Ahrensburg. Der Hamburger Senat rechnet mit stark steigenden Kundenzahlen an vielen Haltestellen. Besonders betroffen: Rahlstedt und Wandsbek.

Die geplante neue S-Bahn-Linie 4 von Hamburg über Ahrensburg nach Bad Oldesloe könnte dafür sorgen, dass deutlich mehr Fahrgäste als bisher den öffentlichen Nahverkehr auf der Schiene nutzen. Davon geht der Hamburger Senat aus und bezieht sich dabei auf Auskünfte der Deutschen Bahn und des Nahverkehrsverbunds Schleswig-Holstein (Nah.SH).

In der Senatsantwort auf eine Schriftliche Kleine Anfrage (SKA) des Hamburger SPD-Abgeordneten Ole Thorben Buschhüter prognostizieren die Experten, dass sich die Zahl der Fahrgäste im Vergleich zur heutigen Regionalbahnlinie RB81, die durch die S4 ersetzt werden soll, fast verdreifachen wird – von täglich 24.500 im Jahr 2018 auf 71.600 allein im Streckenabschnitt vom neuen Bahnhof Claudiusstraße in Hamburg bis Bad Oldesloe.

Die größte Steigerung erwartet der Senat für Wandsbek: Derzeit steigen am Bahnhof Wandsbek von Montag bis Freitag im Schnitt jeden Tag 1500 Menschen ein und aus. Mit dem Bau der S4 soll die Station geschlossen und durch zwei neue Haltstellen an der Claudiusstraße und an der Bovestraße ersetzt werden. Für beide zusammen werden täglich 12.000 Fahrgäste prognostiziert – achtmal so viel wie bisher. Auch in Rahlstedt soll die Zahl der Bahn-Nutzer durch die S4 deutlich steigen – von heute rund 9800 auf künftig 17.000 Ein- und Aussteiger.

In Ahrensburg könnte sich Zahl der Fahrgäste fast verdoppeln

Auf Stormarner Gebiet dürfte die Steigerung insbesondere Ahrensburg betreffen. Grund: Hier soll neben den bisherigen Stationen Ahrensburg und Ahrensburg-Gartenholz ein zusätzlicher Halt Ahrensburg-West gebaut werden.

Der Senat hat in seiner Antwort die Fahrgastzahlen auch für die einzelnen Stationen aufgeschlüsselt. Demnach nutzten im Jahr 2018 täglich etwa 6800 Ein- und Aussteiger den Bahnhof in Ahrensburg. Die Station Gartenholz wird 1600 mal genutzt, in Bargteheide sind es 4000 und in Bad Oldesloe 2000. Der Haltepunkt Kupfermühle in Tremsbüttel verzeichnet täglich 200 Ein- und Ausstiege.

Zunahme auf 9300 Kunden

Diese Zahlen sollen laut der Prognose künftig deutlich steigen. So rechnen die Experten allein für den Bahnhof Ahrensburg mit täglich 9300 Ein- und Aussteigern – ohne den Regionalexpress, der weiterhin ohne Zwischenhalt von und nach Hamburg fahren soll. Im Gartenholz soll die Zahl auf 1900 steigen. Und für den neuen Bahnhof Ahrensburg-West gehen die Planer von täglich 4200 Fahrgästen aus, die zu den bisherigen Nutzern dazukommen. Für ganz Ahrensburg wäre das eine Steigerung von derzeit 8400 auf dann 15.400. Auch für die weiteren Stormarner Haltestellen werden höhere Nutzerzahlen erwartet: in Bargteheide 5500 (plus 1500), in Bad Oldesloe 3700 (plus 1700) und in Kupfermühle 600 (plus 400).

Damit dürfte sich eine der Erwartungen, die Politiker an die neue Linie haben, realisieren. „Vom Ausbau der S4 versprechen wir uns, dass mit einem solchen attraktiven Angebot deutlich mehr Pendler als bisher auf die umweltfreundliche Bahn umsteigen“, hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bürgerschaftsfraktion und Vorsitzende des Verkehrsausschusses, Ole Thorben Buschhüter, kürzlich formuliert, als das Hamburger Parlament – wie zuvor schon der Kieler Landtag – sich zur geplanten Trasse bekannte.

Bahnsteige sollen nun doch Dächer bekommen

So wie auf dieser Visualisierung könnte der neue Bahnhof Pulverhof in Hamburg aussehen
So wie auf dieser Visualisierung könnte der neue Bahnhof Pulverhof in Hamburg aussehen © DB Netz AG | DB Netz AG

Durch die Antwort des Hamburger Senats auf die SKA wurde zudem bekannt, dass die Bahnhöfe entlang der Strecke, die zum Teil völlig neu gebaut werden müssen, besser als bisher geplant mit Wetterschutz ausgestattet werden und teilweise Bahnsteigdächer bekommen sollen – wenn auch nur für einen Teil der geplanten Bahnsteiglänge.

