Ahrensburg. Deutsche Bahn verdeutlicht in audiovisueller Schallsimulation, wie sechs Meter hohe Wände an den Gleisen die Belastung reduzieren.

Die an den Bahngleisen in der Ahrensburger Innenstadt vorgesehenen Lärmschutzwände können den Schallpegel der vorbeifahrenden Züge mehr als halbieren. Wie groß der Unterschied zum jetzigen Zustand ist, zeigt die Deutsche Bahn (DB) in einer audiovisuellen Schallsimulation. Das Video, das mit unabhängigen Experten vom Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in einem Wohngebiet in Bad Schwartau (Kreis Ostholstein) erstellt wurde, ist auf der Homepage zur Anbindung des Fehmarnbelttunnels zu sehen und zu hören.

„So kann sich jeder Bürger einen sehr realitätsnahen Eindruck verschaffen“, sagt Peter Mantik, Bahnsprecher für die beiden Großprojekte Fehmarnbelt und Neubau der S 4, die ab 2027 zwischen Hamburg-Hauptbahnhof, Ahrensburg, Bargteheide und Bad Oldesloe pendeln soll. Die Schallsimulation kann am PC, Tablet und Smartphone aufgerufen werden, ist im Infomobil der Bahn auch über Kopfhörer zu erleben.

Die Techniker waren mit 360-Grad-Panoramakamera und 14 Mikrofonen zum Test angerückt. In 25 Meter Entfernung von den Gleisen maßen sie bei einem Regionalzug einen sogenannten Vorbeifahrtpegel von bis zu 66 Dezibel (dBA). Mit einer sechs Meter hohen Schallschutzwand wären es lediglich bis zu 54 dBA. Ein längerer Güterzug käme an die 56 dBA heran. Menschen nehmen eine Verdoppelung der Lautstärke bei etwa zehn Dezibel wahr.

Obwohl es für die Ahrensburger in der Nähe der Bahngleise so ruhig wie seit Jahrzehnten nicht mehr werden könnte, gibt es erheblichen Widerstand gegen die Lärmschutzwände: Die Mauern seien mit bis zu sechs Metern viel zu hoch, verschandelten das Stadtbild, teilten den Ort in West und Ost. Fotomontagen mit hellgrünen Aluminiumwänden an Manhagener und Hagener Allee hatten heftige Proteste ausgelöst.

Bahn testet derzeit an sechs Orten Alternativmodelle

Eine Alternative zum grünen Aluminium: So können modern gestaltete Lärmschutzwände auch aussehen.
Eine Alternative zum grünen Aluminium: So können modern gestaltete Lärmschutzwände auch aussehen. © Bahn AG | bahn ag

„Mittlerweile sind unterschiedliche optische Varianten auf dem Markt, die die gesetzlich geforderte Schutzwirkung ebenfalls erreichen“, sagt Peter Mantik. Bundesweit seien Alternativmodelle an sechs Standorten im Praxistest. Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet. „Von einer attraktiveren Gestaltung könnte auch Ahrensburg profitieren.“ Eine andere Möglichkeit seien Pflanzen: Die dürfen zwar nicht direkt am Lärmschutz wachsen, könnten aber davor an Gerüsten in die Höhe ranken.

Der Bahnsprecher macht noch einmal deutlich, dass die Hinterlandanbindung für den Fehmarnbelttunnel nur von Puttgarden auf Fehmarn bis nach Lübeck reiche. Das hat das Bundesverkehrsministerium so festgelegt. „Für die Strecke Hamburg–Lübeck gibt es kein Projekt“, so Mantik. Und damit auch keinen Anspruch auf erweiterten Lärmschutz, wenn mit Belttunneleröffnung deutlich mehr Güterzüge über den Korridor Skandinavien–Mittelmeer rollen. Die Bahn gebe Steuergelder aus, müsse sich selbstverständlich an die Vorgaben halten. „Der Auftraggeber setzt den gesetzlichen Rahmen“, sagt Mantik, „wir bauen alles, was bezahlt wird.“

Route in vergangenen Jahren weniger befahren

Bis 1997 – der Eröffnung der Großer-Belt-Brücke in Dänemark und der Jütlandroute – seien deutlich mehr Güterzüge auf der Vogelfluglinie und damit auch im Kreis Stormarn unterwegs gewesen als derzeit. Täglich waren es bis zu 50. Laut Bundesverkehrsministerium sind es 84 im Jahr 2030.

Dass Ahrensburg als einzige Stadt an der Stormarner Strecke mehr Lärmschutz bekommt, liegt am Bau der S 4 und den dafür nötigen neuen Gleisen. Laut Berechnungen trifft der Bahnlärm direkt etwa 1800 Wohnungen und Häuser. Das entspricht rund 3600 sogenannten Schutzfällen, da die Grenzwerte meistens sowohl tags (6 bis 22 Uhr) als auch nachts (übrige Zeit) überschritten werden. Die Ahrensburger Zahl ist ähnlich hoch wie im gesamten Kreis Ostholstein, wo die 88 Kilometer lange Bahnstrecke größtenteils neu gebaut wird.

300 Wohnungen bräuchten zusätzlich Schallschutzfenster

Mit Lärmschutzwänden – in der Innenstadt sechs Meter hoch und im Bereich Brauner Hirsch drei Meter – können die Lärmwerte in 85 Prozent der Fälle eingehalten werden. Bei 300 Wohnungen müssten zusätzlich Schallschutzfenster und spezielle Lüftungen eingebaut werden. Zum Vergleich: In Bad Schwartau trifft dies etwa zwei Dutzend Häuser.

Ein weiteres Großprojekt ist der Einbau von Flüsterbremsen in alle Güterwaggons. Die alten Bremsklötze aus Grauguss rauen die Räder auf, was zu lauteren Rollgeräuschen führt. Ein neues Material verhindert das Aufrauen, wodurch Güterzüge etwa zehn Dezibel leiser werden. DB Cargo hat bereits zwei Drittel der rund 64.000 Güterwagen umgerüstet. „Im nächsten Jahr soll es die gesamte Flotte sein“, sagt Peter Mantik.

Er rechnet damit, dass auch alle anderen inländischen und europäischen Unternehmen nachziehen. „Die brauchen ja die Lizenz fürs deutsche Schienennetz und dürften sonst nur sehr langsam unterwegs sein oder müssten auf Nebenstrecken ausweichen.“

Weitere und möglicherweise auch übergesetzliche Verbesserungen möchte ein vom Verkehrsausschuss des Stormarner Kreistags initiierter Arbeitskreis erreichen. Darin kommen jetzt Vertreter aller Städte und Gemeinden zusammen, die an den Gleisen liegen. Sie wollen alle Lärmschutzvorschläge bündeln.

Einen ähnlichen Weg war auch die Region Ostholstein gegangen. Der dort aufgestellte Forderungskatalog mit einem Investitionsumfang von knapp 600 Millionen Euro (laut Bahnberechnung) wurde dem Bundesverkehrsministerium bereits übergeben und steht demnächst zur Beratung im Bundestag an.

Audiovisuelle Schallschutzsimulation im Internet auf www.anbindung-fbq.de unter der Rubrik „Mediathek“ und „Videos“

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