Bargteheide. CDU und Grüne befürchten durch das Einkaufszentrum im Bargteheider Gewerbegebiet Langenhorst zu große Konkurrenz für die Innenstadt.
Die Pläne der Unternehmensgruppe Bartels-Langness (Bela), im Bargteheider Gewerbegebiet ein neues Einkaufszentrum zu errichten, stoßen weiter auf Kritik. Jetzt haben sich in der Debatte auch Vertreter der beiden Baumärkte Gaycken und Holländer zu Wort gemeldet. „Eine lebendige Innenstadt ist ein hohes Gut. Hier wird aber ein Verdrängungswettbewerb in Gang gesetzt, bei dem es viele Verlierer geben wird“, sagt Holländer-Geschäftsführer Arne Petersen.
Die Firma Gaycken gibt es in Bargteheide schon 130 Jahre
Wie berichtet, will Bartels-Langness nicht nur seine bestehende Famila-Filiale Am Redder 2 um 1000 auf dann 4200 Quadratmeter erweitern, zuzüglich 500 für eine Mall mit Shops in der Vorkassenzone. In einem ersten Entwurf waren zudem die Ansiedlung eines Discounters, eines Bau- und Gartenfachmarkts, eines Tierfuttermarkts sowie einer Tankstelle vorgesehen. In einer Größenordnung, die noch einmal 7200 Quadratmeter plus 350 Parkplätze umfasst.
Dagegen hatte sich im Ausschuss für Planung und Verkehr Widerstand geregt. Kritisiert wurde vor allem ein von der Stadt beauftragtes Gutachten der Cima Beratung + Management GmbH, das sich einzig und allein auf „innenstadtrelevante“ Betriebe des Lebensmittel- und Drogeriebereichs bezog. Nicht aber auf Unternehmen jener Branchen, die Bartels-Langness zusätzlich ansiedeln will.
„Wenn man bedenkt, dass es in der Stadt rund 900 Gewerbetreibende gibt, dann hat eine umfassende, belastbare Verträglichkeitsprüfung nicht stattgefunden“, sagte etwa Kai Jentsch, Chef der gleichnamigen Gärtnerei an der Hamburger Straße. Die Stadt Bargteheide sei aber weit mehr als der Betrachtungsraum Rathausstraße.
Das sieht Detlef Gaycken, Geschäftsführer des gleichnamigen Holz- und Baustoffhandels, ebenso. Seit mehr als 130 Jahren hat das Familienunternehmen seinen Sitz in Bargteheide, seit 1910 am jetzigen Standort, nur 1000 Meter von Famila entfernt. „Wie hier ohne Not mit alteingesessenen Betrieben umgegangen wird, ist erstaunlich und erschreckend zugleich“, sagt er. Offenbar würden hoheitliche Aufgaben der Kommune durch einen Investor abgearbeitet. „Wenn Politik dermaßen lobbyistengesteuert funktioniert, muss sich über Politikverdrossenheit niemand wundern“, sagt Gaycken.
Ursprünglich sollte Aldi-Filiale auf das Famila-Terrain ziehen
Sollte Bartels-Langness seine Pläne nicht überdenken, hätte das für seine Firma ernste Konsequenzen. Von einer geschäftlichen Neuorientierung bis zu einer Personalreduzierung sei alles denkbar. Arne Petersen sieht Arbeitsplätze auch bei Holländer in Gefahr. „Wenn auf dem Famila-Gelände neue entstehen, müssen zwangsläufig woanders welche wegfallen, wenn das Marktumfeld so überschaubar ist wie in Bargteheide“, sagt er. Wachstum müsse wohl sein, aber nicht so. „Erlaubt sein muss zudem die Frage, warum Bartels-Langness angesichts seines Fachmarkt-Konzepts die örtliche Wirtschaft nicht mit ins Boot geholt hat“, so Petersen gegenüber dem Abendblatt.
