Oststeinbek. Anlieger der Straße Zum Forellenbach sind verärgert. Sie haben jetzt einen Anwalt eingeschaltet, um die Gemeinde zu verklagen.
Die Situation um die einst herrenlosen Zufahrten zu den Atriumhäusern, die im Internet versteigert worden sind, lässt den Anwohnern der Straße Zum Forellenbach in Oststeinbek keine Ruhe. Im Gegenteil, die Lage wird immer bizarrer: Jetzt hat Anlieger Helmut Seifert zufällig im Internet ein Inserat entdeckt, in dem die schmalen Wege als „fast 1000 Quadratmeter Stellfläche für Pkw, Lkw, Wohnwagen, Wohnmobil etc.“ angeboten werden.
Wie berichtet, hatte sich ein „Grundstücksjäger“, eine Firma aus Brake bei Bremen, die etwa 100 Meter langen Zufahrten zu den Atriumhäusern angeeignet. Geld ist dafür nicht geflossen, da die Wege im Grundbuch ohne Eigentümer eingetragen waren. Das klingt dubios, ist aber legal.
Anlieger befürchteten, künftig Pacht zahlen zu müssen
Die 16 Anlieger, die bis 2010 sicher waren, ihre Zuwegungen seien öffentliche Straßen, waren stark verunsichert. Denn sie fürchteten schon, die Firma aus Brake könnte vorhaben, ihnen eine Pacht dafür zu berechnen, dass sie ihre Atriumhäuser und Garagen erreichen können. Die Firma aus Brake ließ die Stichstraßen im Oktober 2018 jedoch im Internet versteigern. „Ein Nachbar hat versucht, für uns Anwohner mitzusteigern, aber wir wollten nicht mehr als 1500 Euro ausgeben“, erzählt Helmut Seifert. „Nach zehn Minuten waren sie weg – für 6000 Euro.“ Käufer war offenbar der Yoriko Takui Grundstückshandel aus Birmingham, der als Anbieter des Online-Inserats bei www.immonet.de genannt wird.
Bürgermeister Jürgen Hettwer verweist auf das Notwegerecht
Dass der neue Eigner die Wege nun als Stellflächen – zumal für Lkw und Wohnmobile – anbietet, stellt die Nachbarschaft vor neue Sorgen. „Das wird wohl nicht gehen“, sagt Helmut Seifert. „Zumindest nicht auf den Straßen, die an unseren Häusern entlang führen. Schließlich müssen dort noch Rettungs-, Feuerwehr- und Polizeifahrzeuge durchkommen.“ Auch Bürgermeister Jürgen Hettwer geht davon aus, dass das Notwegerecht eingehalten werden muss, die Zufahrten nicht blockiert werden dürfen. „Ich fühle mit den Anwohnern, kann es rechtlich aber nicht ändern“, sagt Hettwer.
Wolfgang Dutiné, der die Zuwege im Auftrag des Yoriko Takui Grundstückshandels im Internet anbietet, sieht das etwas anders: „Das Notwegerecht müsste dort erst einmal geprüft und festgestellt werden“, sagt er. Er berichtet davon, dass seine Firma es öfter mit schwierigen Grundstücksverhältnissen zu tun habe.
Makler wartet auf Reaktionen der Anlieger auf sein Infopapier
„Wir sind eigentlich interessiert daran, an die Anwohner zu verkaufen, um eine optimale Lösung für sie zu erreichen“, erläutert der Makler. Zu diesem Zweck habe er Schreiben in die Briefkästen stecken lassen, bisher aber noch keine Reaktion erhalten. Eine konkrete Preisvorstellung habe er nicht, es gebe verschiedene Richtwerte: ob als Rohbauland, als Gewerbe-Stellfläche oder als nicht bebaubare Fläche neben einem bebaubaren Grundstück. Da die Anwohner offenbar kein Interesse hätten, habe er das Online-Inserat geschaltet.
Helmut Seifert erinnert sich zwar an ein „dubioses Schreiben“. Dies sei jedoch noch nicht einmal an ihn adressiert gewesen, und er habe es daher ignoriert. Er ärgert sich vor allem über die im Laufe der Zeit beteiligten Verwaltungen: „Da denkt man 50 Jahre, es ist alles in Ordnung, zahlt fleißig seine Steuern, und dann kommt so etwas dabei heraus.“ Die Gemeinde habe es versäumt, sie 1971 darüber zu informieren, dass ihre Straßen nicht öffentlich gewidmet worden sind. Eine nachträgliche Widmung habe sie 2017 abgelehnt. Der Oststeinbeker, der seit mehr als 50 Jahren dort lebt, weiß sich nun keinen Rat mehr: „Wir haben einen Anwalt eingeschaltet, um die Gemeinde zu verklagen“, sagt er. Sieben Nachbarn hätten sich dem bereits angeschlossen.
Verwaltungschef rät den Bürgern zum Rechtsweg
Laut Bürgermeister Jürgen Hettwer wäre die nachträgliche Widmung eine freiwillige Leistung gewesen. Denn für öffentliche Straßen würden den Rohren der Kanalisation im Durchmesser 20 Zentimeter fehlen. Die zur Erneuerung der Kanalisation notwendigen 80.000 Euro hätte die Gemeinde zum Zeitpunkt der politischen Entscheidung laut damaliger Satzung größtenteils noch über Straßenbaubeiträge der Nachbarschaft an der gesamten Straße Zum Forellenbach finanzieren müssen. Den Anteil von 52.000 Euro wollten die Politiker den Nachbarn nicht zumuten. Der Bürgermeister legte den Anwohnern den Rechtsweg ans Herz.