In der Vorentwurfsplanung waren für den neuen Bahnhof Ahrensburg-West lediglich zwei Wetterschutzhäuser und kein Bahnsteigdach vorgesehen. Ein solches soll nun nach neuem Stand auf 42 Meter Länge errichtet werden. Auch die Bargteheider Passagiere sollen mehr Möglichkeiten bekommen, sich bei schlechtem Wetter unterzustellen.

Neue Wetterschutzhäuser

Statt der bisher geplanten zwei sind nun drei Wetterschutzhäuser vorgesehen. Und auf drei Bahnsteige verteilt sollen künftig insgesamt 77 Meter Bahnsteigdach vor Regen und Schnee schützen. Der Haltepunkt Kupfermühle soll zwei Wetterschutzhäuser bekommen.

Am Bahnhof Ahrensburg soll der bisherige Bestand an Dächern und Unterständen erhalten bleiben. Dort sind keine weiteren Maßnahmen geplant. Im Gartenholz sollen zwei Wetterschutzhäuser gebaut und die bestehenden Dächer nach dem Umbau wieder errichtet werden. Für Bad Oldesloe ist noch nicht klar, ob es über die bestehenden Anlagen hinaus weitere Schutzeinrichtungen geben wird.

Beschwerden über Verspätungen und Ausfälle nehmen zu

Die neue S4 wird bereits seit Jahren geplant und gilt als eines der zentralen Verkehrsprojekte im Norden. Ständig steigende Fahrgastzahlen führen zu einer hohen Auslastung der bisherigen Regionalbahnen. Gleichzeitig nehmen Beschwerden von Pendlern über Verspätungen und Zugausfälle auf einer der meist frequentierten Strecken im Norden zu. Die neue S-Bahnlinie, die nach bisherigem Planungsstand von 2027 an fahren könnte, soll aber nicht nur die Stormarner Städte und Gemeinden sowie die Hamburger Stadtteile besser anbinden, sondern vor allem auch den Hamburger Hauptbahnhof entlasten, der mit erheblichen Kapazitätsproblemen zu kämpfen hat. Durch den Bau neuer Gleise für die S-Bahn würde dort Platz für Fernverkehr geschaffen.

Zunahme des Güterverkehrs

Zudem wird die bestehende Strecke verstärkt für den Güterverkehr genutzt werden, der durch die ebenfalls geplante feste Fehmarnbeltquerung deutlich zunehmen wird. Diesbezüglich gibt es derzeit in Stormarn Bestrebungen, den Lärmschutz über die gesetzlichen Maßnahmen hinaus zu verbessern. Ein vom Kreistag ins Leben gerufener Arbeitskreis soll die Interessen der betroffenen Kommunen bündeln und gemeinsam gegenüber der Bahn und der dafür zuständigen Bundespolitik artikulieren.

Hinsichtlich der Finanzierung der neuen S-Bahnlinie gibt es unterdessen immer noch keine endgültige Lösung. Nach bisherigen Schätzung kostet das Projekt rund eine Milliarde Euro. Über die Aufteilung der Kosten verhandeln die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg mit dem Bund, der wegen der überregionalen Bedeutung den Großteil übernehmen soll. Laut Senatsantwort werden derzeit die erforderlichen Vertragsgrundlagen für die Verteilung der Investitionskosten erarbeitet. Es sei geplant, die Vereinbarung „noch im Jahr 2019“ final abzuschließen. Dafür sollen dann noch die Parlamente in Hamburg und Kiel beteiligt werden.

Zwei neue Gleise von Hasselbrook bis Ahrensburg

Das Projekt S4 beinhaltet den Bau einer zweigleisigen S-Bahn-Strecke von Hasselbrook bis Ahrensburg und den Bau einer eingleisigen S-Bahn-Strecke von Ahrensburg bis Ahrensburg-Gartenholz. Zwischen Hamburg-Altona und Hasselbrook soll sie die bereits vorhandenen S-Bahn-Gleise (S1/S11) mitnutzen, zwischen Ahrensburg-Gartenholz und Bad Oldesloe die bereits vorhandenen Fernbahngleise.

Die S4 soll dann zwischen Hamburg-Altona und Ahrensburg in der Hauptverkehrszeit im 10-Minuten-Takt fahren, bis Bargteheide im 20-Minuten-Takt und bis Bad Oldesloe im Stundentakt. Für die S4 sollen zudem zusätzliche Haltestellen errichtet werden, in Hamburg sind das Claudiusstraße (Wandsbek Rathaus), Bovestraße, Holstenhofweg und Pulverhof, in Stormarn der neue Bahnhof Ahrensburg West. 2020 soll der Bau beginnen, für 2025 ist ein Teilbetrieb bis Rahlstedt geplant. 2027 soll das Gesamtprojekt bis Bad Oldesloe fertiggestellt sein.