Hamburg/Berlin. Vier Millionen Autofahrten weniger. Der Ausbau des Bahnknotens Hamburg kostet Milliarden, entlastet aber die Umwelt – messbar.

Es ist eines der größten Infrastrukturprojekte des kommenden Jahrzehnts: Der Bund wird rund 1,9 Milliarden Euro in den Ausbau und die Sanierung des Bahnknotens Hamburg investieren. Dabei geht es vor allem um den Ausbau der S 4 nach Bad Oldesloe und um eine Beschleunigung und Kapazitätssteigerung des Personen- und Güterverkehrs durch den Ausbau der Schienenverbindungen in erster Linie im Süden Hamburgs.

Zum ersten Mal liegen nun konkrete Zahlen darüber vor, welche Auswirkungen die umfangreichen Baumaßnahmen für den Verkehr und die Umwelt haben werden. Das Bundesverkehrsministerium rechnet mit einer Verringerung der Kohlendioxid-Emissionen um 84.077 Tonnen aufgrund der Verlagerung der Verkehre von der Straße auf die Schiene. Das hat Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr, dem Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß in einem Brief mitgeteilt.

Wichtiger Beitrag zum Klimaschutz

„Im Großknoten Hamburg sind verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Kapazität und der Betriebsqualität vorgesehen. Diese sollen die Attraktivität des Schienenverkehrs erhöhen und Angebotsausweitungen ermöglichen“, heißt es in dem Brief, der dem Abendblatt vorliegt. Ferlemann rechnet damit, dass mehr als vier Millionen Personenfahrten pro Jahr vom Auto auf die Schiene verlagert werden.

Das entspreche einer Verringerung der Pkw-Betriebsleistungen um mehr als 95 Millionen „Personenkilometer“ – eine Maßeinheit, die sich aus dem Produkt der Anzahl der Personen in einem Auto und der zurückgelegten Wegstrecke ergibt. Umgekehrt erwarten die Verkehrsexperten des Ministeriums, dass der Schienenverkehr im Bereich des Bahnknotens Hamburg um rund 147 Millionen Personenkilometer anwächst.

Mehr als zwei Millionen Tonnen pro Jahr sollen beim Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Das entspricht laut Berechnungen des Ministeriums einer Verringerung der Lkw-Fahrten um gut 125 Millionen Kilometer und einer Erhöhung der Transportleistungen des Schienenverkehrs um 1,624 Millionen „Tonnenkilometer“.

Anders ausgedrückt: Wenn alle Baumaßnahmen abgeschlossen sind, werden auf der Strecke zwischen Hamburg-Horn und Harburg 192 Güterzüge täglich verkehren – 17 mehr als heute. Zwischen Harburg und Maschen sollen es dann 492 Züge (plus zehn) täglich sein.

„Die Zahlen zeigen, wie wichtig die von der Bundesregierung und der CDU/CSU-Fraktion unterstützten Bahn- und Infrastrukturprojekte für die Metropolregion Hamburg sind“, sagte der CDU-Abgeordnete Ploß. „Durch diese Investitionen in den Schienenverkehr leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, verbessern die Mobilität der Bürger, bauen den öffentlichen Nahverkehr aus und stärken gleichzeitig den Wirtschaftsstandort Deutschland.“

Das Nadelöhr Hauptbahnhof soll entlastet werden

Der größte Teil der Investitionen mit 1,14 Milliarden Euro soll in den Bau der S-Bahnstrecke S 4 Ost nach Bad Oldesloe mit separaten S-Bahn-Gleisen zwischen Hamburg-Hasselbrook und Ahrensburg fließen. Auch die S 4 West nach Elmshorn soll ausgebaut werden – unter anderem mit einer baulichen Entzerrung von S-Bahn- und Fernbahn nördlich des Bahnhofs Altona-Nord. Der Bahnhof Elmshorn erhält zusätzlich einen Bahnsteig und ein Gleis.

Der Hauptbahnhof soll durch eine zusätzliche Bahnsteigkante an Gleis 9 entlastet werden und in Wandsbek sollen drei neue Abstellgleise für S-Bahnzüge entstehen. Zudem soll auch die Verkürzung der eingleisigen Strecke zwischen Anckelmannplatz und Rothenburgsort die Leistungsfähigkeit und Stabilität des Hauptbahnhofs erhöhen.

Ein besonderes Projekt ist der Bau einer unterirdischen Verbindungskurve auf der Strecke Hamburg – Stade in Harburg mit einer Personenüberführung zum Bahnhof Hamburg-Harburg. „Dadurch kann die Nahverkehrsstrecke Hamburg Hauptbahnhof – Stade künftig ohne zeitaufwendigen Fahrtrichtungswechsel durchgeführt werden“, schreibt Ferlemann.

In Meckelfeld (Landkreis Harburg) und Wilhelmsburg, wo sich jeweils zwei Güterverkehrsstrecken kreuzen, sind neue Brückenkonstruktionen – in der Sprache der Ingenieure „Überwerfungsbauwerke“ – geplant, damit die Strecken unabhängig voneinander befahren werden können. Knapp ein Viertel der Gesamtkosten – rund 440 Millionen Euro – sind für Investitionen in bestehende Anlagen vorgesehen.

Probleme an Bahnknoten führen zu vielen Verspätungen

Anfang November hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Ausbau des Bahnknotens Hamburg in den vordringlichen Bedarf des „Bedarfsplans Schiene“ aufgenommen. Zugleich wurden auch die Bahnknoten Frankfurt am Main, Hannover, Köln, Mannheim und München in die Top-Kategorie des Bundesverkehrswegeplans 2030 hochgestuft. Insgesamt geht es um 29 Schienenprojekte, von denen 22 Neu- und Ausbauvorhaben sind. Damals sagte Scheuer, die Probleme an diesen Knotenpunkten seien für einen Großteil der Verspätungen im Zugverkehr verantwortlich. Insgesamt sollen sich die Kosten auf gut 5,5 Milliarden Euro belaufen.

Machbarkeitsstudie für U5 wird im Juni fertig

Die Verkehrsbehörde will die Machbarkeitsstudie für den Bahnanschluss der Stadtteile Osdorf und Lurup im Juni vorstellen. Nach Angaben der Behörde sollen die Ergebnisse der Bürgerschaft nach der Sommerpause zur Beratung zugeleitet werden. Zwei Streckenführungen werden untersucht: Die U-5-Variante („U 5 Nord“) soll vom Sie­mers­platz über Stellingen und die Arenen nach Westen führen.

Die alternative Variante sieht eine S-Bahn-Verbindung ( „S 32 Süd“) als Ausfädelung vom S-Bahnhof Diebsteich über die künftige Science City Bahrenfeld nach Lurup und Osdorf vor. Wann die Bauarbeiten beginnen, ist derzeit noch völlig offen. Die U-5-Bauarbeiten zwischen Bramfeld und der City-Nord sollen bereits 2021 starten.