Ahrensburg/Bargteheide. Einzelhändler verhalten optimistisch. Kundenaufkommen vielerorts unter Vor-Corona-Niveau. Boutiquen leiden unter der Maskenpflicht.

Das große Ladensterben nach dem Corona-Lockdown ist in Stormarns Innenstädten ausgeblieben. Bis auf wenige Einzelfälle haben die Händler im Kreis die coronabedingte wochenlange Schließung überstanden, allerdings mit heftigen Umsatzeinbußen. Obwohl das Kundenaufkommen vielerorts unter dem Normalniveau bleibt, blicken die Kaufleute verhalten optimistisch in die Zukunft.

Corona-Krise: Shoppen mit Maske macht weniger Spaß

„Das Kaufverhalten der Kunden hat sich verändert“, sagt Götz Westphal, Vorsitzender der Ahrensburger Kaufleutevereinigung Stadtforum. „Das Shoppen macht mit Maske einfach weniger Spaß, das wirkt abschreckend.“ Westphal ist dennoch optimistisch, sagt: „Der Neustart nach dem Lockdown ist besser gelaufen als erwartet.“ Die Hygieneauflagen träfen die Branchen unterschiedlich hart. „Für Boutiquen ist es am schwierigsten, auf Mode verzichten die Kunden.“ Das Anprobieren mit Maske empfänden viele als lästig und würden auf den Klamottenkauf verzichten.

Das erlebt auch Silke Dahlmann, Inhaberin der Boutique La Joliette am Rondeel in Ahrensburg. Sie sagt: „Die erste Woche nach der Wiedereröffnung ist richtig gut gelaufen. Wohl auch, weil viele Menschen die Gelegenheit genutzt haben, nach Wochen zu Hause mal wieder rauszukommen“, mutmaßt Dahlmann. Jetzt sei es ruhiger. „Es sind gute Tage dazwischen, aber langsam nähert sich das Kundenaufkommen wieder dem Normalniveau.“ Es liege weiterhin Ungewissheit in der Luft. Besonders ihre vielen Stammkunden haben Silke Dahlmann durch die Krise geholfen.

Kunden sind froh, sich etwas gönnen zu können

Andreas Werning, der am Rondeel zwei Schmuckgeschäfte betreibt, ist ebenfalls zufrieden mit dem Geschäft seit Ende des Lockdowns. „Meine Kunden sind froh, dass sie sich wieder etwas gönnen können“, sagt der Juwelier. Die Hygieneauflagen seien eine Herausforderung. Am Beratungstresen hat Werning eine Plexiglasscheibe angebracht, am Eingang weist ein Schild die Kunden darauf hin, sie mögen bitte ihren „Schnutenpulli“ anlegen. „Gerade in Beratungsgesprächen stören Plexiglas und Maske. Man versteht die Kunden schlechter“, so der Juwelier. Werning rechnet damit, dass die Auflagen noch bis weit über Weihnachten hinaus gelten. „Man gewöhnt sich daran.“

Alexandra Schokrowski, Inhaberin des Elektrofachgeschäfts Clasen in Ahrensburg, hat auf dem Boden eine Einbahnstraße markiert.
Alexandra Schokrowski, Inhaberin des Elektrofachgeschäfts Clasen in Ahrensburg, hat auf dem Boden eine Einbahnstraße markiert. © Filip Schwen

Alexandra Schokrowski, Inhaberin des Elektrofachgeschäfts Clasen an der Hamburger Straße, hat in ihrem Geschäft auf dem Fußboden eine Einbahnstraße markiert, damit Kunden sich nicht begegnen. „Die Auflagen werden angenommen“, sagt sie. Dennoch sei der Kundenandrang nicht derselbe wie vor der Krise. „Die Menschen sind immer noch sehr vorsichtig, werden aber mutiger“, beobachtet Schokrowski.

Kein Zuwachs beim Leerstand in Ahrensburgs City

Zu einer Welle von Geschäftsaufgaben im Stadtzentrum sei es durch die Coronapandemie, anders als befürchtet, nicht gekommen, sagt Anja Gust, Wirtschaftsförderin im Ahrensburger Rathaus. „Beim Leerstand in der Innenstadt haben wir bislang keine Zunahme verzeichnet“, sagt sie. Nur ein Gaststättenbetrieb habe aufgeben müssen. Im Ahrensburger Stadtzentrum gibt es laut Verwaltung 247 ebenerdige Gewerbeflächen, 13 davon (5,3 Prozent) stehen derzeit leer. Gust: „Für eine Stadt von der Größe Ahrensburgs ist das wenig.“ Der Anteil können wegen der Nachwirkungen der Coronakrise bis zum Jahresende noch steigen. „Wir gehen aber von einem unwesentlichen Anstieg aus.“

Auch in Reinbek ist die Innenstadt laut Michael Pohle von der städtischen Wirtschaftsförderung bislang von coronabedingten Geschäftsaufgaben verschont geblieben. Er sagt: „Seit Beginn der Coronakrise sind keine Leerstände im Zentrum dazugekommen.“ Wolfgang Sarau, Vorsitzender des Rings Bargteheider Kaufleute (RBK), blickt skeptisch in die Zukunft. Er sagt: „Wie erwartet werden die Läden nicht überrannt. Die Kundschaft hält sich zurück.“

Kaufleutechef Sarau ist gegen Einkaufsgutscheine

Sarau erwartet nicht, dass das Kundenaufkommen in der Bargteheider Innenstadt zeitnah wieder das Niveau von vor dem Lockdown erreicht. „Viele Menschen sind in Kurzarbeit, einige haben ihren Job verloren. Sie halten ihr Geld zurück.“ Der RBK-Chef spricht von rund einem Drittel weniger Kundenaufkommen im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie. „Bisher gab es glücklicherweise keine coronabedingten Geschäftsaufgaben“, so Sarau.

Doch gerade die Modebranche stehe unter Druck. „Abibälle, Konfirmationen, Geburtstagsfeiern und Hochzeiten fallen aus. Es fehlen die Anlässe, für die die Menschen neue Kleidung kaufen.“ Die Coronahilfen des Landes seien zudem sehr unterschiedlich ausgezahlt worden. „Bei einigen unserer Mitglieder ging es schnell, bei anderen hat es dreieinhalb Wochen gedauert, bis sie das Geld auf dem Konto hatten.“ Dennoch hätten die Hilfen viele Händler vor dem Aus bewahrt. Von Forderungen in der Politik, den Einzelhandel durch Subventionen wie etwa Einkaufsgutscheine zu stärken, hält Sarau wenig. Er sagt: „Wichtiger ist es, dass die Händler aktiv auf die Kunden zugehen, Werbung machen und zeigen: Wir sind wieder da.“

Auch in Glinde bleibt die Kundenfrequenz laut Uwe Bölt, Vorsitzender der Gewerbevereinigung (GVG), deutlich unter dem Normalniveau zurück. „Wir werden noch lange an den Einbußen zu knabbern haben. Es gibt Überlegungen von Ladeninhabern zu schließen.“ Das Szenario einer zweiten Infektionswelle bleibe bedrohlich. „Bei einem weiteren Lockdown käme für viele unvermeidbar das Aus“, so Bölt. Von der Politik wünscht er sich mehr Aufmerksamkeit für die Sorgen der Einzelhändler. „Es geht nicht um mehr Geld.“ Viele Inhaber benötigten Rat zu organisatorischen Dingen, Tipps, wie sie mit der Krisensituation und ihren Sorgen umgehen könnten. Er sagt: „Dieses offene Ohr vermisse ich.“