Glinde. Ehrenamtler registrieren immer mehr bedürftige Senioren in Glinde. Initiative gründet Suppenküche. Erste Essensausgabe am 27. März.
Die Idee entstand bereits 2017. Damals setzte sich der Runde Tisch Senioren in Glinde das Ziel, eine Suppenküche für arme ältere Menschen zu schaffen. Es ist ein loser Zusammenschluss aus Vereinen, Verbänden und Gruppen wie Arbeiterwohlfahrt, Deutsches Rotes Kreuz, Sozialverband, Gutshaus, Altenheimen, Seniorenbeirat und evangelischer Kirche. Doch erst jetzt wird das Projekt umgesetzt, weil sich die Suche nach einem Raum schwierig gestaltete. Am Freitag, 27. März, wird im kleinen Sitzungssaal im ersten Stock des Bürgerhauses am Markt von 12 bis 14 Uhr erstmals kostenfreies Essen verteilt. Zur Premiere sind 50 Portionen geplant.
„Unser Vorbild ist die Suppenküche der Kirche in Reinbek-West am Täbyplatz, wo genauso viele Mahlzeiten pro Woche ausgegeben werden“, sagt Sabine Spirgatis. Sie hat eine halbe Stelle als Gemeindepastorin in Oststeinbek sowie eine weitere mit der Bezeichnung Seelsorge im Alter, ist dafür auch in Reinbek und Glinde aktiv. Die 56-Jährige ist Mitglied einer fünfköpfigen Arbeitsgruppe des Runden Tisches, die sich um die Organisation des Vorhabens kümmert. Mit ihren Mitstreitern suchte sie einen passenden Raum, der zentral liegt und für den keine Mietkosten zu entrichten sind. Die Feuerwehrwache lehnte die Stadtverwaltung für diesen Zweck ab. „Mit der Begründung, es sei dort zu gefährlich“, sagt Spirgatis. Mit dem Gutshaus klappte es ebenfalls nicht. Hier stehen keine Kapazitäten mehr zur Verfügung.
Räume der evangelischen Kirche sind nicht ideal für Suppenküche
Von der Möglichkeit, in Räume der Kirche St. Johannes am Willinghusener Weg zu ziehen, sah man ab. „Weil der Standort in der Peripherie liegt und das Angebot im Kirchenumfeld nicht als niedrigschwellig empfunden wird“, sagt die Pastorin. Dann brachte Bürgermeister Rainhard Zug das Bürgerhaus ins Spiel, stieß damit auf Zustimmung. Er sagt: „Das ist ein tolles Projekt. Wir brauchen so etwas in Glinde. Ich bin überzeugt, dass das Angebot genutzt und auch dauerhaft wird.“ Vorerst hat der Runde Tisch die Zusage, den Saal samt angrenzender Küche bis August nutzen zu können – es ist eine Testphase.
Wie viele Glinder im Bürgerhaus eine warme Mahlzeit zu sich nehmen werden, können die Initiatoren nicht prognostizieren. Dazu zählt auch Barbara Bednarz, die Vorstandsmitglied des Glinder Sozialverbandes ist und sich in mehreren Bereichen ehrenamtlich engagiert. Die 70-Jährige mischt als Stadtvertreterin der FDP zum Beispiel in der Politik mit. Sie sagt: „Altersarmut ist ein Tabu-Thema. Viele Betroffene möchten es nicht kundtun und schämen sich.“ Sie sei früher bei der Schuldnerberatung gewesen. „Da kriegt man so einiges mit.“
Laut Statistikamt Nord sind mehr als 1200 Senioren in Stormarn im Alter ab 65 Jahren auf Grundsicherung oder Sozialhilfe angewiesen sind. Viele versorgen sich auch bei den Tafeln. Jene in Glinde hat immer donnerstags in der Zeit von 15 bis 16 Uhr Ausgabe im Gutshaus. „Zu Spitzenzeiten stehen dort bis zu 150 Menschen, im Schnitt sind es mindestens 100. Und die Zahl der Senioren nimmt zu“, sagt Bürgervorsteher Rolf Budde (CDU), der für den Verein Lebensmittel bei Supermärkten, Bäckereien und anderen Firmen einsammelt. Dafür ist er von 8 bis 15 Uhr mit einem Transporter unterwegs.
Eintöpfe mit Fleisch und Gemüse oder auch Chili con Carne werden angeboten
Budde ist jetzt auch bei der Suppenküche eingestiegen, will sein Netzwerk nutzen und über diesen Weg zum Beispiel Nachspeisen wie Joghurt oder Pudding und auch Brot generieren. Anders als in Bergedorf, wo vor Ort frisch gekocht wird, bietet die Glinder Tafel keine warmen Mahlzeiten an.
Zu wenige engagieren sich für Bedürftige, sagt ein Ehrenamtler
Über seine neue Aufgabe sagt der 75-Jährige: „Alle reden von Altersarmut, aber nur wenige engagieren sich für Bedürftige. Für mich war gleich klar, dass ich helfe.“ Seine Frau habe das auch unterstützt – trotz der ohnehin schon zeitintensiven Arbeit als Ehrenamtler für Glinde. Mitunter kommt Budde auf 50 Stunden pro Woche. Der Bürgervorsteher schlägt vor, die Suppenküche in einem Verein einzubinden und diesen zu gründen, wenn das Projekt von den Senioren angenommen wird. „Dann haben wir auch die Möglichkeit auf städtische Zuschüsse“, sagt der Christdemokrat.
Großküche von Haus Togo produziert täglich 300 Mahlzeiten
Die Suppenküche wird jeden letzten Freitag eines Monats geöffnet sein. Das Essen liefert das Alten- und Pflegeheim Haus Togohof in Glinde, eine Einrichtung der Wichern-Gemeinschaft. Die dortige Großküche produziert täglich 300 Mahlzeiten, auch für andere Heime in der Region. Die Wichern-Gemeinschaft berechnet dem Runden Tisch nur die Kosten der verwendeten Lebensmittel, die Arbeitsleistung der Köche ist umsonst. Pastorin Sabine Spirgatis geht von Kosten in Höhe von einem Euro pro Portion aus. Die Refinanzierung soll über Spenden geregelt werden. Sie sagt: „Wir bieten kräftige Eintöpfe mit Fleisch und Gemüse oder auch Chili con Carne.“ Außerdem wollen die Initiatoren selbst Kuchen backen. Dazu werden Kaffee, Tee und Wasser gereicht.
Auch Senioren, die sich einsam fühlen, sind willkommen
Bevor es an den Start geht, ist noch einiges zu tun. So müssen zum Beispiel Suppenteller besorgt werden. „Und wir benötigen weitere Hilfskräfte, die Portionen ausgeben und in der Küche arbeiten. Vor allem auch Männer für den Auf- und Abbau von Stühlen und Tischen im Sitzungssaal“, sagt Barbara Bednarz. Für Vor- und Nacharbeit ist jeweils eine Stunde angesetzt. Demnächst werden Flyer gedruckt, die bei der Tafel ausgelegt werden, um auf das Angebot hinzuweisen. Die Suppenküche ist jedoch nicht nur für finanzschwache Menschen im Rentenalter zugänglich. Auch Senioren, die sich einsam fühlen, sind dort willkommen.
Das Freiwilligenbüro Glinde im Gutshaus (Möllner Landstraße 53) ist Ansprechpartner für Menschen, die sich ehrenamtlich für die Suppenküche engagieren wollen. Sprechstunde ist immer mittwochs von 16 bis 18 Uhr. Das Büro ist unter Telefon 040/71 00 04 26 zu erreichen.