Glinde. Ex-Bürgermeister Hans-Peter Busch arbeitet bis zu 70 Stunden in der Woche für mehrere Organisationen. Seine Stadt liegt ihm am Herzen.
Viel Platz ist im zwölf Quadratmeter großen Arbeitszimmer von Hans-Peter Busch im ersten Stock seines Endreihenhauses inzwischen nicht mehr. Überall sind Ordner aneinandergereiht – in den Regalen an den Wänden und auf dem Boden. Auf dem Schreibtisch, in dessen Mitte ein Computer steht, liegen zahlreiche Din-A4-Zettel mit Entwürfen von Veranstaltungsplakaten. Hier verbringt der frühere Glinder Bürgermeister viel Zeit, weil er auch als Pensionär noch voll im Einsatz für seine Mitmenschen ist. Nur eben ohne Bezahlung. Der 70-Jährige ist wohl Stormarns Rekord-Ehrenamtler mit derzeit 15 Ämtern. Seit Weihnachten hat er eine 70-Stunden-Woche. Erst jetzt wird es weniger. „Ansonsten sind 40 Stunden die Regel“, sagt er.
Der Großteil der Papierflut in seinem Zimmer geht auf Buschs Wirken als Vorstandsmitglied des Vereins Stadtmarketing zurück. Die 65 Mitglieder zählende Organisation bereichert mit ihren vielfältigen Aktionen das kulturelle Angebot in der Stadt. Sie initiiert zum Beispiel den Glinder Fischzug – eines der größten Familienfeste in Stormarn am Mühlenteich, zu dem jedes Jahr mehr als 2000 Besucher kommen. Dazu den Bauernmarkt, die Jazztage, das Operettenkonzert und in diesem Jahr zum zweiten Mal das Classic Beat Festival. Die Planungen laufen parallel, sind insbesondere zwischen den Jahren sehr arbeitsintensiv – und Busch ist mittendrin statt nur dabei. Er entwirft Plakate sowie Flyer, erstellt Sponsoring-Vereinbarungen und verantwortet zum Beispiel die Pressearbeit.
Pflege der Internetseite von Verein ist die neue Aufgabe
Als Letztes kam noch die Zuständigkeit für den Internetauftritt hinzu. „Ich habe 400 Seiten der Homepage überarbeitet, alles in ein neues System eingebaut“, sagt der Rentner. Sein Vorgänger in dieser Funktion hatte einen Schlaganfall und ist seitdem erblindet. Busch bezeichnet den Mann als guten Freund und hat dessen Betreuung übernommen, wechselt sich im Wochen-Rhythmus mit einem weiteren Helfer ab. So erledigt er die Einkäufe, kocht oder ist einfach nur für Gespräche da. Ehrenamtlich aktiv ist Hans-Peter Busch unter anderem auch im Ortsverein des Deutschen Roten Kreuzes und als Vorstandsmitglied der Musikschule. Den Heimatverein gründete er genauso mit wie die Glinder Tafel.
Für jene setzt sich auch seine Frau Ursula (73) ein. Die beiden Söhne, 30 und 47 Jahre alt, sind bereits ausgezogen. Zeit für lange Urlaube haben die Buschs ob ihrer Aufgaben aber nicht. Sie bevorzugen Städtereisen bei einer Aufenthaltsdauer von maximal fünf Tagen. Barcelona hat es dem früheren Verwaltungschef besonders angetan. „Dort ist es städtebaulich sehenswert, und das Leben pulsiert 24 Stunden“, sagt er.
Seine Ehrenamtskarriere startete mit 14 Jahren
Der gebürtige Hamburger startet seine Ehrenamtskarriere im Alter von 14 Jahren als Jugendbetreuer in der Kirche und baut diese kontinuierlich aus. Aber warum? „Weil es nötig ist“, sagt Busch. Sein Vater habe ihn so erzogen und eingebläut, dass der Staat auf engagierte Menschen angewiesen sei. Leider sei ehrenamtliche Arbeit bei jüngeren Generationen nicht mehr so angesagt. „In der Gesellschaft gibt es heute einen ausgeprägteren Egoismus“, beklagt der frühere Tennisspieler, der sich jetzt auf dem Fahrradergometer oder mit Gymnastik fit hält.
Als 20-Jähriger zieht er nach Glinde und bekommt im Rathaus Einblick in Dokumente über Wachstumsszenarien der Stadt. „Es gab den Plan für einen Bevölkerungsanstieg auf 55.000 Menschen“, so Busch. Das will er nicht, wird deshalb politisch aktiv und tritt in die CDU ein. Er übernimmt den Fraktionsvorsitz, sein Geld verdient der Diplom-Sozialversicherungsfachwirt seinerzeit bei einer Berufsgenossenschaft.
1984 wird Busch hauptamtlicher Bürgermeister und bleibt 18 Jahre im Amt. Er stellt sich nicht zur Wiederwahl, zu stark hat die Gesundheit unter der Tätigkeit gelitten. „Meine beiden Amtsvorgänger sind im Job gestorben, das sollte mir nicht widerfahren.“ Trotzdem schwärmt er über seine Zeit als Verwaltungschef: „Das war für mich der erfüllendste Beruf, weil das Spektrum der Aufgaben so vielfältig ist.“
Im Cotton Club auf der Suche nach passenden Bands
Aus der Partei ist Busch mittlerweile ausgetreten, weil er nicht mehr mit der politischen Ausrichtung einverstanden war. Die Entwicklung der Stadt beschäftigt ihn noch immer. Der Verein Stadtmarketing hat sich bei der Erstellung eines Ortsmittenkonzepts eingebracht und eigene Ideen präsentiert, wie die Attraktivität der Innenstadt erhöht werden kann. „Wir müssen für Aufenthaltsqualität sorgen“, sagt Busch. Ihm schweben mehr inhabergeführte Geschäfte vor. „Außerdem benötigen wir zusätzliche Außengastronomie auf dem Markt. Banken müssen raus aus den Erdgeschossen von Gebäuden.“
Busch ist deutlich in seinen Formulierungen, aber immer zuvorkommend im Auftreten und diplomatisch. Eigenschaften, die hilfreich sind, um Menschen für Projekte zu begeistern. SPD-Fraktionschef Frank Lauterbach kennt Busch noch aus früheren Zeiten, sagt über ihn: „Er ist fleißig und ein Glinder mit ganzem Herzen. Wir haben uns politisch auseinandergesetzt, aber er war immer fair. Ich schätze ihn sehr.“
In seiner Freizeit verbindet Stormarns Rekord-Ehrenamtler das Angenehme mit dem Nützlichen. Zweimal im Monat besucht der Jazz-Liebhaber mit Freunden den Cotton Club in Hamburg – auch um Bands zu hören zwecks Rekrutierung für Glinder Veranstaltungen.