Ahrensburg/Reinbek. In Stormarn verübten Verbrecher 118 Taten im Dezember. Beamte leisten Präventionsarbeit in Ahrensburg, Reinbek und Umgebung.

Worauf achten Einbrecher, die nach geeigneten Häusern Ausschau halten? Diese und weitere Fragen haben Polizisten in Stormarn am Dienstag beantwortet. Die Beamten gingen durch Wohngebiete in Ahrensburg, Ammersbek und Reinbek, wiesen Anwohner auf Schwachstellen an Häusern und Wohnungen hin.

„Das sieht hier verlassen aus“, sagt ein Ahrensburger Polizist und zeigt auf ein Haus an der Christel-Schmidt-Allee. Die Plissees an den Fenstern sind zugezogen. Licht ist in den Räumen nicht zu erkennen. Eine ältere Frau öffnet die Tür, wirkt irritiert. „Ist was passiert?“, will sie wissen. Polizeianwärter Wolf beruhigt die Dame. Der 22-Jährige erklärt der Ahrensburgerin, warum ihr Haus in den Fokus der Beamten geraten ist. „Zum Garten hin haben Sie einen Bewegungsmelder, das ist schon mal gut“, sagt Wolf. Doch neben einer guten technischen Sicherung spiele eben auch das Verhalten der Bewohner eine entscheidende Rolle.

Vorsorge ist besser als Nachsorge

Ein voller Briefkasten signalisiert, hier ist seit Längerem niemand mehr zu Hause ist.  Polizeianwärter Wolf hinterlässt diese Erkenntnis als Nachricht.
Ein voller Briefkasten signalisiert, hier ist seit Längerem niemand mehr zu Hause ist. Polizeianwärter Wolf hinterlässt diese Erkenntnis als Nachricht. © Dorothea Benedikt | Dorothea Benedikt

Die Polizei hofft, mit dieser Aktion Menschen zu mehr Prävention motivieren zu können. „Ziel ist, dass Taten nur Versuche bleiben“, sagt Gerd Dietel, der bei der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion in Ratzeburg dafür zuständig ist. 675 Einbrüche hat die Polizei im Jahr 2017 nach jüngsten Erhebungen registriert. Knapp 300 Taten waren Versuche. Dietel: „Anhand dieser Zahlen merken wir, dass sich die Menschen jetzt besser schützen.“

In der dunklen Jahreszeit sind Einbrecher verstärkt unterwegs. Auch das belegt die Statistik. Allein im Dezember 2018 wurden kreisweit 118 Einbrüche angezeigt. Deswegen verstärkt die Polizei gerade ihre Präsenz. Jörg Marienberg, Vize-Chef der Ahrensburger Polizeiwache, zeigt auf eine Landkarte, auf der zwölf rote Punkte zu sehen sind. „Die Einbrüche der vergangenen zwei Wochen“, sagt der Polizist, der betont, dass Ahrensburg weiter die Hochburg der Einbruchskriminalität im Kreis ist.

Fünf Einbrüche sind der Grund für Rundgang in Ammersbek

„Fünf Einbrüche gab es in Ammersbek“, sagt Marienberg. Deswegen sind am Dienstag neben zwei Fußstreifen in Ahrensburg auch dort Polizisten unterwegs gewesen. Auch in Stormarns Süden, in Reinbek und Umgebung, waren 17 Beamte auf Präventionsstreife in Wohngebieten auf Tour. Jochen Sohrt, Hauptkommissar in Reinbek, sagt: „In den meisten Fällen nutzen Einbrecher Terrassentüren und -fenster.“ In Reinbek gibt es nach Ahrensburg die meisten Einbrüche. „Das Aufhebeln von Fenstern und Türen bleibt die häufigste Variante. Das geht am schnellsten.“ Nach neuen Daten gehen die Verbrecher in 85 Prozent der Fälle nach dieser Methode vor. In neun Prozent schnitten sie den Kittfalz des Fensters auf, eine anderen und recht verbreiteten Vorgehensweise. „Es wurde auch schon ein Kind durch ein Gäste-WC-Fenster gesetzt. Oder Dachziegel wurden abgedeckt. Das sind aber Ausnahmen“, sagt Sohrt. Die Zahl der Einbrüche sei derzeit etwa wieder auf dem Niveau von vor zehn Jahren zurückgegangen. „Der Kontrolldruck und die Prävention zeigen Wirkung.“

Ein großer Fehler, den Hauseigentümer immer wieder machen: Sie sorgen nicht für ausreichende Beleuchtung. „Der Dieb will weder erkannt werden, noch auf einen Bewohner treffen“, sagt Sohrt. Teil der Abschreckung sei auch eine intensivierte Spurensicherung. Dadurch habe sich die Aufklärungsquote verbessert. „Bei den Tätern handelt es sich oft um Mitglieder organisierter Banden, die für ihre Diebestour extra nach Stormarn kommen“, so der Hauptkommissar. Dabei veränderten sich die Tatmuster deutlich. Wurde früher vor allem nachts eingebrochen, werden die Taten heute vor allem zwischen 13 und 19 Uhr verübt. Und das zumeist freitags und sonnabends (mehr als 20 Prozent der Taten). Der Sonntag ist mit sechs Prozent der bei Einbrechern unbeliebteste. „Wer Rollläden hat, sollten sie bei Abwesenheit auch tagsüber herunterlassen“, so Sohrt. Worauf haben es die Diebe abgesehen? Sohrt: „Besonders auf Bargeld, Münzen und Schmuck. Beute, die sie leicht mitnehmen können.“

