Ahrensburg. IHK fordert Kommunen auf, weitere Gewerbeflächen auszuweisen. Fachkräftemangel bereitet Firmen zunehmend Sorgen.
Der Kreis Stormarn bleibt als Firmenstandort enorm gefragt. „Deshalb ist es nötig, weitere Gewerbegebiete auszuweisen“, sagte Nils Thoralf Jarck, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, am Dienstag bei der Jahrespressekonferenz. „Erfolgreiche Unternehmen brauchen mehr Platz. Die Kommunen müssen etwas tun, um sie zu halten.“
Zudem gebe es in Hamburg viele Betriebe, die Interesse an einem Umzug ins Umland hätten. „Hamburg kümmert sich kaum um Firmen mit 20 bis 50 Mitarbeitern“, sagte Jarck. „Diese sind dankbar, wenn ihnen aus Stormarn Interesse entgegengebracht wird.“
Einige seien bereits im neuen Gewerbegebiet Beimoor-Süd II in Ahrensburg untergekommen. „Normalerweise vergehen zehn Jahre, bis so ein Areal komplett belegt ist“, sagte Jarck. „In diesem Fall wird es möglicherweise nur fünf Jahre dauern.“
Jede vierte Firma befürchtet negative Geschäftsentwicklung
Der Vorteil von Firmen dieser Größenordnung sei, dass sie meist inhabergeführt seien und deshalb sehr nachhaltig arbeiteten. „Sie halten zum Beispiel in schlechteren Zeiten länger an Mitarbeitern und dem Standort fest“, sagte Rüdiger Schacht, stellvertretender IHK-Hauptgeschäftsführer. Auch aus der Stadt Lübeck, in der der Platz für Gewerbeflächen wie in Hamburg begrenzt sei, drängten Firmen nach Stormarn. „Die Lage zwischen den beiden großen Städten ist einfach gut“, sagte Jarck.
Die Stimmung der Unternehmen im Bezirk der IHK zu Lübeck habe sich im Vergleich zum Jahreswechsel 2018/19 etwas eingetrübt, sagte Präses Friederike Kühn. Der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage zufolge rechnen nur 14 Prozent der Betriebe mit einer positiven Geschäftsentwicklung. Dagegen befürchten 23 Prozent der Befragten eine Verschlechterung. Im Vorjahr lag die Quote bei 19 Prozent. Belastungen für die Wirtschaft seien die Russland- und Iran-Sanktionen, die Handelspolitik der USA sowie der bevorstehende Brexit.
Der Brexit ist in Stormarn bisher kein großes Thema
Letzterer sei in Stormarn allerdings nicht so ein großes Thema, sagte Jarck. „Die hiesigen Unternehmen haben nicht so intensive Handelsbeziehungen zu Großbritannien.“ Eine weitaus größere Herausforderung sei der Fachkräftemangel. „Die Betriebe stellen weiterhin ein, daher haben wir in Schleswig-Holstein immer noch eine rekordverdächtige Beschäftigung“, sagte Kühn.
In Stormarn herrsche mit 3,1 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote in Schleswig-Holstein. „Wir merken täglich bei der Bewerbersuche, dass kaum noch jemand zu bekommen ist.“ Das bereite vielen Firmen große Sorgen. Ein Lösungsweg könne sein, die vorhandenen Mitarbeiter weiterzuqualifizieren. „Zudem sollte die Digitalisierung genutzt werden, um die Mitarbeiter von einfachen Aufgaben zu entlasten“, sagte Jarck.
Die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sinkt
„In zehn Jahren werden in Schleswig-Holstein 85.000 Fachkräfte mit dualer Ausbildung fehlen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Lars Schöning. Deshalb sei es wichtig, die Werbung für diese Form des Berufseinstiegs zu verstärken.
3860 aktuelle Ausbildungsverträge registrierte die IHK zum Jahresende. Das sei zwar eine hohe Zahl, so Schöning, aber auch ein Rückgang von 1,45 Prozent im Vergleich zu 2018. „Die Firmen wollen gern mehr ausbilden, es gibt noch freie Stellen in vielen Berufen.“
In einigen Branchen wirke sich der Fachkräftemangel bereits wachstumshemmend aus, sagte Schöning. Besonders gesucht würden Elektroniker, Mechatroniker sowie Fachkräfte für Lagerlogistik. „Dort gibt es inzwischen einen ähnlichen Abwerbungswettbewerb wie in der Hotel- und Gaststättenbranche.“ Auch der Mangel an Berufskraftfahrern werde immer größer. „Wenn wir dieses Problem nicht lösen, werden wir bald extreme Versorgungslücken bekommen“, sagte Schöning.
Viele Stormarner Firmen suchen nach einem Nachfolger
Er lobte, dass die Landesregierung an Gymnasien eine verpflichtende Berufsorientierung eingeführt habe. „Unternehmerisches Denken und Handeln fängt bereits in der Schule an“, sagte der Hauptgeschäftsführer.
„Schon lange haben wir einen intensiven Austausch zwischen Unternehmen und Bildungseinrichtungen gefordert, um den Jugendlichen eine praxisnahe Orientierung bei der Berufswahl zu geben.“ Geplant seien auch Ausbildungsbotschafter, die von der IHK unterstützt und gecoacht werden. Sie sollen in die Schulen gehen, um dort „auf Augenhöhe“ die Schüler über die jeweilige Ausbildung zu informieren.
Ein wichtiges Thema bleibe die Unternehmensnachfolge. Wie berichtet, steht im Kammerbezirk rund 2700 Firmen in den kommenden Jahren ein Wechsel an der Spitze bevor. „Es kostet unheimliche Überwindung, sein Unternehmen nach mehreren Jahrzehnten abzugeben“, sagte Jarck.
Deshalb werde der Prozess oft hinausgezögert. So lange, bis dem Chef schließlich keine andere Möglichkeit mehr bliebe, als die Firma abzuwickeln. „Da müssen wir aufpassen“, sagte Friederike Kühn. „Es muss uns gelingen, noch mehr junge Menschen für das Unternehmertum zu begeistern.“