Reinbek. Neu vorgestelltes Entwicklungskonzept für die Metropolregion empfiehlt Prüfung der Netzerweiterung.

Die Idee spukt seit Jahrzehnten in den Köpfen von Kommunalpolitikern und Verwaltungsmitarbeitern: eine Anbindung von Oststeinbek und Glinde an das Hamburger U-Bahn-Netz. Umsetzbar war das jedoch nicht wegen fehlender Wirtschaftlichkeit. Nun kommt wieder Bewegung in die Sache. Experten empfehlen eine Vorprüfung des Streckenausbaus der Linie U 2 von Mümmelmannsberg bis nach Stormarn. Das wäre auch ganz im Sinne des Glinder Bürgermeisters Rainhard Zug. Er sagt: „Wir haben immer noch die Hoffnung und den Anspruch auf einen Anschluss.“ Seine Kommune sei die einzige Stadt im Kreis ohne Schienenanbindung.

Das Thema steht jetzt wieder auf der Agenda, weil derzeit ein regionales Siedlungsstruktur- und Verkehrsentwicklungskonzept für den Bezirk Bergedorf, Südstormarn und den Süden des Kreises Herzogtum Lauenburg erstellt wird. Das Gebiet umfasst auch Barsbüttel, Trittau, Geesthacht und Büchen. Inklusive des östlichen Teils von Bergedorf leben dort rund 300.000 Menschen. Und es werden immer mehr ob der Stadtflucht aus Hamburg. Damit erhöhen sich auch die Pendlerströme in beide Richtungen. Deshalb brachten Bergedorf und das Mittelzentrum, bestehend aus Reinbek, Glinde und Wentorf, das Konzept auf den Weg. Es kostet rund 95.000 Euro. Mehr als die Hälfte steuert die Metropolregion bei.

Bis zu 140 Teilnehmer bei Zukunftswerkstätten

Seit Mai 2018 wird daran gearbeitet. Bei zwei Zukunftswerkstätten mit bis zu 140 Teilnehmern brachten Mitarbeiter von Verwaltungen, Kommunalpolitiker, Vertreter von Wirtschaftsverbänden und zum Beispiel des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Ideen ein. Ergänzend traf sich ein Arbeitskreis zu sieben Sitzungen, dem auch Mitarbeiter der Kreise, der Landesplanung Schleswig-Holstein sowie der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen angehören. Die Vorschläge münden in einem Gutachten, bei dem das Büro für Stadt- und Regionalentwicklung (BSR) mit Sitz in Hamburg federführend ist und von zwei weiteren Unternehmen unterstützt wird.

Wolfgang Oehler (Mitte) vom Büro für Stadt- und Regionalentwicklung (BSR) stellte im Reinbeker Schloss Zwischenergebnisse des Siedlungsstruktur- und Verkehrsentwicklungskonzepts für Bergedorf, Südstormarn und den Kreis Herzogtum Lauenburg vor. 
Wolfgang Oehler (Mitte) vom Büro für Stadt- und Regionalentwicklung (BSR) stellte im Reinbeker Schloss Zwischenergebnisse des Siedlungsstruktur- und Verkehrsentwicklungskonzepts für Bergedorf, Südstormarn und den Kreis Herzogtum Lauenburg vor.  © René Soukup

Drei Kernziele sind formuliert: Steuerung und Abstimmung der Siedlungsentwicklung im Wohnungsbau, bei Gewerbeentwicklung und Infrastruktur, die Stärkung der lokalen und interkommunalen Zusammenarbeit durch Einrichtung leistungsfähiger Institutionen in der Region sowie der Erweiterung des schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs inklusive Ausbau von Mobilitätsstationen mit Bushaltestellen, Car-Sharing und E-Bikes.

Kommunen und Bergedorf sollen sich also absprechen, wo was gebaut wird. „Und zwar verbindlich“, sagt BSR-Geschäftsführer Wolfgang Oehler. Er präsentierte im Reinbeker Schloss vor rund 100 Besuchern, darunter der Bergedorfer Bezirksamtsleiter Arne Dornquast und Detlev Hinselmann, Geschäftsführer der Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS), Zwischenergebnisse des Konzepts.

Auch S-Bahn-Verlängerung nach Geesthacht im Fokus

Es umfasst derzeit 56 Seiten mit diversen Handlungsempfehlungen – unter anderem die Prüfung der U-Bahn-Variante für Glinde. Bürgermeister Rainhard Zug war bei einer Zukunftswerkstatt anwesend, sagt: „Wir wollen mit dem Konzept einen neuen Anlauf nehmen. Neuschönningstedt sollte in die Planung einbezogen werden und Glinde damit nicht Endstation für die U-Bahn sein.“ Die Trasse und Korridore seien nach wie vor im Flächennutzungsplan der Stadt vermerkt. „Eine Realisierung wäre super für die Menschen aus der Region und auch aus Hamburg“, so der Verwaltungschef.

Schon vor Jahren war überlegt worden, eine U-Bahn-Linie auf der AKN-Strecke von Rothenburgsort über Tiefstack nach Boberg und von dort weiter nach Glinde oder sogar Neuschönningstedt einzurichten. Hamburg hatte damals abgewinkt. Und jetzt? Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum sagt dazu: „Das alles ist eine Entscheidung der Politik und auch eine Kostenfrage.“ Bei einem Förderantrag verlangt der Bund den Nachweis, dass der Nutzen höher ist als die Bausumme. WAS-Chef Detlev Hinselmann: „Ich finde es wichtig, dass man Alternativen zur Straße untersucht. Das ist ja ein langfristiges Projekt.“

Auch sieht das Konzept die Prüfung der U-Bahn-Erweiterung von Mümmelmannsberg über Lohbrügge nach Bergedorf vor. Das gilt genauso für die S-Bahn-Linie 21 vom Bahnhof Bergedorf über Wentorf und Börnsen nach Geesthacht. S-Bahn-Sprecher Christoph Dross wollte auf Abendblatt-Anfrage keine Stellungnahme zu einem solchen Projekt abgeben. Als Alternative ist in dem Dokument die alte AKN-Strecke bis nach Geesthacht aufgezeichnet. Das Gutachten soll im Oktober fertig sein. Politische Gremien in den Kommunen werden sich frühestens Ende 2019 damit befassen.