Reinbek. Stadtverwaltung erteilt positiven Bescheid für Bauvoranfrage. Anwohner sorgen sich um 400 Jahre alte Eichen, die auf dem Areal stehen.

Auf dem waldähnlichen Grundstück an der Hamburger Straße in Reinbek stehen dicht nebeneinander zahlreiche Bäume. Darunter mehr als 400 Jahre alte Eichen, die als Naturdenkmal deklariert sind. Darauf weist das gelbe Schild mit schwarzer Eule hin. Anwohner sind jetzt in großer Sorge und fürchten einen Kahlschlag. Zwar existiert dort kein Bebauungsplan, dennoch könnte auch ohne ihn Wohnraum entstehen – nach Paragraf 34 im Baugesetzbuch, wonach sich ein Gebäude in die Umgebung einfügen muss. Eine Bauvoranfrage für zwei Einfamilienhäuser hat die Verwaltung positiv beurteilt samt entsprechendem Bescheid.

Vermessungsfirma sei bereits vor Ort gewesen

„Wir bemängeln, dass die Abstände zu den Bäumen nicht eingehalten und viele auch gefällt werden müssten“, sagt Ariane Quast Pohlman (54). Die Ergotherapeutin wohnt mit ihrem Mann seit vier Jahren in einem Haus angrenzend zu der Fläche. Einen Zaun gibt es dort nicht. Das Ehepaar hat bei der Stadt Widerspruch gegen den Bauvorbescheid eingereicht und die Sache im Vorfeld mit Nachbarn abgestimmt. Das Rathaus hat den Eingang bestätigt. In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Vorsorglich weise ich Sie darauf hin, dass es sich bei der Bearbeitung des Widerspruchs um eine kostenpflichtige Amtshandlung handelt. Im Falle der Ablehnung sind die Gebühren von Ihnen zu tragen.“

Quast Pohlman hat sich einen Auszug aus dem Liegenschaftskataster besorgt und beim Blick auf die Baufenster ob der Dimensionierung einen Schrecken bekommen. Sie sagt: „Wir sind keine Verhinderer mit Schaum vor dem Mund, wollen aber, dass gut geplant und alles geprüft wird. Mit nur einem neuen Haus auf der Lichtung könnten wir gewiss leben.“ Vor Kurzem sei dort eine Vermessungsfirma gewesen. Rote Grenzmarkierungen sind nahe den alten Bäumen im Boden installiert. Seitdem ist die Angst bei Anliegern noch größer.

Anwohner sprechen von verantwortungslosem Eingriff

„Wir machen uns auch Sorgen um die Tierwelt“, sagt Hiltrud Bentin (83), die seit 1972 hier lebt. Auch dieser Aspekt ist im Widerspruch aufgeführt: Die Rede ist von zahlreichen natürlichen Nist- und Brutbäumen und dem Vorhandensein von seltenen Waldorchideen auf dem Grundstück. Außerdem lebten in den hohen Nadelbäumen schützenswerte Fledermäuse.

„Sollte es zur massiven Abholzung kommen, würde Reinbek seinem Beinamen nicht gerecht werden“, sagt Ariane Quast Pohlman. Die Kommune schmückt sich auf ihrer Homepage mit dem Zusatz „Die Stadt im Grünen“. Den Bau von zwei Häusern bezeichnen auch andere Anwohner als verantwortungslosen Eingriff in die Natur.

Forum 21 weist auf Klimaschutzprogramm hin

Und was sagt die Stadtverwaltung zu dem Thema? Michael Vogt ist Abteilungsleiter Planung und Bauordnung . Er versucht, Druck vom Kessel zu nehmen: „Mir ist noch kein Bauantrag bekannt. Und wenn wir positiv bescheiden, kann es sein, dass zum Beispiel die Forstbehörde so ein Projekt ablehnt.“ Eine Fällgenehmigung für Bäume müsste dagegen die Stadt ausstellen. Kritik an der Vorgehensweise seiner Abteilung weist Vogt zurück: „Ich erkenne aus planungsrechtlicher Sicht keine Versagensgründe.“

Heinrich Dierking, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Forum 21, hat eine andere Sicht der Dinge und schlägt einen scharfen Ton an: „Die Erhaltung von Bäumen steht in unserem Klimaschutzprogramm. Das wird von der Stadtverwaltung missachtet. Wenn die Bäume fallen sollten, hielte ich das für einen Umweltfrevel.“

FDP stellt Antrag für einen Bebauungsplan

Die FDP wird auf der nächsten Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am 15. Oktober den Antrag stellen, einen Bebauungsplan für die Fläche an der Hamburger Straße aufzustellen. „Dann können wir steuern und schützenswerte Areale festlegen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Bernd Uwe Rasch und fügt hinzu: „Mir ist es am liebsten, wenn nicht gebaut wird.“ CDU-Fraktionschef Patrick Ziebke hat noch kein Detailwissen zu diesem Fall und wird am kommenden Montag in Vorbereitung auf den Ausschuss mit den Parteikollegen darüber beraten. Er sagt: „Es ist nachvollziehbar, wenn Menschen auf Grundstücken auch bauen. Die Nachfrage nach Wohnraum ist hoch. Wir müssen verträgliche Neuansiedlungen ermöglichen.“