Ahrensburg. Bürger diskutieren über Streckenführung Richtung Hamburg. Verkehrsplaner wollen bis Ende 2020 Machbarkeitsstudie vorlegen.
Die 17,5 Kilometer bis zu seinem Arbeitsplatz in Hamburg-Ohlsdorf legt der Ahrensburger Bernd Rohde regelmäßig mit dem Fahrrad zurück. Dabei fährt der 54-Jährige meist über den Wulfsdorfer Weg aus der Schlossstadt raus. Eine Strecke, die bald zu einem Radschnellweg umgebaut werden könnte. Denn die Verbindung gehört zu den drei Trassenvorschlägen, die die Metropolregion Hamburg jetzt bei einem Ideen-Workshop im Peter-Rantzau-Haus zur Diskussion gestellt hat.
Fachleute aus Hannover erstellen zurzeit eine Machbarkeitsstudie für die geplante etwa 8,5 Kilometer lange Schnellstrecke von Ahrensburg nach Hamburg-Volksdorf. Elke Willhaus, Verkehrsplanerin beim zuständigen Ingenieurbüro PGV, sagt: „Während es in Dänemark und den Niederlanden schon viele solcher Wege gibt, sind sie in Deutschland noch relativ unbekannt.“
Freie Fahrt auf vier Meter breite Straßen
Die Zielgruppe seien Alltagsradfahrer – und damit vor allem Berufspendler wie Bernd Rohde. Sie sollen auf dem Radschnellweg mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 Kilometer pro Stunde sicher fahren können und von möglichst wenig Querungen ausgebremst werden. Die Fahrbahnen sind bis zu vier Meter breit, durchgängig asphaltiert, gut beleuchtet und werden im Winter zuverlässig von Schnee und Eis geräumt. „Wir bieten damit eine gute Alternative zum Umsteigen an, können dadurch die Straßen vom Autoverkehr entlasten“, sagt Willhaus. Diese Hoffnung verbindet auch die Stadt Ahrensburg mit dem Projekt. „Wir haben sehr viele Einpendler“, sagt Stephan Schott, Leiter des Tiefbauamtes. Durch das neue Gewerbegebiet Beimoor-Süd II werde die Zahl weiter wachsen, der Verkehr zunehmen.
Um möglichst viele Nutzer anzusprechen, wurde mithilfe einer Potenzialanalyse ein Korridor für die Streckenführung eingegrenzt. Der Gedanke dahinter: Wohngebiete, Schulen und Arbeitsplätze müssen nahe des Schnellwegs liegen. „Er soll in das bestehende Verkehrsnetz integriert werden und nicht isoliert abseits der Stadt entlangführen“, sagt Willhaus. Mit ihren Kollegen will sie nun innerhalb des Korridors den optimalen Streckenverlauf ermitteln. Außer der Verbindung über den Wulfsdorfer Weg schlagen die Experten zwei weitere Trassen vor: Die eine führt über den Katzenbuckel aus dem Stadtzentrum hinaus und dann entlang der U-Bahnlinie 1. Sie könnte auch den U-Bahnhof West anbinden – ein Wunsch, der von mehreren der knapp 40 Workshop-Teilnehmer geäußert wurde. Eine andere Möglichkeit: den Radweg an der Hamburger Straße errichten.
Es gibt Kritik an der Variante über den Wulfsdorfer Weg
Radfahrer Bernd Rohde schlägt noch eine weitere Trasse vor, und zwar direkt neben der geplanten S 4. „Durch den Bau haben wir eine Jahrhundertchance, die wir unbedingt ergreifen sollten“, sagt er. Die bisher verfolgten Varianten sehen einen Anschluss in Hamburg-Volksdorf an die 19,6 Kilometer lange Veloroute 6 vor, die vom dortigen U-Bahnhof bis zur Hamburger Innenstadt führt. Rohde wünscht sich dagegen eine direktere Verbindung in die City. „Zum Einkaufen, für Theaterbesuche oder andere Freizeitaktivitäten würde ich gern mit dem Fahrrad nach Hamburg fahren. Das ist bisher schlecht möglich.“ Ingenieur Peter Bischoff hält von einer „isolierten Strecke entlang der S-Bahnlinie“ nichts, sagt: „Damit würden wir die Nutzer-Potenziale nicht ausschöpfen.“
Die Workshop-Teilnehmer diskutieren kontrovers über die Trassenvorschläge. Der Wulfsdorfer Weg wird kritisch gesehen. „Er ist Teil des Vorbehaltsstraßennetzes und wird von Bussen und Rettungsfahrzeugen genutzt“, sagt der CDU-Stadtverordnete Eckehard Knoll. Schon aus diesem Grund sei dort der Bau eines vier Meter breiten Radwegs nicht realisierbar. Eine Anwohnerin aus dem Stadtteil Wulfsdorf will auch im weiteren Verlauf auf dem unbefestigten Weg entlang der Kleingärten keine Schnellstrecke für Radfahrer haben. „Das ist ein entschleunigtes Gebiet mit hohem Freizeitwert, in dem sich viele Kinder und Tiere aufhalten“, sagt sie. „Es passt nicht, wenn dort plötzlich Radfahrer mit 30 Kilometer pro Stunde durchrasen.“ Mehr Zustimmung gibt es für die Route entlang der U-Bahnlinie 1, allerdings auch nicht von allen. Jürgen Hentschke, Ortssprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), kritisiert: „Radfahrer müssten dort viel zickzack fahren. Sie suchen sich aber immer den direkten Weg. Deshalb glaube ich nicht, dass Einpendler aus Hamburg den Weg nutzen würden, wenn sie zum Gewerbegebiet wollen.“
Kosten betragen mehr als eine Million Euro pro Kilometer
Die Fachleute wollen die Anregungen aus dem Workshop bei der Machbarkeitsstudie berücksichtigen. Gleiches gilt für die rund 40 Vorschläge, die zuvor im Internet gemacht wurden. Daraus wollen sie bis Ende des Jahres eine Vorzugstrasse entwickeln. Die Machbarkeitsstudie mit einem Handlungs- und Umsetzungskonzept für die Kommunen soll bis Ende 2020 vorliegen. Denn letztlich ist es deren Aufgabe, den Bau umzusetzen. Dazu sagt Stephan Schott: „Ziel ist natürlich, den Radschnellweg auch zu realisieren.“ Er rechnet derzeit mit Baukosten von gut 1,2 Millionen Euro pro Kilometer.