Glinde. Leere Stühle beim Kennenlerntreff im Gutshaus: Ehrenamtliche Organisatoren schließen Ende des Leihoma-Projekts nicht aus.

Im großen Kaminzimmer des Glinder Gutshauses schmückt eine grüne Decke den Parkettboden. Darauf ist eine Kiste mit Spielzeug positioniert: Rennautos, Teddybären, Puppen und Bälle befinden sich darin. Der Tisch daneben ist reichhaltig gedeckt. Zwischen acht Bestecken stehen Teller mit Butterkuchen, Quarktorte und Keksen, dazu mehrere Schalen mit Süßigkeiten wie Brausebonbons und Gummischnecken.

Kaffee, Tee und Mineralwasser runden das Angebot ab. Es ist wieder Kennenlernbörse: Junge Familien haben hier die Möglichkeit, auf Senioren zu treffen, die Leihgroßeltern werden wollen und deren Nachwuchs ehrenamtlich betreuen.

Forbestand des Leihoma-Projekts in Gefahr

Doch heute bleibt es leer. Weder ältere Menschen noch Eltern mit ihren Kindern machen Gebrauch von dem Angebot des Familienzentrums Glinde & Oststeinbek – und das nicht zum ersten Mal. Deswegen ist der Fortbestand des Projekts mit einem Treff pro Monat in Gefahr.

„Wenn sich bis April nichts ändert, werden wir die Termine strecken oder es auch ganz aufgeben“, sagt Barbara Bednarz. Die 70-Jährige organisiert die Aktion „Kinder suchen Großeltern“ mit ihrem Mann Ralf Müller (67) unentgeltlich in Abstimmung mit der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Sie ist Träger des Familienzentrums und stellt in der Regel für die Zusammenkünfte eine Kraft ab. Diesmal ist das Glinder Paar jedoch auf sich allein gestellt.

In drei Jahren wurden 30 Senioren vermittelt

Die bisherige Awo-Koordinatorin hat jetzt andere Aufgaben und wurde noch nicht ersetzt. Der Wohlfahrtsverband will das so schnell wie möglich ändern. Dass sie und ihr Mann diesmal alles in Eigenregie vorbereitet und keine Unterstützung haben, missfällt Bednarz. Sie sagt: „Ich hätte mir von der Awo eine bessere Organisation erwünscht.“

Die Kennenlernbörse existiert im vierten Jahr. 2017 wurden zwölf Leihgroßeltern vermittelt, 2018 sechs und im vergangenen Jahr wiederum zwölf. In der Vergangenheit kamen mitunter mehr als 20 Personen, zusätzliche Tische mussten herbeigeschafft werden. Beim Treffen im November waren laut Bednarz zwei Familien vor Ort.

Sie suchten für ihre Kinder Omas und Opas, die sich vornehmlich um Hausaufgabenhilfe kümmern. „Das ist aber nicht der Sinn, dafür gibt es andere Anlaufstellen. Es geht um gemeinsames Spielen und Freizeitgestaltung“, sagt Ralf Müller.

Omas und Opas auf Zeit sind willkommene Hilfe

Aber natürlich übernehme man auch Arztbesuche, um Eltern zu entlasten. Und wenn die einen Theaterbesuch planten, seien die Omas und Opas auf Zeit eine willkommene Hilfe. Während die beiden Ehrenamtler im großen Saal sitzen, herrscht im Nachbarraum beim Awo-Seniorenkaffee Hochbetrieb.

Immer wieder schauen Gäste in das Kaminzimmer hinein, aber keiner nimmt Platz. Ist das Leihoma-Projekt in Glinde ein Auslaufmodell? „Womöglich müssen wir mehr Werbung machen“, sagt Bednarz. Aushänge im Rathaus sowie im Gutshaus reichten offenbar nicht. Sie wundere sich, dass so wenig Alleinerziehende zu den Treffen kämen. „Denn eigentlich sind es doch genau jene, die mehr Hilfe brauchen.“

Interessenten sind meist älter als 60 Jahre

Leihoma und -opa kann jeder werden, der Spaß im Umgang mit Kindern hat. Eine feste Altersgrenze gibt es nicht. In der Regel sind Interessenten nicht jünger als 60 Jahre. „Sie können auch aus Nachbarkommunen zu uns kommen, sollten Ausdauer haben, belastbar und vor allem kreativ sein“, sagt Bednarz. Bedingung sei, dass sie sich ein Führungszeugnis bei den Behörden besorgten. Die Kosten dafür übernehme die Awo.

Bednarz und ihr Mann betreuen selbst zwei Kinder: den fünf Jahre alten Moritz sowie dessen Schwester Ronja, die demnächst zweiten Geburtstag feiert. Einmal pro Woche für rund drei Stunden spielen sie zum Beispiel mit Playmobil, malen, basteln oder halten sich im Freien auf. Die Treffen sind im Elternhaus sowie bei den Ehrenamtlern. „Wir richten uns bei der Freizeitgestaltung nach den Wünschen der Kinder, waren auch schon im Zoo. Der Umgang hält uns frisch“, sagt Bednarz.

Vater Sven Klages ist heute auch im Gutshaus vorbeigekommen, wollte seine Erfahrungen weitergeben. Der 44-Jährige arbeitet als TV-Inspekteur, steuert Roboter per Fernbedienung durch die Kanalisation. Er sagt: „Wir haben liebe Menschen dazugewonnen. Barbara und Ralf gehören inzwischen zur Familie.“

Der nächste Kennenlerntreff ist am Mittwoch, 19. Februar, von 16 bis 18 Uhr im Glinder Gutshaus, Möllner Landstraße 53. Fragen dazu per E-Mail an Babed@arcor.de