Ahrensburg. Zwei Beispiele, die Schule in der Ahrensburger City machen könnten. Existenzgründer klagen über hohe Mieten.
Nur ein paar Schritte trennen die Eingänge mit den Hausnummern 15 und 17 an der Hagener Allee in Ahrensburg. Im Herrenhaus von Ewa und Sven Leya werden zu Jazz-Klängen Espresso und feiner Zwirn gereicht. Im Koti nebenan laden die gebürtige Finnin Riikka Wartiainen und ihr Mann Sven Reinhart Kunden auf eine Reise in die Designwelt Skandinaviens ein. Vier Inhaber, zwei Paare und zwei Beispiele für individuelle Konzepte, die Kunden auch in der Zeit des Internethandels in Innenstädte locken.
„Wir haben unsere Nische gefunden“, sagt Sven Reinhart. Vor fünf Jahren haben seine Frau und er Koti zunächst als Showroom für Design aus dem hohen Norden in der Nähe des Rondeels an der Hagener Allee eröffnet. Aus dem Ausstellungsraum wurde ein Verkaufsraum. Neben dem stationären Handel betreibt das Paar auch einen Onlinevertrieb. Über den verkaufen die beiden auch nach Hamburg. Ihr Erfolgsrezept beschreiben sie so: „Wir verkaufen Klassiker, zu denen wir eine Geschichte erzählen können. Skandinavische Marken und nicht Dinge, die in China produziert werden.“
Kaufleute klagen über zu hohe Mietforderungen
Mittlerweile sind sie mit ihrem Laden an den hinteren Teil der Hagener Allee gezogen. Das ist kein Zufall. Denn dort, wo noch 2011 rund 900 Quadratmeter Ladenfläche leer standen, waren die Mieten bezahlbar. „Die toten Läden von Ahrensburg“, titelte das Abendblatt damals. Der Befund: Kaufleute klagen über zu hohe Mietforderungen, viele Geschäfte in der City stehen leer, Existenzgründer haben es schwer.
Heute hat sich die Lage zumindest den Leerstand betreffend entspannt. „Wir haben in Ahrensburg knapp fünf Prozent nicht vermietete Gewerbeflächen“, sagt Götz Westphal, Vorsitzender der Kaufleutevereinigung Ahrensburger Stadtforum. „Damit stehen wir im bundesweiten Vergleich sehr gut da.“
Kaufleute und Gastronomen, die sich mit ihren Ideen in der City verwirklichen wollen, klagen aber weiterhin über schwere Startmöglichkeiten in der Schlossstadt. Richtung Rondeel würden teilweise Mieten über 30 Euro pro Quadratmeter aufgerufen, sagt Sven Reinhart.
Mietverträge haben oft eine Laufzeit von fünf Jahren
Dunja Paasch, Chefin bei Paasch Immobilien und Sprecherin der Interessensgemeinschaft Hagener Allee, schätzt die Mieten für Ladenflächen in Ahrensburg auf zwölf bis 26 Euro pro Quadratmeter. Richtung Rondeel könne es teurer werden. „Die Preise unterscheiden sich je nach Lage und Größe deutlich“, sagt sie, „auch wenn manchmal nur ein Haus dazwischen liegt.“ Erschwerend kommt laut Sven Reinhart hinzu, dass Mietverträge häufig über fünf Jahre laufen: „Man muss Existenzgründern eine Chance geben.“
Dass es in Ahrensburg immer mehr Friseure und Bäcker, dafür aber relativ wenig Gastronomie gebe, betrachten die Inhaber mit Sorge. „Ahrensburg ist so eine schöne Kleinstadt mit Schloss, es fehlen die kleinen Cafés und netten Restaurants“, sagt Riikka Wartiainen. „Ein gesundes Geschäft braucht eine gesunde Straße“, findet Sven Leya.
Auch der Herrenausstatter sieht Potenzial für kleine inhabergeführte Geschäfte. „Stormarner wollen gar nicht in die Hamburger Innenstadt fahren“, sagt er. „Wenn man mit Herzblut dabei ist, kann es funktionieren.“ Im Herrenhaus verkaufen die Leyas nicht nur eine Ware, sondern ein Erlebnis, sagen sie. In netter Atmosphäre gibt es kompetente und persönliche Beratung etwa eine profunde Lehrstunde im Krawatte- und Schleifenbinden.
Ein kleines Notizbüchlein hilft Leya, der viele Jahre als Einkäufer beim englischen Bekleidungsgeschäft Ladage & Oelke am Neuen Wall gearbeitet hat, das Geschäft nach den Wünschen der Ahrensburger Kunden zu gestalten. Hinzu kommen Events: ein Whiskey-Tasting oder die „Lady Days“ – drei Wochen, in denen die Leyas auch mit Damenmode beliefert werden. Sie hätten auch Glück gehabt, sagen sie: einen Vermieter etwa, der sich auf Verhandlungen eingelassen hat.
CDU, Grüne und Linke finden Stadtmarketing zu teuer
Wenige Schritte weiter liegt die Manhagener Allee. Gerade das Stück hinter der Einmündung Neue Straße ist heute aus Einzelhändlersicht wohl das schlechteste Pflaster der City. „Es siedeln sich aber immer mehr Läden an“, sagt Götz Westphal. Bis zum Sommer soll eine Filiale der Kaufhaus-Kette Woolworth eröffnen, die mit einem breiten und preiswerten Sortiment Kunden in die Straße bringen soll. „Ein Frequenzbringer“, sagt Westphal. „Alle Beteiligten tun ihr Bestes, dass es in der Innenstadt noch besser wird.“ Westphal meint damit auch Politik und Verwaltung. Bis jetzt hatten sie gemeinsam an einem Stadtmarketingkonzept gearbeitet, das die City beleben soll, aber nur schleppend vorankam. Am Donnerstag traf sich die sogenannte Steuerungsgruppe zuletzt, um das weitere Vorgehen zu beraten.
Abgestimmt werden sollte die Organisationsform des Marketings: Verein oder GmbH. Der letzte Schritt vor Start des operativen Geschäfts. Die Gruppe hat sich auf eine GmbH geeinigt. Doch das Projekt droht jetzt an der Politik zu scheitern: CDU, Grüne und Linke, die im Stadtparlament die Mehrheit stellen, finden die Kosten zu hoch. 260.000 Euro im Jahr sollen es nach Abendblatt-Informationen sein. Es gebe Wichtigeres, so ihre Argumentation: die Sanierung der Schulen etwa, Kita-Plätze und der Bau des neuen Hallenbades.
Kaufleute wollen mehr Unterstützung von der Stadt
Die Kaufleute wünschen sich hingegen schon lange mehr Unterstützung von Stadt und Politik. Zwar gebe es mit der Interessensgemeinschaft Hagener Allee eine gute Privatinitiative, die Geschäfte mitunter zu Aktionen vernetzt. Der Austausch mit den anderen Kaufleuten bleibe jedoch weitgehend aus, berichtet Sven Reinhart. „Außerdem brauchen wir eine gute Infrastruktur und dazu gehören auch Parkplätze“, sagt der Unternehmer, der sich außerdem darüber ärgert, dass er eine Fläche des Bürgersteigs mieten muss, um dort ein Schild aufzustellen. Als Händler fühle er sich oft als Einzelkämpfer.
Wie die City sich verändert, liege seiner Ansicht aber auch in den Händen der Kunden. „Jeder muss sich an die eigene Nase fassen. Wenn wir nicht wollen, dass die Innenstädte aussterben, dann müssen wir vor Ort einkaufen.“