Bad Oldesloe/Ahrensburg. Der Staatsschutz ermittelt wegen diverser Taten mit rechtsextremem Hintergrund in Stormarn. Bürgermeister besorgt.

Ein beschädigtes Wahlkreisbüro der Linken, „Aryan Circle“-Aufkleber in der Oldesloer Innenstadt, rechte Pöbeleien bei einer Mai-Kundgebung, Flaschenwürfe auf den autonomen Jugendtreff „Juki 42“ in Ahrensburg: In Stormarn häufen sich aktuell Taten mit rechtsextremen Hintergrund. Der Staatsschutz ist alarmiert.

Gruppierung „Aryan Circle“ bereits polizeibekannt

Mit Sekundenkleber haben unbekannte Täter in der Nacht zu Dienstag das Türschloss des Linken-Wahlkreisbüros am Pferdemarkt in Bad Oldesloe beschädigt. Ein „Aryan Circle“-Aufkleber am Fenster, der mittlerweile entfernt worden ist, liefert einen Hinweis auf die rechtsextreme Gesinnung der Täter.

„Auch wenn es wohl unwahrscheinlich ist, dass die Typen gefasst werden, haben wir natürlich Anzeige erstattet. Mehr Sorgen als so ein Aufkleber macht mir, dass es vielleicht nicht bei den Sachbeschädigungen bleibt“, sagt Florian Kautter vom Wahlkreisbüro des Bundestagsabgeordneten Lorenz Gösta Beutin (Die Linke) in Bad Oldesloe.

Ein „Aryan Circle“-Aufkleber in der Oldesloer Innenstadt.
Ein „Aryan Circle“-Aufkleber in der Oldesloer Innenstadt. © Finn Fischer

Den Behörden ist der sogenannte „Aryan Circle Germany“ beziehungsweise der „Aryan Circle Nord“ bereits bekannt. Am 3. März hatten Polizeibeamte Wohnungen von zwölf Beschuldigten in Schleswig-Holstein und anderen Bundesländern durchsucht, die in Verbindung mit der im Jahr 2019 gegründeten rassistischen Gruppierung stehen sollen.

Darunter waren auch Objekte in Sülfeld und in Glinde. Die Ereignisse in jüngerer Vergangenheit zeigen, dass sich Mitglieder der Gruppe nicht nur mit auf das Verteilen von Aufklebern beschränken. „Einige von ihnen sind in der Vergangenheit bereits durch fremdenfeindliche Straftaten oder durch Verstöße gegen das Waffengesetz aufgefallen“, sagte der inzwischen zurückgetretene schleswig-holsteinische Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) dem Abendblatt in einem Interview Anfang April.

Bürgermeister befürchtet politisch motivierte Gewalt

In Stormarn gebe es aktuell keine Erkenntnisse über rechtsextremistisch bedeutsame Personen, Organisationen oder Strukturen. Ein Potenzial sei allerdings weiter vorhanden und wohl auch schnell zu aktivieren.

Dieses Potenzial sieht offenbar auch der am Dienstag vorgestellte Verfassungsschutzbericht 2019. Demnach steht der Kreis Stormarn bei der politisch motivierten Kriminalität von rechts mit 68 dokumentierten Straftaten an vierter Stelle hinter Lübeck (90), dem Kreis Pinneberg (82) und Kiel (75).

Tobias von Pein (SPD) wünscht sich konsequente Strafverfolgung.
Tobias von Pein (SPD) wünscht sich konsequente Strafverfolgung. © HA

Für den Stormarner Landtagsabgeordneten Tobias von Pein (SPD) ein Alarmsignal: „Hier müssen insbesondere die Prävention gestärkt und die Straftaten konsequent verfolgt werden.“ Nicht nur das Parteibüro der Linken wurde dieser Tage in Bad Oldesloe mit „AC“-Aufklebern versehen. Überall in der Fußgängerzone sind die Sticker der rechtsextremen Gruppe aufgetaucht.

Wenn sie entfernt werden, kommen neue hinzu. Bürgermeister Jörg Lembke ist genervt und besorgt, dass es auch zu Gewalttaten kommen könnte: „Wir haben alle noch die Vorfälle vom 17. Oktober in Sülfeld im Hinterkopf, als sich eine Gruppe von „AC“-Aktivisten gegen Menschen wandten, die entsprechende Aufkleber aus dem Ortsbild entfernten.“

Prüfung, ob Sachbeschädigung oder Straftat vorliegt

Deswegen will der Oldesloer Verwaltungschef die Plakatierungen nicht auf die leichte Schulter nehmen und lässt von der Rechtsabteilung der Stadt Anzeige erstatten. Er wolle überprüfen lassen, ob es sich „nur“ um Sachbeschädigung oder um das Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, also eine Straftat, handelt.

Sowohl mit den Aufklebern und der Sachbeschädigung des Linken-Wahlkreisbüros als auch mit einem Zwischenfall bei der Oldesloer Maikundgebung auf dem Marktplatz, bei der ein Anwohner Teilnehmende massiv beleidigte und auch den Hitlergruß zeigte, beschäftigt sich jetzt die Polizei.

Vanessa Gräfin von Hahn, Sprecherin der zuständigen Polizeidirektion Lübeck, sagt: „Das Staatsschutzkommissariat der Bezirkskriminalinspektion Lübeck hat die Ermittlungen wegen des Verdachts der Sachbeschädigung und des Verdachts der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole aufgenommen.“

Provokation von rechts kein neues Phänomen

Dass Rechtsextreme mit Aufklebern und Parolen provozieren wollen, ist kein neues Phänomen. Am 24. Februar vergangenen Jahres beschmierten Unbekannte eine Flüchtlingsunterkunft und weitere Objekte in Ahrensburg und Bargteheide mit fremdenfeindlichen Sprüchen.

Am 1. Mai 2020 berichtete der autonome Jugendtreff „Juki 42“ in Ahrensburg über Sachbeschädigungen und Flaschenwürfe, die Fenster an dem Gebäude beschädigten. Auch dort wurden Aufkleber mit rechtsextremen Botschaften gefunden.