Grüne und FDP wollen Gleichberechtigung auch in der Benennung der örtlichen Straßen. Am Ende siegt doch ein männlicher Name.

Der Diskussion um Gendergerechtigkeit hat der Haupt- und Sozialausschuss der Stadtvertretung Bargteheide jetzt eine neue, höchst skurrile Facette hinzugefügt. Dass zwei neue Straßen im Baugebiet Am Krögen klangvolle Namen bekommen sollen, nahmen Grüne und FDP zum Anlass zu schauen, welche namhaften Persönlichkeiten in Bargteheide auf diese Weise schon verewigt worden sind. Das Ergebnis ihrer Recherche: 27 Straßen sind nach Männern benannt, nur acht nach Frauen. In Prozent liest sich dieses „krasse Missverhältnis“ dramatischer: es lautet 77 zu 23.

Überraschend ist das mit einem Blick in die Geschichte keineswegs. Das Wahlrecht für Frauen gibt es erst seit 100 Jahren. Bis in die Gegenwart hinein dominieren Männer das Geschehen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, mit Abstrichen auch in der Kunst. Der Frauenanteil im Bundestag beträgt aktuell 30,7 Prozent, der geringste seit 20 Jahren. Selbst in der Stadtvertretung Bargteheide sind die Männer mit 20:12 in der Überzahl.

Kampf für Gleichberechtigung noch aktuell

Frauen müssen sich ihre gleichberechtigte Position in allen Bereichen der Gesellschaft nach wie vor mühsam erkämpfen. Ob dabei die Festlegung von Quoten hilfreich ist, sei dahingestellt. Dem schönen Geschlecht durch die fortwährende Benennung neuer Straßen nach ihren herausragendsten Vertreterinnen zu mehr Augenhöhe verhelfen zu wollen, erscheint indes fraglich. Aber genau das haben Grüne und FDP gefordert.

„Es werden so lange Namen berühmter Frauen vergeben, bis es gleich viele Straßen mit Frauen- und Männernamen gibt“, lautete ihr Petitum. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen und weil im B-Plan-Gebiet bislang überwiegend Kinderbuchautoren vertreten sind, standen im konkreten Fall sechs Autorinnen zur Wahl – und Michael Ende. Mehr als 20 Minuten debattierten die Ausschuss-Mitglieder, ob die Absolutheit der Forderung von Grünen und FDP sinnvoll sei. Bis sich eine Mehrheit dafür fand, die relativierende Klausel „mit Priorität“ ins Petitum zu heben. Angeblich konnten – bis auf zwei Abgeordnete der CDU – alle damit leben.

Politik missachtet eigenes Votum umgehend

Wie viel dieser Beschluss wert ist, zeigte sich bei der anschließenden Abstimmung über die Namensgebung für die beiden Flurstücke Am Krögen. „And the Winner is…“ – Michael Ende! Der 1995 verstorbene Schöpfer der „Unendlichen Geschichte“, von „Momo“ und „Jim Knopf“ verwies mit acht Stimmen die erst am 16. Januar dieses Jahres verstorbene Mirjam Pressler („Bitterschokolade“/7 Stimmen) und die Österreicherin Christine Nöstlinger („Der Zwerg im Kopf“/6 Stimmen) auf die Plätze.

Bei allem Respekt: So geben sich Kommunalpolitiker selbst der Lächerlichkeit preis. Wenn tatsächlich eine Mehrheit eine weibliche Namensgebung „mit Priorität“ goutiert, wie kann sich dann der einzige zur Wahl stehende Mann durchsetzen? Und warum muss man sich bei der Abstimmung, ob Straßen mit Personennamen künftig vorrangig „weiblich“ benannt werden sollen, enthalten, wie es drei Abgeordnete getan haben? Entweder ich bin dafür, oder ich bin dagegen, basta! Ein klares Nein wäre wohl das ehrlichere Votum gewesen.

Debatten mit solch einem Ausgang sind vergeudete Lebenszeit. Zum Glück wohnten dieser Sitzung nur wenige Besucher bei. Eine Werbung für konstruktive, problemorientierte Kommunalpolitik war sie jedenfalls nicht.