Grosshansdorf. LungenClinic wollte mit 81-Millionen-Euro-Modernisierung begonnen haben. Land setzt Entscheidung aus. Weiterer Zeitplan unklar.

Der Umbau der LungenClinic Großhansdorf ist ins Stocken geraten. Die Klinikleitung hat die Modernisierungspläne über 81 Millionen Euro fertig, bei der Gemeinde ist die nötige Änderung des Bebauungsplans auf der Zielgeraden. Doch Landessozialminister Heiner Garg (FDP) hat inzwischen ein Moratorium für alle Investitionen von Kliniken in Schleswig-Holstein verfügt, die noch keinen Förderbescheid bekommen haben.

„Wir würden gern möglichst schnell starten, hängen jetzt aber förmlich in der Luft“, sagt Susanne Quante, kaufmännische Geschäftsführerin der LungenClinic, die sich auf sämtliche Erkrankungen der Lunge und Atemwege spezialisiert hat. Eine Zusage über Landeszuschüsse, die den Löwenanteil der Gesamtkosten decken, ist Voraussetzung für den ersten Spatenstich.

Das jetzige Bettenhaus ist mehr als 60 Jahre alt

Eigentlich sollten die Bauarbeiten seit einem Jahr in Gange sein. Schon Anfang 2018 hatte das Ministerium das Vorhaben in seinen Investitionsplan aufgenommen. Damals waren noch 70 Millionen Euro veranschlagt worden, das Krankenhaus hoffte auf jeweils 34,5 Millionen von der Hansestadt Hamburg und aus Kiel. Ende 2024 sollte der Neubau nach den Vorstellungen der Betreiber fertig sein. Im Unterschied zu 2018 ist die LungenClinic heute nicht mehr Teil des Hamburger Krankenhausplans, sodass einzig Schleswig-Holstein für sie zuständig ist.

Geschäftsführerin Susanne Quante vor dem Eingang zur LungenClinic Großhansdorf.
Geschäftsführerin Susanne Quante vor dem Eingang zur LungenClinic Großhansdorf. © Harald Klix | Harald Klix

Von den jetzigen Krankenhausgebäuden bleibt nicht mehr viel erhalten. Im Mittelpunkt des Millionenprojekts steht das neue Bettenhaus, das auf dem hinteren Teil des Waldgrundstücks an der Straße Wöhrendamm errichtet wird. Es ist deutlich niedriger als der jetzige, mehr als 60 Jahre alte Turm, hat nur sieben statt elf Stockwerke. Susanne Quante sagt: „Ins Erdgeschoss mit Ausgängen zum Park ziehen die Palliativstation und die Frührehabilitation.“ Letztere hat die Klinik als erstes Haus in Norddeutschland im April 2019 eröffnet. Dort werden beispielsweise Patienten nach einer Langzeitbeatmung so weit stabilisiert, dass sie sich wieder selbstständig versorgen können.

Die erste Etage ist der Intensivstation und einem Privatbereich vorbehalten. Darüber finden die modernen Patientenzimmer Platz, die unter anderem barrierefrei sind. Es bleibt bei 179 Betten. „Die kompakte Bauweise macht es auch für das Personal einfacher“, sagt Quante. Noch seien die Wege auf den langen Gängen mit abgelegenen Versorgungsstationen sehr weit.

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Tatsächlich entspricht das alte Bettenhaus aus dem Jahr 1958 auch in anderen Bereichen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Es wird nach dem Umzug in den Neubau abgerissen. An der Stelle entsteht eine Magistrale mit Ambulanz, Cafeteria und Aufenthaltsräumen. Sie dient als Verbindung zum neuen Versorgungstrakt sowie dem Altbau mit Verwaltung und Funktionstrakt, in dem unter anderem Röntgentests vorgenommen werden.

Sozialministerium verweist auf zu erstellende Prioritätenliste

Für den Versorgungstrakt wird das Gebäude abgerissen, in dem auch das bereits geschlossene Schwimmbecken ist. Daneben könnte eine Tiefgarage entstehen mit 119 zusätzlichen Parkplätzen. Diese Planung ist zunächst optional.

