliche Kommunalpolitiker befürchten, bei Unfällen persönlich haften zu müssen.
Klar ist: Wer in freier Natur ins Wasser springt, trägt dafür selbstverständlich weiterhin das Risiko selbst.
„Soweit Badestellen nicht eingerichtet oder betrieben sind oder auf andere Weise für ein natürliches Gewässer der Badeverkehr eröffnet wurde, erfolgt die Benutzung, insbesondere zum Schwimmen und Baden, auf eigene Gefahr“, heißt es im „Gesetz zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit im Badewesen und zur Anpassung weiterer Vorschriften“, das CDU, Grüne, FDP und SSW eingebracht hatten.
Oldesloe, Großensee und Reinfeld haben Naturfreibäder
Zwingend vorgeschrieben ist dagegen eine Badeaufsicht, wenn Eintritt erhoben wird. Dadurch entstehe bei den Besuchern eine gesteigerte Sicherheitserwartung.
„Wird ein Entgelt erhoben, so können die Nutzerinnen und Nutzer davon ausgehen, dass in einem höheren Maße für die Sicherheit der Badenden gesorgt ist, als es bei einer entgeltfreien Badestelle erwartet werden kann“, steht im Gesetz.
Vier solcher kostenpflichtigen Naturfreibäder gibt es in Stormarn. Die Anlagen am Oldesloer Poggensee, am Reinfelder Herrenteich und am Südstrand vom Großensee führen die jeweiligen Kommunen.
Das Strandbad Bredenbeker Teich in Ammersbek ist dem Campingplatz-Verein angegliedert, der es dieses Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht mehr öffnet.
Nordstrand des Großensees ist Eigentum der Stadt Hamburg
Hinzu kommen mehrere größere öffentliche Badeplätze wie die Costa Kiesa in Tangstedt (der Baggersee ist derzeit wegen Corona abgesperrt), die Wiese am Lütjensee, der Moorteich in Heilshoop und der Nordstrand am Großensee.
Letzterer liegt auf dem Gebiet der Gemeinde Lütjensee, gehört aber wie das Gewässer der Stadt Hamburg und wird mit dem umliegenden Wald durch die Revierförsterei Bergedorf verwaltet.
Besondere Sicherheitsvorkehrungen sind nach dem Gesetz auch an Stellen zu treffen, von denen für die Badenden „unvorhersehbare oder atypische Gefahren“ ausgehen.
Das können heftige Strömungen sein, ein stark abfallender Meeresgrund oder ein angrenzender Sportbootbetrieb. Bei ausgewiesenen Badestellen sollen sich die konkreten Sicherungs- und Rettungsmaßnahmen nach den örtlichen Gegebenheiten wie Größe, Frequentierung, Ausstattung und Gefahrenquellen richten.
Jede Kommune muss Verkehrssicherungspflicht erfüllen
Für den Gemeindetag bleibt ein Grundproblem bestehen: Am Ende müsse jede Kommune selbst prüfen, wie sie die Verkehrssicherungspflichten erfüllt.
In Schleswig-Holstein gibt es rund 340 bewachte Badestellen. Erste Gemeinden arbeiten bereits an Sicherheitskonzepten. Dabei geht es beispielsweise um den Zustand der Stege, Seile an Badeinseln und Wasserströmungen.
„Völlige Rechtssicherheit kann und wird es nicht geben“, sagt auch Landesinnenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU). „Dazu sind die Badestellen in unserem Land und die jeweiligen Gefahrenquellen zu vielseitig. Was ein solches Gesetz aber leisten kann, ist, einen vernünftigen Ausgleich zu schaffen zwischen dem tatsächlich Möglichen, dem wirtschaftlich Sinnvollen und dem zum Lebensschutz Erforderlichen.“
Bürgermeister in Hessen für fahrlässige Tötung verurteilt
Während sich in Stormarn voraussichtlich nicht viel ändern wird, haben andere Orte im Land bereits reagiert. So will Malente (Kreis Ostholstein) seine Stege und Badeinseln wieder freigeben.
Die Gemeinde hatte die Sperrung im vergangenen Sommer als Reaktion auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) verfügt.
Die Nachbarstadt Eutin prüft, wie sie ihre Stege vorschriftsmäßig sichern kann. An Seen im Nachbarkreis Segeberg waren im Vorjahr ebenfalls Badestege geschlossen worden.
Anlagen wie Badestege und Sprungtürme vergrößern Risiken
Der Kommunale Schadenausgleich (KSA), eine Selbstversicherung der Kommunen, hatte auf die möglichen finanziellen Folgen von Unfällen aufmerksam gemacht.
„Badestege, Sprungtürme, Badeinseln, Wasserrutschen etc. vergrößern nicht nur das Vergnügen, sondern auch die Risiken“, steht in einem Merkblatt zur Verkehrssicherungspflicht.
Kinder könnten sich bei Rangeleien am Steg verletzen, beim Schwimmen zur Badeinsel entkräftet untergehen oder sich in der Verankerung verfangen.
Für zusätzliche Verunsicherung hatte im Februar dieses Jahres die Verurteilung des Bürgermeisters der hessischen Kleinstadt Neukirchen wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung gesorgt.
In einem nicht umzäunten Dorfteich waren drei Geschwister (5, 8 und 9) ertrunken. Der Verwaltungschef hat Berufung eingelegt, auch weil der Fall eine grundsätzliche Bedeutung für die künftige Verkehrssicherungspflicht habe.