Reinbek. Chef der Landtagsfraktion hält Vortrag im Schloss. Dort und im Jugendzentrum setzen 400 Menschen ein Zeichen gegen Hass und Hetze.

Eine „historische Veranstaltung“ erlebten die 400 Menschen, die sich vor und im Jugendzentrum sowie am Reinbeker Schloss versammelten. Das sagte der in der Seenotrettung engagierte Bergedorfer Ingo Werth, der begeistert davon war, dass so viele Parteien, Vereine und Einrichtungen zusammenstanden, um bei der „Party der Vielfalt“ Flagge zu zeigen. Nicht nur Reinbeker, auch Menschen aus den Nachbarkommunen wie Glinde und Wentorf, aus Hamburg und aus Bad Oldesloe stellten sich geschlossen gegen Hass und Hetze, während nur ein paar Meter weiter Jörg Nobis, Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion, im Schloss einen Vortrag zum Thema „Retter oder Schlepper? Seenotrettung im Mittelmeer“ hielt.

Grünen-Fraktion stellte Antrag für Satzungsänderung

Marie (v. l.), Johannes, Simon, Jannika und Maurice kamen zum Schloss, um ihre Abneigung gegenüber der AfD zu zeigen.
Marie (v. l.), Johannes, Simon, Jannika und Maurice kamen zum Schloss, um ihre Abneigung gegenüber der AfD zu zeigen. © Ann-Kathrin Schweers

Natürlich kam die Frage auf, ob eine solche Veranstaltung im Wahrzeichen der Stadt nicht in Zukunft verhindert werden könne. Werth appellierte in einer flammenden Rede, Veranstaltungen im Schloss zu verbieten, bei denen faschistische und rassistische Äußerungen zu erwarten seien: „Reinbek muss ein Zeichen setzen: Das Schloss steht für Rassismus nicht zur Verfügung.“ Applaus im Publikum zeigte, dass er mit seiner Meinung nicht allein dasteht. „Das kann ich nur unterstützen“, sagte Markus Althoff. „Die AfD soll einen Ort bekommen. Aber keinen so repräsentablen wie das Schloss.“

Die Reinbeker Grünen-Fraktion hatte einen Antrag für eine Satzungsänderung an die Stadtverwaltung gestellt. Es soll eine Widerrufsklausel verankert werden, die eine Nutzung ausschließt, wenn Sicherheit und Ordnung nicht gewährleistet erscheinen. Patrick Ziebke, CDU-Fraktionsvorsitzender: „Ich sehe den Antrag relativ unproblematisch. Es handelt sich um eine Regelung, die wir in allen anderen Satzungen drin haben.“

Stadt will den Antrag zunächst juristisch bewerten

Steffen Steinicke brachte ein Plakat zur Party der Vielfalt mit.
Steffen Steinicke brachte ein Plakat zur Party der Vielfalt mit. © Ann-Kathrin Schweers

Die vermeintliche Intention des Antrages, den Besuch einer Partei zu verweigern, sei durch diese Satzungsänderung jedoch nicht möglich, sagen Bernd Uwe Rasch, Fraktionsvorsitzender der FDP, und Heinrich Dierking, Fraktionschef der Wählergemeinschaft Forum 21. Veranstaltungen der Partei zu verbieten sei „der falsche Weg“, so Rasch. „Die AfD ist eine zugelassene Partei, auch wenn einem das nicht passt“, sagt SPD-Fraktionschef Volker Müller. Die einzige Möglichkeit wäre, grundsätzlich politische Veranstaltungen zu verbieten, was er jedoch ablehne.

Der Antrag der Grünen wird am Dienstag, 28. Januar, um 19 Uhr während der Sitzung des Hauptausschusses beraten. Die Stadt will den Antrag dann zunächst juristisch bewerten, sagte deren Sprecher Lennart Fey.

Auch Reinbeks Bürgermeister trat ans Mikrofon

Auch wenn die Stadt einen Besuch der AfD nicht verhindern kann, so kann sie doch dafür sorgen, dass die Politiker auf ihrem Weg zum Schloss praktisch von Schildern erschlagen werden, sagte Bürgermeister Björn Warmer. Gemeint ist die Aktion „Reinbek zeigt Gesicht“. Hier finden Reinbeker, Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker klare Worte. „Migranten in unserer Stadt? Bei uns heißt das Reinbeker. Punkt.“, prangt beispielsweise unter einem Foto von Björn Warmer. Gleichzeitig macht die Stadt aufmerksam auf die Ausstellung über Anne Franks Lebensgeschichte, die am 7. Februar um 18 Uhr bei freiem Eintritt im Schloss startet.

Zum Start der „Party der Vielfalt“ versammelten sich zahlreiche Menschen vor dem Schloss. Fahnen wehten, auf Bannern und Plakaten stand „Omas gegen rechts“, „Kein Mensch ist illegal“ und „Hass ist keine Alternative“. Veranstalter und Besucher des AfD-Vortrages konnten der Demonstration schwer aus dem Weg gehen, wählten den Hintereingang des Schlosses.

„Seenotrettung ist völlig unpolitisch“, sagte Werth am Mikrofon im Jugendzentrum. „Sie wird von der AfD für ihre Politik missbraucht.“ Auch Bürgermeister Björn Warmer, die Landtagsabgeordneten Lukas Kilian (CDU) und Martin Habersaat (SPD) sowie die Reinbeker Pastorin Bente Küster traten ans Mikrofon. Grünen-Fraktionschef Günther Herder-Alpen sagte zum Ende der Veranstaltung: „Das machen wir wieder, wenn es erforderlich ist.“ Laut Polizei verlief der Partyabend am Schloss ruhig. Acht Beamte des Bezirksreviers Reinbek waren im Einsatz.