Fakten zur LungenClinic:

  • 12.000 Patienten behandelt die LungenClinic pro Jahr. Davon werden 8000 stationär und 4000 ambulant versorgt
  • 420 Mitarbeiter zählt die Belegschaft. Die Klinik weist 179 Planbetten für Schleswig-Holstein aus
  • Am 11. Dezember 1900 war Eröffnung als Genesungsheim mit 50 Betten für „Blutarme und bleichsüchtige Rekonvaleszentinnen“. 2014 wurde eine Erweiterung mit zwei OP-Sälen fertig

Bis die Bagger anrücken, können allerdings noch etliche Monate vergehen. „Im Moment kann keine Zeit zu Entscheidungen bezüglich Großhansdorf angegeben werden“, sagt Marius Livschütz, Sprecher des Sozialministeriums in Kiel. Das Land werde mit den Kommunen in der ersten Jahreshälfte 2020 Kriterien festlegen, um Investitionen künftig nach Priorität zu gliedern. Hintergrund seien sich bundesweit ändernde Rahmenbedingungen wie beispielsweise gesetzliche Qualitäts- und Personalvorgaben.

Moratorium betrifft landesweit 20 Projekte mit 281 Millionen Euro Förderung

„Aussagen dazu, welche Baumaßnahmen im fortgeschriebenen Investitionsplan stehen werden, werden erst nach einem Beschluss über angepasste Kriterien möglich sein“, sagt Livschütz. Unter anderem gehe es um die Frage, ob ein Vorhaben notwendig sei, um langfristig eine Sicherstellung der Versorgung in der Fläche unter Einhaltung von Qualitätsvorgaben und der Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal zu gewährleisten. Das Sozialministerium betont zudem, dass die Aufnahme der LungenClinic in den Finanzplan vor zwei Jahren nicht gleichbedeutend mit einer Finanzierungszusage war.

Der Neubau der LungenClinic Großhansdorf. 
Der Neubau der LungenClinic Großhansdorf.  © LungenClinic Großhansdorf | LungenClinic Großhansdorf

Laut Ministerium betrifft das Moratorium landesweit 20 Projekte mit einem voraussichtlichen Fördervolumen von 281 Millionen Euro. Darüber hinaus gebe es eine Warteliste mit Vorhaben, die noch nicht geprüft oder bewertet sind. Für bereits bewilligte Projekte werden rund 518 Millionen Euro benötigt.

Andere Kliniken überweisen komplizierte Fälle nach Großhansdorf

Klinik-Geschäftsführerin Susanne Quante bedauert das langwierige Verfahren. „Sicherlich ist die Organisation der Klinikversorgung in einem Flächenland eine große Herausforderung“, sagt sie. „Aber dabei wären mehr Transparenz und aktive Kommunikation wünschenswert.“ So gebe es auch auf Nachfrage nur spärliche Informationen.

„Was versteht man zum Beispiel unter Qualität?“, fragt sie. Die LungenClinic sei international anerkannt. In Patientenumfragen erreiche sie eine Weiterempfehlungsrate von 99,8 Prozent. Andere Kliniken überwiesen besonders komplizierte Fälle nach Großhansdorf. Das Haus ist unter anderem als Lungenkrebszentrum und Kompetenzzentrum für Thoraxchirurgie zertifiziert und wegweisend in der Erforschung und Anwendung neuester medizinischer Erkenntnisse. Im Vorjahr erhielt der Ärztliche Direktor Prof. Klaus F. Rabe mit einem vierköpfigen Forscherteam den mit rund 680.000 Euro dotierten Balzan-Preis.

Dieses Jahr wird der 120. Geburtstag gefeiert

Dieses Jahr möchte die LungenClinic ihren 120. Geburtstag feiern. Geschäftsführerin Quante hat zum Jubiläum einen großen Wunsch: „Den Förderbescheid aus Kiel, damit wir endlich loslegen können.“ Um das Krankenhaus auch baulich fit für die nächsten Jahrzehnte zu machen.