Ahrensburg/Hamburg. Modellprojekt in Ahrensburg dank spezieller Förderung. Doch das Sammeltaxi Moia kommt nicht bei allen Stormarnern gut an.
Pendler, die im Elektro-Kleinbus vom Ahrensburger Bahnhof ins Gewerbegebiet und zurück fahren. Bürger, die auf dem Weg in den Urlaub gemeinsam zum Flughafen Hamburg gebracht werden: Diese neuen Verkehrsangebote könnte es schon bald in Ahrensburg geben. Der Sammeltaxi-Fahrdienst Moia will erstmals im Hamburger Umland an den Start gehen. Bereits in einem Jahr könnten den Plänen zufolge die ersten gold-schwarzen Fahrzeuge der VW-Tochter durch die Schlossstadt rollen.
Anlass ist ein Modellprojekt der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ der Bundesregierung. Diese will verschiedene umweltfreundliche Verkehrsangebote testen, um Handlungsempfehlungen für die Mobilität der Zukunft in ganz Deutschland zu entwickeln. Als einen Test-Standort haben die Verantwortlichen Ahrensburg ausgewählt.
Moia als On-Demand-Angebot
Per Dringlichkeitsantrag kam das Thema am Mittwochabend kurzfristig auf die Tagesordnung des Bau- und Planungsausschusses. „Wegen der Förderrichtlinien brauchen wir kurzfristig eine Grundsatzentscheidung der Politik“, sagte Klimaschutzmanagerin Jule Lehmann, die erstmals Anfang Dezember über das Vorhaben des sogenannten Reallabors Hamburg informiert wurde. Ein endgültiger Beschluss, ob sich Ahrensburg an dem Modellprojekt beteiligen wird, soll im Januar 2020 folgen.
„Wir haben in Arbeitsgruppen Ideen für eine bezahlbare, nachhaltige und klimafreundliche Mobilität entwickelt“, so Denise Blazek vom Projektpartner Hamburger Hochbahn. „Diese sollen nun in zeitlich begrenzten Formaten erprobt werden. Wir wollen herausfinden, ob sie in der Realität überhaupt etwas bringen.“ Eine dieser Ideen sei, On-Demand-Angebote in nachfrageärmeren Regionen außerhalb Hamburgs zu testen.
Ist Ahrensburg groß genug für Moia?
Seit April 2019 fahren die Moia-Busse bereits durch die Metropole, haben im ersten halben Jahr 770.000 Fahrgäste transportiert. „Von uns aus wären wir in den nächsten drei Jahren nur in Hamburg geblieben“, sagte Moia-Geschäftsführer Robert Henrich bei der Vorstellung des Projektes im Bauausschuss.
Auch aus finanziellen Gründen: Denn die Firma glaubt, dass Ahrensburg mit 34.000 Einwohnern nicht groß genug ist, um genügend Fahrgäste für einen wirtschaftlichen Betrieb des Ridesharing-Angebots zu akquirieren. Henrich: „Mit Ahrensburg können wir aktuell garantiert kein Geld verdienen.“
Nur dank der staatlichen Förderung gebe es jetzt die Chance für Ahrensburg, sagte der Moia-Chef, der selbst in der Schlossstadt lebt. Bisher sei noch kein Konzept vorhanden, aber erste Ideen wie der Shuttle-Verkehr zum Hamburger Flughafen. Denkbar sei auch, Fahrten zu besonders günstigen Tarifen – beispielsweise 2,90 Euro – vom Bahnhof bis ins Gewerbegebiet anzubieten. Auch Wohngebiete, die nicht so gut an den Öffentlichen Personennahverkehr angebunden sind, könnten bedient werden.
Sammeltaxi als Lockangebot für den Umstieg?
Normalerweise liegen die Preise laut Henrich in Hamburg bei durchschnittlich sechs bis sieben Euro pro Fahrt. Ahrensburg müsste seinen Angaben zufolge wegen der geringeren Bevölkerungsdichte mit höheren Gebühren rechnen, wenn es die öffentliche Förderung nicht gäbe. „Viele Pendler aus Hamburg nehmen zurzeit lieber das Auto, weil die Verbindung mit Bus und Bahn nicht gut genug ist“, sagte er. „Wir könnten testen, ob die Menschen mit einem anderen Angebot umsteigen würden.“
Bei den Ahrensburger Politikern kommen die Ideen grundsätzlich gut an. „Das ist ein sehr, sehr spannendes Projekt“, sagte Bela Randschau (SPD). „Ich wäre sofort bereit, Ja zu sagen.“ Die CDU sieht das ähnlich positiv. Carola Behr sagte: „Wir sollten die Chance nutzen, da einzusteigen.“ Und auch Detlef Steuer (WAB) lobte die „großartige Chance für Ahrensburg, so etwas zu testen und dann auch noch gefördert zu bekommen“.
Die Grünen sind skeptisch
Etwas verhaltener fielen die Reaktionen von Grünen und Linken aus. Sie kritisierten den Zeitdruck. „Wir haben eigentlich den Anspruch, den Markt zu prüfen“, sagte Erik Schrader (Linke). Jasper Lauert (Grüne) stellte infrage, ob das Moia-Angebot wegen der „relativ hohen Preise die Menschen zum Umsteigen zu bewegen kann“. Er betonte: „Es muss darum gehen, das richtige Konzept für Ahrensburg zu finden.“ Letztlich beschlossen die Politiker aber einstimmig, das Projekt weiterzuverfolgen.
Entscheidet sich Ahrensburg im Januar 2020 endgültig für die Teilnahme, würde dann die Planungsphase beginnen. „Der nächste Schritt wäre es, Ideen zu entwickeln, die Ahrensburg beim Thema Mobilität helfen können“, sagte Henrich. Die Stadt müsste sich an den Planungskosten beteiligen, die Verwaltung rechnet mit 125.000 Euro.
Moia braucht eine Sondergenehmigung
Bevor Moia in Stormarn an den Start gehen kann, muss aber noch eine weitere Hürde überwunden werden. Bisher ist Ridesharing in Schleswig-Holstein aus rechtlichen Gründen nicht erlaubt. Wie berichtet, setzen sich Landespolitiker aber gerade dafür ein, dass Sondergenehmigungen erteilt werden dürfen.
Klappt das, könnten Anfang 2021 die ersten Moia-Busse in Ahrensburg fahren. Die Projektphase soll laut Henrich sechs bis zwölf Monate dauern, anschließend werden die Ergebnisse wissenschaftlich ausgewertet. Ob die Moia-Busse auch nach dem Ende der Testphase weiter in Ahrensburg fahren werden, ist unklar. Henrich wollte sich dazu noch nicht äußern, es sei eine finanzielle Frage.
Vor ihrer endgültigen Entscheidung werden sich die Ahrensburger Politiker in einer gemeinsamen Sitzung des Umwelt- und Bauausschusses am 8. Januar zunächst mit einem Konkurrenten beschäftigen: Ioki. Die Elektro-Shuttle der Bahn-Tochter sind bereits in einigen Stadtteilen Hamburgs unterwegs und sollen bald auch nach Stormarn kommen.
In der Planung ist ein Testgebiet in der Gemeinde Brunsbek, aber auch in Ahrensburg signalisieren Stadtverordnete Interesse an dem Mobilitätsangebot. Welche Möglichkeiten es gibt, soll beim Termin Anfang 2020 diskutiert werden.