In der Dämmerung wird klar, wer zu Hause ist

Im Ahrensburger Villenviertel fällt den Beamten ein Haus auf, an dem der Postkasten überquillt. „Da sind mehrere Zeitungen drin“, sagt Nadine Hamm, die weiß, dass dies wie eine Einladung für Einbrecher wirkt. Sie klingelt, niemand öffnet die Haustür. Die Bewohner sind offenbar seit Tagen nicht daheim. Auf einem Vordruck notieren die Beamten die Erkenntnis, stopfen das Papier in den Briefkasten. „Sobald es dunkel wird, ist zu sehen, wer zu Hause ist“, erklärt Polizistin Hamm einer Frau, die erst kürzlich mit Familie in ein neues Haus in Ahrensburg gezogen ist. „Die meisten Taten werden hier zwischen 17 und 21 Uhr verübt“, sagt die Beamtin. Die Anwohnerin sagt: „Dann sollten wir die Alarmanlage einschalten, auch wenn wir nur kurz einkaufen fahren.“

Eine Anwohnerin der Straße Sommerpark sagt den Polizisten, sie habe vorgesorgt. Sicherere Fenster und Türen sowie ein Alarmsystem, das sie und ihren Mann per SMS benachrichtigt. Das loben die Beamten, betonen aber auch, dass Alarmanlagen auch nur dann etwas bringen, wenn auch Nachbarn die Polizei rufen. „Wir kommen im Zweifel lieber einmal zu viel als zu wenig.“

Eine Seniorin will den Ausweis der Beamten sehen

Zurück in Reinbek: Der Rundgang mit Polizeikommissar-Anwärter Jonas Ahrens führt in ein Villenviertel im Grenzgebiet zu Wentorf. Dort stehen ältere Häuser auf schwer einsehbaren Grundstücken. „Aber viele sind gut gesichert“, sagt Ahrens. Er klingelt an einem Haus mit älteren Holzfenstern, wird hereingebeten. Bewohner Pepe Hartmann: „Bei uns ist vor rund zehn Jahren durch das Küchenfenster eingebrochen worden.“ Ein Rundgang zeigt, dass die Fenster inzwischen mit zusätzlichen Sicherungen am Rahmen geschützt sind. „Und die Rollos lassen wir herunter, sobald wir das Haus verlassen.“ Pepe Hartmann bewohnt das Haus zusammen mit seiner Mutter. Die rüstige Seniorin ist auf der Hut, will prompt den Ausweis des uniformierten Beamten sehen. Das gefällt Ahrens, er sagt: „Das ist genau das richtige Verhalten.“

Die Präventionsarbeit der Beamten kann auch anstrengend sein. Denn nicht überall werden die Polizisten so zuvorkommend und höflich empfangen. „Dabei sage ich immer gleich, dass es nichts Schlimmes ist“, so Ahrens. In einem Haus heißt es: „Kein Bedarf!“ Andere sagen: „Wir melden uns, wenn etwas ist.“ Doch hier wird ein eben noch gekipptes Terrassenfester sofort nach dem Besuch der Polizisten geschlossen.

Viele Anwohner haben Erfahrung mit Einbrechern

Der Wentorfer Thomas Bönisch würde seine Fenster gern besser sichern, sein Vermieter lasse das jedoch nicht zu.
Der Wentorfer Thomas Bönisch würde seine Fenster gern besser sichern, sein Vermieter lasse das jedoch nicht zu. © HA | Marc R. Hofmann

Auf offene Ohren stoßen die Beamten bei Thomas Bönisch in Wentorf. Er sagt: „Ich würde meine Fenster ja gern nachrüsten lassen, mein Vermieter will das aber nicht.“ Weniger Meter weiter lebt Anwohnerin Heike Gercke. Zweimal ist sie bereits Opfer von Einbrechern geworden. Zuletzt gingen die Verbrecher wenig zimperlich vor: „Mit einem Spaten haben sie ein Fenster eingeschlagen, Bargeld gestohlen und das Zimmer meiner Tochter verwüstet.“ Das Mädchen habe sich danach monatelang nicht mehr dort hineingetraut. Polizist Ahrens sagt: „Angst vor Einbrechern müssen Sie nicht haben.“ Treffen die Täter auf Bewohner, ergreifen sie in der Regel die Flucht, so der Beamte.

Ute Fischer stellt ihre Mülltonnen künftig hinter dem abgeschlossenen Gartenzaun auf, damit diese nicht als Tritthilfe dienen können.
Ute Fischer stellt ihre Mülltonnen künftig hinter dem abgeschlossenen Gartenzaun auf, damit diese nicht als Tritthilfe dienen können. © HA | Marc R. Hofmann

Viele Anwohner in den Villenvierteln von Reinbek und Umgebung haben schon böse Erfahrungen gemacht. „Ich schätze, dass 50 Prozent zumindest einen Einbruchversuch erlebt haben“, sagt der Beamte und bekommt Recht, als er bei Ute Fischer klingelt. „Bei mir drang jemand durch die Terrassentür ins Haus ein, als ich im Garten war.“ Ihr Haus sei jetzt gut gesichert, doch eine Sache fällt Ahrens auf: „Stellen Sie Ihre Mülltonnen besser hinter den abgeschlossenen Gartenzaun.“ Die könnten als Kletterhilfe zu den Fenstern genutzt werden. „Danke“, sagt Fischer und fügt hinzu: „Es ist gut, dass Sie da sind.“