Ahrensburg. Die Elektro-Shuttles könnten schon in diesem Jahr fahren. Konkurrent Moia will Anfang 2021 ein Modellprojekt starten.
Nach dem Fahrdienst Moia will nun auch Konkurrent Ioki in Ahrensburg an den Start gehen. Die Bahn-Tochter bietet an, ein alternatives Mobilitätskonzept für die Schlossstadt zu entwickeln und dieses anschließend mit den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH) umzusetzen. „Unsere Shuttles könnten bereits im September durch Ahrensburg rollen“, sagte VHH-Geschäftsführer Toralf Müller am Mittwochabend bei einer gemeinsamen Sitzung von Bau- und Umweltausschuss.
Moia-Projekt wird über Fördergeld finanziert
Die Ioki-Shuttles verkehren derzeit schon in Hamburg in den beiden westlichen Stadtteilen Lurup und Osdorf sowie seit November 2019 auch in Billbrook im Osten der Metropole. „Wir haben eine andere Ausrichtung als Moia“, sagte Müller. „Unser Ziel ist es, das On-Demand-Anbot mit dem Öffentlichen Personennahverkehr zu verbinden.“ Ioki-Projektplaner Michael Wurm sagte dazu: „Wir verstehen uns als Ergänzung, nicht als Ersatz des ÖPNV.“ Pendler sollen mit den Shuttles etwa zum nächsten U-, S- oder Regionalbahnhof fahren können, wenn es für die Strecke keine geeignete Busverbindung gibt. Auch Nachtfahrten gehören zum Angebot. „Wir wollen die Lücken für die erste und letzte Meile schließen“, sagte Isaac Larbi, Ioki-Projektleiter für den Raum Hamburg.
Ioki ist eine Tochter der Deutschen Bahn, Moia gehört zu Volkswagen. In beiden Fällen handelt es sich um On-Demand-Angebote. Das bedeutet: Kunden müssen die Transfers individuell anfordern (siehe Text rechts). Wie berichtet, will Moia zunächst nur für ein Modellprojekt nach Ahrensburg kommen. Den Plänen zufolge könnten die gold-schwarzen Elektro-Kleinbusse im Jahr 2021 für sechs bis zwölf Monate durch die Schlossstadt fahren – finanziert mit Fördergeld. Nur deshalb wagt das Unternehmen den Schritt ins Umland. „Von uns aus wären wir in den nächsten drei Jahren nur in Hamburg geblieben“, sagte Geschäftsführer Robert Henrich bei der Vorstellung des Projektes Mitte Dezember. Moia bezweifelt, dass die 34.000-Einwohner-Stadt Ahrensburg groß genug ist, um genügend Fahrgäste für einen wirtschaftlichen Betrieb des Ridesharing-Angebots zusammenzubekommen.
Erster Testbetrieb könnte zwei Jahre dauern
Ioki und die VHH könnten sich dagegen ein längeres Engagement in Ahrensburg vorstellen. „Wir würden das System gern zwei Jahre testen und es zwischendurch immer wieder überprüfen und anpassen“, sagte Müller. Generell erfolge die konkrete Ausgestaltung nach den Wünschen der Stadt. Das gelte zum Beispiel für Marke und Modell der eingesetzten Autos. Dieselfahrzeuge seien genauso möglich wie Elektroautos.
Im Unterschied zu den Moia-Autos, die für ihren Betrieb eine Sondergenehmigung benötigen, fährt Ioki unter einer Linienbuskonzession. Deshalb ist der Kreis als Träger des ÖPNV für das Thema und auch die Finanzierung verantwortlich. Dort sorgt das Vorpreschen von Ioki für Irritationen. „Wir kennen bisher kein Konzept von Ioki für Ahrensburg und auch nicht die möglichen Kosten“, sagte Björn Schönefeld, ÖPNV-Experte in der Kreisverwaltung, dem Abendblatt. Die Planungen des Kreises mit der Bahn-Tochter seien nicht auf Ahrensburg ausgerichtet, sondern auf ein Testprojekt im Raum Brunsbek/Rausdorf. Dieses ist, wie das Moia-Vorhaben in Ahrensburg, Teil des sogenannten Reallabors Hamburg. Ziel ist es, Erkenntnisse über die Mobilität der Zukunft zu gewinnen.
