Lütjensee. Schäden an alter Brücke verhindern Freigabe im Dezember. Umleitung durch die Gemeinde bleibt mindestens bis März.

Die B 404 bleibt zwischen den Anschlussstellen Lütjensee/Schönberg und Lütjensee/Grönwohld viel länger gesperrt als geplant. Beim dreispurigen Ausbau sind gravierende Mängel an der Brücke über die Grönwohlder Straße Zum Moor – eine Feldweg-Sackgasse zum Moorgebiet Kranika – entdeckt worden. Weil die Reparatur schwierig ist, kann die Bundesstraße nicht wie angekündigt am 22. Dezember freigegeben werden, sondern erst im Frühjahr 2020.

Verzögerung löst bei vielen Lütjenseern Entsetzen aus

Laut Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) schien die regelmäßig überprüfte Brücke in einem guten Zustand zu sein, sollte lediglich saniert und verstärkt werden. Doch die Arbeiter hatten beim Bau 1963 gepfuscht. Das kam erst im August ans Tageslicht, als der Fahrbahnbelag und die Kappen der Brücke abgetragen wurden. „Was die Bauarbeiter dort entdeckten, verwunderte Ingenieure und Brückenexperten des Landes gleichermaßen“, sagt LBV-Sprecherin Dagmar Barkmann. Die obere sogenannte Bewehrung – der eingelagerte Stahl – war falsch eingebaut. Sie lag erst in rund 20 Zentimeter Tiefe. „Zudem war die Bewehrung ohne Verbund zum umgebenden Beton“, so Barkmann.

Im Lütjensee hat die Verzögerung bei vielen der 3400 Einwohner Entsetzen ausgelöst. Seit neun Monaten quälen sich tagtäglich Tausende Autos, darunter etliche Lastwagen, auf der Umleitung mitten durch die Gemeinde. Jetzt müssen die Menschen noch einmal drei bis vier Monate Lärm, Gestank, Staus und häufig auch Raser aushalten.

Viele Autofahrer rasen an Grundschule vorbei

„Wir erwarten von Kreis und Land, die Belastungen so weit wie möglich zu reduzieren“, sagt Bürgermeisterin Ulrike Stentzler (CDU). Landesverkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) hatte sie vorab angerufen, um die schlechten Nachrichten persönlich zu erläutern. „Das ist eine enorme Belastung für alle Einwohner“, sagt Stentzler. „Anlieger der Hauptstraßen berichten, dass sie kaum noch richtig schlafen können.“

Wenn die Strecken nachts frei seien, rasten viele Fahrer mit deutlich mehr als Tempo 50 durch den Ort. An 30 km/h auf der von Schlaglöchern übersäten Hamburger Straße, an der auch die Grundschule liegt, halte sich auch kaum jemand. Sie sei dort bei dieser Geschwindigkeit schon überholt worden. „Letztens stand ich nachmittags eine halbe Stunde vor der Sanitärfirma Otto und konnte mich kaum unterhalten, weil Lkw in Kolonnen vorbeifuhren, aber nicht mit 30“, so Stentzler. „Und sonntags ist die Ortsdurchfahrt eine Rennstrecke.“

Bürgermeisterin fordert mehr und flexiblere Radarkontrollen

Die Bürgermeisterin fordert auch wegen der verlängerten Umleitungszeit häufigere Radarkontrollen. „Bei Standorten und Zeiten erwarte ich mehr Flexibilität“, sagt sie. Zudem sollten Lastwagen noch stärker auf die weiträumige Umleitung über die Autobahnen 1 und 24 geführt werden. „Aus Kiel kommend ist beispielsweise der Hinweis ,Berlin’ in unserer Richtung nicht durchgestrichen worden.“

An mehreren Stellen in Lütjensee stehen Tempoanzeigen mit lächelnden und traurigen Smileys, so an der Ortseinfahrt Grönwohlder Straße. Von dort berichtet eine Familie, dass vor allem morgens und abends gerast werde. Es sei schwer, „sein Kind morgens allein über die Straße zu lassen“. Helfen könne einzig ein Blitzer für den Rest der Bauzeit.

Ortsdurchfahrt soll 2020 wie vorgesehen erneuert werden

Laut der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg ist der Verkehr in Lütjensee während der gesamten Bauzeit überwacht worden, was auch künftig passiere. „Eine Auswertung über die Häufigkeit der Kontrollen und deren Ergebnisse im Detail kann nicht nachvollzogen werden“, so eine Sprecherin. Jedoch seien keine signifikanten Verstöße oder Schwerpunkte festgestellt worden.

Täglich sind auf der Bundesstraße 404 zwischen den Autobahnen 1 (Kreuz Hammoor) und 24 (Anschluss Schwarzenbek/Grande) durchschnittlich fast 21.000 Fahrzeuge unterwegs, darunter überproportional viele Lastwagen. Für den Bau von wechselseitigen Überholfahrstreifen auf dem vier Kilometer langen Abschnitt bei Lütjensee waren 9,1 Millionen Euro eingeplant worden. Wie viel mit der Brückenreparatur hinzukommt, steht nicht fest.

Auf die überfällige Sanierung der Hamburger Straße (Landesstraße 92) hat die jetzige Verzögerung wohl keine Auswirkungen: Die Strecke soll nächstes Jahr nach der Freigabe der B 404 von Grund auf erneuert werden.