Das wollte das Unternehmen mit Hauptsitz in Kiel durchaus. Ursprünglich sollte nämlich die neue Aldi-Filiale auf das inzwischen auf zwei Hektar angewachsene Famila-Terrain ziehen. Doch weil sich der dazu notwendige Grunderwerb zu sehr in die Länge zog, baut Aldi jetzt unweit seines Zentrallagers neu. Der Abriss des Bestandsgebäudes beginnt Anfang Februar. Das Sortiment ist während der sechsmonatigen Bauphase in einem Verkaufszelt auf dem Park erhältlich.
Von der Ansiedlung eines Discounters haben sich die Bela-Planer inzwischen verabschiedet. An dem Baumarkt halten sie bislang indes fest – allerdings ohne Gartenabteilung. Betreiben soll ihn nach Abendblatt-Informationen ein Franchise-Nehmer der Hagebau-Gruppe. Und auch für den Tierfuttermarkt und die Tankstelle gibt es offenbar Interessenten, die in beiden Fällen aus der Stadt stammen.
Grüne fordern Wohnungen und Büros über Famila-Markt
SPD und Wählergemeinschaft WfB sehen inzwischen keine „unüberwindbaren Hürden“ mehr für das Großprojekt. „Unsere Anregungen hinsichtlich einer vernünftigen Zuwegung auch für Radfahrer, überdachten Parkplätzen und Ladestationen für E-Mobile sind positiv aufgenommen worden“, sagt SPD-Fraktionschef Mehmet Dalkilinc. Sein WfB-Pendant Norbert Muras geht davon aus, dass „Famila hinter den Kulissen keine trojanischen Pferde bastelt“, die bei einer späteren Umnutzung von verpachteten Gewerbeflächen für böse Überraschungen sorgen könnten.
So viel Zufriedenheit mögen CDU und Grüne indes nicht teilen. „Ein Einkaufszentrum in dieser Dimension, noch dazu mit einem Shop-in-Shop-System, sehen wir nach wie vor kritisch“, sagt CDU-Fraktionschef Mathias Steinbuck. Ein moderner Famila-Markt mit Postfiliale und Bäcker sowie einer Tankstelle mit Gas- und Elektrosäulen sei völlig in Ordnung. „Alles andere bedeutet aber eine Konkurrenz zur Innenstadt, die wir so nicht wollen“, so Steinbuck.
Die Grünen fordern nach wie vor eine Aufstockung der Ladenflächen für Wohnungen und Büros. Es gebe hervorragende Beispiele wie den Ahrensburger Erlenhof (Rewe) und ähnliche Projekte von Lidl, Aldi und Norma in Berlin, Stuttgart und Wien. „In Bargteheide fehlt es an Wohnungen und Flächen dafür. Bartels-Langness könnte der Stadt an dieser Stelle also durchaus etwas zurückgeben“, sagt Fraktionschefin Ruth Kastner. Darauf werde man im Ausschuss am 13. Februar weiter drängen.
Der erste Plan wurde schon 1997 präsentiert
Vor rund 20 Jahren gab es schon einmal einen fertigen Plan für ein Einkaufszentrum an derselben Stelle im Gewerbegebiet. Für das Areal des Verbrauchermarktes (damals noch Magnet) und der benachbarten Firma Susy Card präsentierte ein Projektentwickler 1997 sein Konzept für ein rund 15 000 Quadratmeter großes Center. Es sollte 16 Millionen Mark (rund acht Millionen Euro) kosten und etwa 200 Voll- und Teilzeitarbeitsplätze bringen.
Magnet, ein Baumarkt und Aldi wurden als potenzielle Mieter genannt. Eine Mall mit kleineren Läden sollte hinzukommen.
Der Bauantrag war bereits genehmigt. Es gab allerdings einen Wechsel in der Projektleitung, die eine andere Laden- und Parkplatzaufteilung wollte. Ende 1999 gab der Investor, ein Geschäftsmann aus Frankfurt/Main, sein Vorhaben auf, weil mehrere Mieter abgesprungen waren.