Ammersbek. Seit Montag werden landesweit wieder alle Kinder gemeinsam im Klassenverband unterrichtet. Ortstermin in der Grundschule Bünningstedt.

Es ist eine Premiere nach langen Corona-Wochen ohne regulären Schulbesuch: Seit Montag werden alle Grundschüler in Stormarn wieder ohne stunden- oder tageweise Beschränkung in voller Klassenstärke gemeinsam unterrichtet. An der Grundschule Bünningstedt in Ammersbek sind die Zweitklässler erstmals seit den Schulschließungen Mitte März wieder da. Als letzter Jahrgang erleben sie nach den Erst-, Dritt- und Viertklässlern nun, was es bedeutet, unter Corona-Bedingungen zur Schule zu gehen.

Drei Kinder bleiben wegen Ansteckungsgefahr zu Hause

„Hallo Moritz! Schön, dass du da bist. Bitte putze dir zuerst die Füße ab und wasch dir dann die Hände am Waschbecken, bevor du dich an deinen Platz setzt“, begrüßt Cornelia Francke einen Schüler der 2 a an diesem Morgen und weist ihm den Weg in den Klassenraum. Pinkfarbene Klebestreifen markieren in knapp zwei Meter großen Abständen die Haltepunkte auf dem Weg zum Waschbecken, falls das Gedränge zu groß wird. Die 20 Schüler der „Faultier“-Klasse begegnen sich seit 86 Tagen zum ersten Mal wieder in der Schule. „Wir haben uns nur einmal zum Rollschuhlaufen getroffen“, sagt Nika, die neben ihrer Freundin Marlitt sitzen darf. Die beiden sind froh, kein Homeschooling mehr machen zu müssen. „Es ist schön, sich wiederzusehen, nur das frühe Aufstehen finde ich nicht ganz so gut“, sagt Nika – Marlitt nickt zustimmend.

Auf dem Stundenplan stehen Deutsch, Sachkunde, Mathematik und Lesezeit. Doch bevor es damit losgeht, gibt es Zeit zum Austausch. „Drei von uns Faultieren dürfen nach wie vor nicht in die Schule. Da gibt es jemanden zu Hause, für den es gefährlich ist, wenn er sich ansteckt“, erklärt Cornelia Francke den Kindern. „Wir können auch keinen Sitzkreis mit Singen oder Sport machen.“

Geburtstagsrituale gibt’s auch nur in reduziertem Umfang

Jeremy (8) berichtet seinen Mitschülern aus der Homeschooling-Phase. Jedes Kind hat einen Zettel mit Erinnerungen an die „Corona-Zeit“ mitgebracht.
Jeremy (8) berichtet seinen Mitschülern aus der Homeschooling-Phase. Jedes Kind hat einen Zettel mit Erinnerungen an die „Corona-Zeit“ mitgebracht. © Petra Sonntag

Deshalb muss sie nun auch das Ritual für Mirja abwandeln, die gerade Geburtstag hatte: „Lasst uns den Liedtext gemeinsam sprechen. Das Hochheben auf dem Stuhl lassen wir weg.“ Dafür bleibt es bei der „warmen Dusche“, bei der Mitschüler Mirja sagen, was sie an ihr mögen. Doch als die Achtjährige in den Lostopf für eine Geburtstagsüberraschung greift, bremst das Coronavirus erneut die klasseninternen Feierlichkeiten aus. „Du darfst an alle Gummibärchen verteilen“, liest Mirja vor. „Das dürfen wir leider nicht mehr“, erklärt ihre Klassenlehrerin und lässt Mirja ein zweites Los ziehen. „Du darfst morgen dein Lieblingskuscheltier mit in die Schule bringen“, heißt es nun. „Geht das?“, fragt Mirja. „Ich denke schon“, sagt Cornelia Francke. „Bei all den Regeln blicke ich selbst nicht immer durch“, gesteht sie.

„Die letzte Änderung vom Bildungsministerium habe ich noch am vergangenen Freitagabend bekommen“, sagt Schulleiterin Birgit Graumann-Delling, die am 6. Mai erstmals die Viertklässler wieder in der Schule begrüßen konnte und seit Wochen mit ihren Kolleginnen unter Hochdruck an der Umsetzung der Vorgaben arbeitet. „Wer zur Risikogruppe gehört, muss sein Kind nicht zur Schule schicken. Auch Kinder, die selbst zur Risikogruppe gehören, bleiben weiter zu Hause.“ Wenn Eltern sich Sorgen machten und dies den Familienfrieden störe, dürften die Kinder ebenfalls im Homeschooling bleiben. „Heute liegen mir sieben Beurlaubungen vor“, sagt Graumann-Delling, die 165 Schüler an ihrer Schule zählt. 32 davon gehen im Anschluss an den Unterricht in die Nachmittagsbetreuung. Seit dieser Woche können auch Eltern, die nicht in systemrelevanten Berufen arbeiten, diese wieder in Anspruch nehmen.

Klassenverbände bleiben bis zum Schulschluss unter sich

Lehrerin Cornelia Francke (39) gibt für die Pause farbige Bänder an Mirja und ihre Mitschüler der Klasse 2 a aus, um sie von anderen Klassen zu unterscheiden.
Lehrerin Cornelia Francke (39) gibt für die Pause farbige Bänder an Mirja und ihre Mitschüler der Klasse 2 a aus, um sie von anderen Klassen zu unterscheiden. © Petra Sonntag

Ein komplexes Regelwerk prägt den Schulalltag, auch wenn Birgit Graumann-Delling versucht, die Kinder „nicht mit Anordnungen zu überfrachten“. Damit sich die einzelnen Klassen nicht begegnen, werden die Pausen im Schichtbetrieb und in klar abgegrenzten Bereichen verbracht. Beim Gang zur Toilette, bei Interaktionen zwischen Lehrer und Schüler, beim Betreten und Verlassen des Klassenraums sowie auf dem Schulhof gilt Maskenpflicht.

Am Nachmittag durchmischen sich die Jahrgänge. Dann dürfen alle Bereiche des Schulhofs genutzt werden, das Catering entfällt jedoch. „Die Offene Ganztagsschule stützt ganz viel“, sagt Graumann-Delling, „obwohl im Personal der größte Anteil an Risikopatienten ist.“ Bei Sabine Kahler, die die Betreuung koordiniert, gibt es Vorerkrankungen im engen Familienkreis. „Ich habe Angst vor Ansteckung und fühle mich gerade ein bisschen als Versuchskaninchen.“