Oststeinbek. Anlieger müssen Umwege in Kauf nehmen – oder 10.000 Euro zahlen. Stattdessen stellen sie Strafanzeige wegen Erpressung.
Der Streit um die einst herrenlosen Zufahrten an der Straße Zum Forellenbach in Oststeinbek nimmt obskure Formen an: Jetzt blockieren die neuen Eigentümer, die die Wege für 6000 Euro im Internet ersteigert hatten, mit massiven Betonringen die Einfahrten. Wer die Eigner sind, ist nicht abschließend geklärt.
Makler markiert die Betonringe eigenhändig
„Ich wollte gerade zum Wochenmarkt fahren, als die Betonelemente mit einem Kran angeliefert wurden“, sagt Anwohner Dieter Schlenz. Seitdem parkt er seinen Wagen draußen an der Straße. Seine Garage wäre zwar über eine Nachbarzufahrt noch zu erreichen, aber das ist dem 82-Jährigen zu mühsam. Er müsste eine lange Strecke rückwärts fahren.
Der Immobilienmakler Wolfgang Dutiné aus der Region Frankfurt, der die Wege zum Verkauf anbietet, habe eigenhändig die Ränder der Ringe neonfarben markiert, sagt Schlenz. Seinen Angaben zufolge erhofft sich der Makler von den jetzt noch acht betroffenen Anwohnern jeweils 10.000 Euro für die Zufahrten.
Eigentümer will die Wege an die Anwohner verkaufen
Auf Nachfrage der Redaktion sagte Dutiné: „Ich will nur verhindern, dass Unbefugte das Grundstück nutzen.“ Ein Notwegerecht gilt seiner Ansicht nach nicht: „Die Flächen stehen zum Verkauf – bevorzugt an die Nachbarn“, sagte er. Seine Preisvorstellung orientiert sich mit 90 Euro pro Quadratmeter an der von Rohbauland, weil dort auch Parkplätze und Wege enthalten seien. „Wir würden es begrüßen, wenn sich die Nachbarn an uns wenden“, sagt der Makler im Namen der Eigentümer.
Doch daraus wird wohl nichts. Denn einer dieser Nachbarn, Helmut Seifert, hat den Verwaltungsrechtler Hans-Jürgen Ermisch aus Wohltorf eingeschaltet und eine einstweilige Verfügung beantragt. „Wird die Verfügung vom Gericht erlassen, setze ich sie durch“, erklärt der Anwalt. Dazu werde ein Unternehmen damit beauftragt, die Ringe abzutransportieren, die Kosten müsse der Schädigende erstatten. Zudem habe er auch Strafanzeige wegen Nötigung und Erpressung gestellt.
Von diesen Vorwürfen will Wolfgang Dutiné nichts wissen. „Solange sie mir schriftlich nicht vorliegen, sind diese Vorwürfe hypothetisch und ich sage nichts dazu.“ Er habe auch nicht den Eindruck, dass er die Anlieger unter Druck setze.
Hans-Jürgen Ermisch verhandelt wegen der Straßen auch mit der Gemeinde Oststeinbek und wegen der Leitungen mit dem zuständigen Zweckverband Südstormarn. Die Gemeinde Oststeinbek hatte es 2017 abgelehnt, die Wege nachträglich öffentlich zu widmen. Rechtlich sei die Angelegenheit eigentlich nicht schwierig, erläutert der Verwaltungsrechtler: „Auf dem Bebauungsplan Nr. 1 von 1970 sind die Stichwege als öffentliche Verkehrswege ausgewiesen.“ Dies sei Gesetz.
Für die Umsetzung ist die Gemeinde zuständig
Auch wenn der Erschließungsvertrag aus bisher nicht geklärten Gründen fehlgeschlagen sei, hätten die damals 16 betroffenen Eigentümer einen Anspruch auf Erschließung ihrer gemäß Baugenehmigung errichteten Häuser. „Eine Baugenehmigung aber darf nur erteilt werden, wenn die Erschließung gesichert ist“, erklärt Ermisch. Und zur Erschließung gehöre auch die Lage an einem öffentlichen Weg, damit die Häuser erreichbar seien. Etwas komplizierter sei vielleicht die Umsetzung, die Aufgabe der Gemeinde Oststeinbek sei: Der neue Eigentümer kann laut Ermisch eigentlich nichts fordern, da Verkehrswege keinen finanziellen Wert hätten. Für das Notwegerecht dürfe er kein Nutzungsentgelt fordern. Er müsse einsehen, dass er keinen Vorteil vom Erwerb der Zufahrten habe. Die Gemeinde könne ihm eine Entschädigung anbieten. Lehne der Eigentümer diese ab, könne die Gemeinde ihn notfalls enteignen.