Hoisdorf. Das Werk „Seepferdchen sind ausverkauft“ von Katja Gehrmann und Constanze Spengler passt in die Coronazeit – unbeabsichtigt.

Ein gestresster Vater im Homeoffice und ein sich langweilendes kleines Kind: Über diese derzeit alltägliche Situation haben die Stormarner Illustratorin Katja Gehrmann und ihre Hamburger Kollegin Constanze Spengler ein Bilderbuch verfasst – im vergangenen Jahr. „Da war die aktuelle Coronakrise natürlich nicht im Entferntesten absehbar“, sagt Gehrmann.

Die beiden Autorinnen arbeiten seit 15 Jahren Seite an Seite

Mika möchte an den Badesee, doch sein Vater ist im Homeoffice mit Lötkolben und komplizierten Konstruktionen am Computer beschäftigt. Also erlaubt er dem Jungen, ein Haustier zu kaufen.
Mika möchte an den Badesee, doch sein Vater ist im Homeoffice mit Lötkolben und komplizierten Konstruktionen am Computer beschäftigt. Also erlaubt er dem Jungen, ein Haustier zu kaufen. © Moritz Verlag

„Seepferdchen sind ausverkauft“ erschien im Februar. „Jetzt ist das Interesse von allen Seiten plötzlich riesengroß“, sagt die Zeichnerin, die in Hoisdorf aufgewachsen ist, am Heimgarten-Gymnasium in Ahrensburg mit Kunst-Leistungskurs Abitur gemacht und das Ahrensburger Schüleratelier zwei Jahrzehnte geleitet hat. Das 48-seitige Buch für Kinder ab fünf Jahren ist so gefragt, dass es vorübergehend ausverkauft ist und nachgedruckt wird.

Die beiden Autorinnen kennen sich gut, arbeiten seit mehr als 15 Jahren im Hamburger Atelier Amaldi Seite an Seite. Am Küchentisch in dem Hinterhofhaus im Karolinenviertel kamen sie in ihrer Mittagspause auf die Geschichte. Katja Gehrmann erzählte, dass eine der beiden Wüstenrennmäuse ihrer Tochter gestorben war. Damit das zweite Tier nicht allein blieb, holte die Familie eine weitere Rennmaus aus dem Tierheim. Doch die beiden Nager verstanden sich überhaupt nicht. So bekamen sie jeweils eigene Terrarien. Und es blieb die Frage, ob man zusätzliche Tiere anschaffen sollte.

Auf die Idee kamen die beiden Autorinnen am Mittagstisch

„Wir haben die Handlung weiter gesponnen“, sagt Gehrmann, „mit immer neuen und wilderen Tieren.“ Am Ende des Mittagessens waren sich die Frauen einig, dass sich die Geschichte sehr gut für ein Buch eigne. Und so nahmen sie ihr erstes gemeinsames Projekt in Angriff. „Weil unsere Zeichenstile sehr unterschiedlich sind, war schnell klar, dass wir die Aufgaben trennen“, sagt Gehrmann. Sie kümmerte sich um die Bilder, Constanze Spengler schrieb den Text über einen Papa, der im Homeoffice über beide Ohren in Arbeit steckt. Um sich Luft zu verschaffen, erlaubt er seinem Sohn Mika, sich ein Haustier zu kaufen.

Doch ohne dass der gestresste Vater etwas davon mitbekommt, ziehen nach einer Maus noch ein Hund, ein Seehund, ein fernsehsüchtiger Pinguin, ein frecher Papagei und zuletzt ein kleiner, aber sehr musikalischer Elefant in die Wohnung ein. Auf den durchweg doppelseitigen Bildtafeln hat Katja Gehrmann viele Details zum Entdecken eingebaut, die den Text ergänzen.

Wegen der Coronapandemie musste Gehrmann in Hamburg bleiben

Dem Moritz Verlag in Frankfurt/Main, mit dem Katja Gehrmann mehrfach zusammengearbeitet hatte, gefiel die Idee ebenfalls gut. Nach einigen weiteren Absprachen machte sich Constanze Spengler an die endgültige Textfassung. Im vergangenen Sommer ließ Katja Gehrmann die Bilder folgen.

In diesen Wochen wäre die Stormarnerin, die Illustration in Mexiko, Spanien und an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg studiert hat, eigentlich auf Reisen mit ihrem Vorgängerbuch „Stadtbär“. Dafür hatte sie im November den Kinderbuchpreis 2019 des Landes Nordrhein-Westfalen bekommen. „Ich hatte Termine auf der abgesagten Leipziger Buchmesse und Lesungen in Köln, Leipzig, Frankfurt und Heidelberg“, sagt sie. Wegen der Coronapandemie musste auch sie zu Hause in Hamburg bleiben.

Katja Gehrmann arbeitet auch für Kinderzeitschriften

Der Stadtbär wundert sich nach dem Winterschlaf darüber, dass die anderen Tiere weg sind. Der Habicht verrät ihm, dass sie in die Stadt gezogen seien, weil es dort beheizte Höhlen, leckeres Essen und vor allem keine Jäger gebe. Also sucht der Bär nach seinen Freunden, wobei er in eine kuriose Situation nach der anderen gerät. „In gewisser Weise ist auch das Thema aktuell“, sagt die Autorin. Es häufen sich Berichte, dass die coronaleeren Straßen in Großstädten die Wildtiere immer stärker anlocken.

Katja Gehrmann arbeitet auch für Kinderzeitschriften und illustriert Bücher anderer Autoren, darunter das 2014 für den deutschen Jugendliteraturpreis nominierte „Besuch beim Hasen“ von Christian Oster. Mit „Gans der Bär“ – die Geschichte eines Gänsekükens, das einen Bären für seine Mama hält – gewann sie 2008 das Troisdorfer Bilderbuchstipendium.

Auch wenn sie selbst nicht ans Homeoffice gebunden ist, hofft sie auf weitere Lockerungen der Coronaregeln: „Ich konnte schon wochenlang nicht mehr zu meinen Eltern nach Hoisdorf. Dort würde ich gern bald wieder hin.“

„Seepferdchen sind ausverkauft“ Bilderbuch von Constanze Spengler/Katja Gehrmann für Kinder ab fünf Jahren, 48 Seiten, Moritz Verlag, ISBN 9783895653919, 14 Euro; derzeit ausverkauft, neue Auflage ab Anfang Mai erhältlich. „Am liebsten im inhabergeführten Buchhandel bestellen“, sagt Verlagschef Markus Weber.