Ahrensburg. Die Branche leidet unter ständig neuen Auflagen. Einige versuchen Einkünfte mit Außerhausverkauf und Lieferdiensten zu erzielen.
Wie viele andere gastronomische Betriebe bekam Ramazan Köse, Betreiber der Imbissstube „Scharfe Ecke“ in Ahrensburg, am Mittwochvormittag unverhofft Besuch von einem Mitarbeiter des Ordnungsamtes. Dieser gab ihm einen Ausdruck der seit Mittwoch geltenden neuen Bestimmungen, erzählt Köse. Und wies ihn darauf hin, dass der Gastraum mit sofortiger Wirkung geschlossen werden muss.
Lieferoption stellt für viele Betreiber keine Option dar
Der findige Imbissbetreiber hat daraufhin Schilder an der Fensterfront angebracht: „Wegen Corona nur Außerhausverkauf“, steht darauf geschrieben. Und der Hinweis, dass dieser nur über das Fenster erfolgt – nach telefonischer oder über den Messengerdienst WhatsApp eingegangener Bestellung. Vor das Fenster hat er einen Tisch gestellt, um den Sicherheitsabstand zwischen Kunde und Verkäufer zu gewährleisten. Er sagt: „Einen Lieferdienst einzurichten ist schwer“, dazu müsse viel organisiert und vor allem investiert werden – in Zeiten von Corona wohl nur für die allerwenigsten Betriebe machbar.
Auch für den Ahrensburger Gastronomen Axel Strehl, Chef des schleswig-holsteinischen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, stellt ein Lieferservice keine Option dar. Aber es gebe einige Kollegen, die überlegten, darauf umzusteigen. Strehl sagt: „Zuvor sollte die Wirtschaftlichkeit genau geprüft werden.“ Strehl hat sein Restaurant geschlossen, die Mitarbeiter nach Hause geschickt. Seit Freitag habe er etwa 50 Anrufe von Kollegen erhalten, schätzt der Gastronom. Nach Bekanntwerden der neuen Verordnung am Dienstagabend habe er das letzte Telefonat mit einem Betroffenen um 22 Uhr geführt.
Warenbestand wandert in die Tiefkühltruhe
Strehl: „Viele Betriebe stellen mit Erschrecken fest, dass ihre Versicherungen im Fall von Corona nicht greifen.“ Besonders hart treffe es diejenigen, die neu aufgemacht oder gerade Investitionen getätigt hätten. „Sie sind auf die täglichen Einnahmen angewiesen“, so der Dehoga-Chef. Bei allen Sorgen und Nöten versucht Strehl seine Gesprächspartner zu beruhigen, zu informieren und aufzuklären. Sein Rat lautet: „Wenn sich der erste Schock gelegt hat, in Ruhe hinsetzen, die Kosten auflisten und einen Plan machen.“ Er hat sich dazu entschieden, Kurzarbeit anzumelden. Damit das möglich ist, braucht er die Unterschrift seiner Mitarbeiter. Die für ihn zuständige Beraterin beim Arbeitsamt lobt er als sehr hilfsbereit, gerade habe er eine neue Version der Antragsformulare erhalten.
Bei einer Betriebsversammlung will er die schnell verderblichen Lebensmittel an die Mitarbeiter verteilen, der Rest des Warenbestandes wandert in die Tiefkühltruhe. Jetzt gehe es darum, die bestehenden Kosten zu minimieren und finanzielle Hilfen in Anspruch zu nehmen. Strehl sagt: „Es wird sich zeigen, inwieweit der unendliche Rettungsschirm von Finanzminister Olaf Scholz ausreicht.“
Hotel im Schloss Ahrensburg verzeichnet nur zehn Gäste
Auch das Hotel am Schloss in Ahrensburg ist von den Auswirkungen der Corona-Krise auf Hotels und Gastronomie betroffen. „Wir haben einen dramatischen Einbruch der Gästezahlen“, sagt Geschäftsführer und Inhaber Christopher Kroschke. „Und das schon seit Wochen und schon vor dem Erlass, keine Touristen mehr aufnehmen zu dürfen.“
So verzeichne sein Hotel normalerweise rund 90 Gäste in der Woche, bis zu 140 an Wochenenden. Derzeit seien es nur knapp zehn. „Wir haben sonst viele Teilnehmer von Busreisen im Haus und Besucher aus Skandinavien, die fallen nun weg“, so Christopher Kroschke. Dennoch bleibt das Hotel geöffnet, um Geschäftsreisende zu beherbergen, für die Übernachtungen auch nach dem aktuellen Erlassen weiterhin erlaubt sind. „Aber ihre Zahl ist natürlich stark gesunken, da viele Firmen ihre Dienstreisen reduziert haben“, sagt Kroschke.
Der Kreis bittet die Kommunen um Unterstützung
Dagegen musste er die Hotels in Bad Harzburg und auf Fehmarn, die zu seinem Unternehmen gehören und vor allem von Touristen genutzt werden, ganz schließen. Auch das zum Hotel am Schloss gehörende Restaurant „Söbentein“, wo nur noch Hotelgäste bedient werden, musste schließen. Dies war schon eine Folge der für Restaurants zunächst verfügten Schließung ab 18 Uhr. „Der Betrieb hatte sich dadurch nicht mehr gelohnt, weil wir dort viele Abendgäste haben“, sagt Kroschke zum Abendblatt. Der Geschäftsführer hat wie fast alle Hoteliers und Gastronomen mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen.
„Sie ist für die ganze Branche eine Katastrophe“, sagt Kroschke. „Die staatlichen Maßnahmen sind notwendig, aber sie entziehen den Betrieben ihre Existenzgrundlage.“ Sein Unternehmen hat etwa 50 Mitarbeiter, für die er nun Kurzarbeit beantragen will. „Unsere Umsätze gehen gegen Null, aber die festen Kosten – wie die für das Personal – bleiben bestehen“, sagt der Hotelier. „Wir sind auf staatliche Hilfen angewiesen, dazu gibt es keine Alternative.“ Ob die Auflagen von den Gastronomiebetrieben eingehalten werden, wird nicht vom Kreis selbst, sondern von den Ordnungsämtern der Stormarner Städte und Gemeinden kontrolliert.
„Der Kreis bittet die Kommunen hierbei um Unterstützung“, sagt Kreis-Pressesprecher Michael Drenckhahn. Wenn ein Betrieb gegen die Regeln verstößt, macht er sich nach dem Infektionsschutzgesetz strafbar, muss mit einem Bußgeld von mehreren Tausend Euro rechnen. „Wir werden anlassbezogene und stichprobenartige Kontrollen machen“, kündigt Fabian Dorow, Sprecher der Stadt Ahrensburg, an.