Bargteheide. Investor will Platz für altersgerechte Wohnungen, Praxen und einen Bäcker schaffen. BUND hätte lieber einen Bosco-Verticale-Verschnitt.
Alte Städte hatten in der Regel stabile Tore, zumeist mit Zugbrücke zur Abwehr ungebetener Gäste. Solcherart Bollwerke sind in der modernen Stadtplanung nachvollziehbarer Weise nicht mehr en vogue. Heute geht es vielmehr darum, an den Haupteinfallstraßen markante Bauten zu errichten, die einen besonderen Akzent fürs Entree und den ersten Eindruck setzen. So etwas plant Bargteheide gerade für das südliche „Tor“ an der großen Kreuzung Südring/Hamburger Straße.
Investor erfuhr von Plänen und wurde aktiv
Dort gibt es eine Brache, mit der die Stadt lange nichts rechtes anzufangen wusste. „Ich kenne das Grundstück seit vielen Jahren und hab mich immer gewundert, warum eine Fläche in solch exponierter Lage nicht entwickelt wird“, sagt Frank Karkow. Als er dann erfahren habe, dass es Pläne für einen Gewerbebau gebe, ist er aktiv geworden.
Der gebürtige Hamburger, der seit 17 Jahren in Großhansdorf lebt, kennt das Gewerbe von Grund auf. Als gelernter Maurer- und Betonbaumeister hat er sich anfangs vorrangig dem Umbau und der Sanierung von Bestandsbauten gewidmet. „Doch irgendwann erschien mir die Entwicklung von Flächen weitaus reizvoller und spannender“, so Karkow.
Projekt ist erstes von Karkow in Bargteheide
Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat er inzwischen rund 200 verschiedene Projekte betreut, schwerpunktmäßig in Großhansdorf, Ahrensburg und Ammersbek, aber auch jenseits der Landesgrenzen in den Hamburger Stadtteilen Rahlstedt und Bramfeld.
Das Projekt „Südtor“ sei sein erstes in Bargteheide. „Ich hatte sofort etwas Besonderes im Sinn, fernab jener seelenlosen Zweckbauten, die man aus Gewerbegebieten kennt“, sagt der 46-Jährige. Ein Gebäude, das sich „dominant und mit breiter Brust“ gen Stadteingang präsentiert, sich aber nördlich der Stadt durch eine abgestufte Kubatur annähert.
Ziel: Neuen Lösungsansatz für Fläche finden
Um seine Vision fachgerecht umsetzen zu können, versicherte sich Karkow der Expertise eines langjährigen Netzwerkpartners, des Ahrensburger Architekten Volker Schultz-Meistering, Leiter der Planungsabteilung der S-Immobiliengesellschaft Holstein (SIG Holstein), einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Sparkasse Holstein.
„Ich finde diesen freien Auftrag überaus reizvoll. Vielleicht auch deshalb, weil die Ausgangsbedingungen nicht ganz einfach sind“, sagte Schultz-Meistering dieser Zeitung. Politisch wie planerisch sei die Situation ziemlich verfahren gewesen: „Es galt, für die Fläche einen neuen Lösungsansatz zu finden, dabei aber auch Kommunalpolitik und Stadtverwaltung mitzunehmen.“
Umweltschützer plädierten für mehr Geschosse
Dass Investor und Architekt plötzlich statt einer „0815-Gewerbekiste“ ein Mischobjekt für Gewerbe und Wohnen in einer eher für Großstädte typischen Formsprache zur Diskussion stellten, hat so manchen irritiert. Und blieb folglich nicht ohne Widerspruch. Die einen forderten plötzlich mehr bezahlbaren Wohnraum, andere den Erhalt eines alten Knicks. Dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) war der vorgelegte Entwurf mit drei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss sowie einer maximalen Gebäudehöhe von 14 Metern als Südtor der Stadt bei weitem nicht prägnant genug. Wenn Bargteheide schon wachsen wolle, dann doch bitte in die Höhe, damit sich die Flächenversiegelung auch lohne.
In der offiziellen Stellungnahme brachte der BUND vorbildhaft die als „Bosco Verticale“ berühmt gewordenen, begrünten Zwillingstürme der lombardischen Metropole Mailand ins Spiel, von denen der mit 27 Etagen 110 Meter hoch ist, der mit 19 Etagen 80 Meter. So viel müsse es in Bargteheide ja vielleicht nicht unbedingt sein, relativierte der BUND anschließend. „Eine Verdoppelung der geplanten Geschosszahl und der Gebäudehöhe“ sei aber vorstellbar.
20 bis 30 barrierefreie Wohneinheiten geplant
Für Unverständnis sorgte indes das Statement des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr (LBV). Der teilte nämlich mit, dass die geplante Zufahrt vom Südring aus nicht genehmigt werde. „Das kam für uns deshalb überraschend, weil im aktuell gültigen Bebauungsplan eine solche vorgesehen ist“, sagt Karkow. Nun sollen Zu- und Ausfahrt ausschließlich über die Hamburger Straße abgewickelt werden. „Wir haben unsere ersten Projektskizzen aber auch in anderer Hinsicht modifiziert und angepasst. Unterm Strich dürfte jetzt ein guter Kompromiss vorliegen, der viele Forderungen und Wünsche berücksichtigt“, so Karkow.
Im Erdgeschoss sind auf 675 Quadratmetern Platz für Praxen und eine Bäckerei geplant. „Damit haben wir bereits bei einem ähnlichen Objekt in Großhansdorf beste Erfahrungen gemacht“, so der Investor. In den drei Etagen darüber sollen 20 bis 30 barrierefreie Wohneinheiten entstehen, darunter Mikroappartements mit 25 bis 30 Quadratmetern für Pflegekräfte, aber auch altersgerechte Wohnungen mit bis zu drei Zimmern für Senioren und Familien.
Zahl der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte steigt
Einer Bevölkerungs- und Haushaltsprognose für den Kreis Stormarn zufolge, erwartet die Stadt bis 2030 eine Zunahme der Personengruppe 65 Jahre und älter um 36 Prozent, für Ein- und Zwei-Personen-Haushalte wird ein Zuwachs um 940 prognostiziert. Damit dürfte das Projekt „Südtor“ Bargteheide gut aufgestellt sein. Ob das auch die Stadtvertreter so sehen, wird sich schon am kommenden Donnerstag zeigen.
Ausschuss für Planung und Verkehr
Do 4.6., 19.00, Bargteheider Ganztagszentrum, Saal A/B, Am Markt 2.