Ahrensburg müsste den Betrieb wohl finanzieren
Wenn Ahrensburg unbedingt mit Ioki zusammenarbeiten wolle und den Betrieb voll finanziere, müsse darüber diskutiert werden, sagte Schönefeld. Und weiter: „Klar ist aber, Ioki gibt es nicht für ‘nen Appel und ‘n Ei.“ Zu möglichen Kosten wollten die Projektplaner am Mittwochabend keine genauen Angaben machen, nur so viel: „Wir benötigen etwa drei Fahrer pro Wagen, einer kostet 40.000 Euro pro Jahr. Dazu kommen die Fahrzeugkosten“, sagte Müller.
Die Menschen in Ahrensburg legen laut Ioki-Projektplaner Michael Wurm mehr als 100.000 Wege pro Tag zurück. „Jeder Zweite überschreitet die Stadtgrenze“, sagte er. Ziele zusätzlicher Mobilitätsangebote müssten kürzere Wege zu Haltestellen, mehr umsteigefreie Verbindungen, bessere Taktzeiten und Anbindungen an die Bahnhöfe sowie die Erschließung von unterversorgten Stadtteilen sein. Bei den Politikern stießen die Projektplaner auf großes Interesse. „Das Angebot trifft genau unseren Nerv“, sagte Nadine Levenhagen, Fraktionschefin der Grünen. „Wir wollen keinen Lifestyle schaffen, sondern den Menschen in Ahrensburg weiterhelfen.“
Auch die SPD zeigte sich begeistert. „Ich würde sagen: Lasst uns mit der Arbeit anfangen“, sagte Gerhard Bartel. Eine Entscheidung haben die Politiker allerdings vertagt. Das Thema soll am Mittwoch, 22. Januar, im Bauausschuss wieder aufgenommen werden. Dann müssen die Politiker auch eine endgültige Entscheidung treffen, ob Ahrensburg am Modellprojekt von Moia teilnimmt.
So funktioniert eine Fahrt mit den Shuttles von Moia oder Ioki
Wer Moia oder Ioki nutzen möchte, muss sich zunächst die jeweilige App herunterladen. Bei Moia geben Fahrgäste Start- und Zielort sowie die gewünschte Abfahrtszeit ein. Der Fahrdienst ermittelt dann eine Route, bei der unterwegs auch noch andere Fahrgäste mitgenommen werden können. Moia nutzt für den Transport Elektro-Kleinbusse, in denen sechs Personen und Gepäck Platz haben. Der App-Nutzer bekommt den Ein- und Ausstiegspunkt genannt. Im Unterschied zu Taxis fahren die Kleinbusse nicht direkt vor die Haustür. Passagiere müssen laut Moia meist 100 bis 150 Meter zu Fuß gehen. In Hamburg betragen die Kosten pro Fahrt durchschnittlich sechs bis sieben Euro.
Bei Ioki existiert ebenfalls kein fester Fahrplan. Nutzer geben Start- und Zielort ein und bekommen dann angezeigt, wann ein Shuttle zur Verfügung steht. Das System ist in den ÖPNV integriert. Passagiere können sich zum Beispiel rund um die Uhr von vorgegebenen Haltepunkten zu einer Haltestelle von Bus, U-, S- oder Regionalbahn fahren lassen und umgekehrt. Auch bei Ioki wird versucht, Fahrten möglichst zu bündeln. Passagiere benötigen in Hamburg ein HVV-Ticket und zahlen dann für Ioki einen Aufpreis von einem Euro. Nachts entfällt dieser teilweise. Die Bezahlung funktioniert zum Beispiel per Kreditkarte oder Vorab-Überweisung. Für Vielfahrer gibt es Wochen-, Monats- und Jahreskarten.