Bargteheide. Der CDU-Kreisvorsitzende Tobias Koch ist einer der Delegierten. Er fragte vor dem Parteitag die Mitglieder nach ihrem Wunschkandidaten.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Jens Spahn oder Friedrich Merz – wer soll die Nachfolge von Angela Merkel an der Spitze der CDU antreten? Darüber wird heute beim 31. Parteitag in Hamburg entschieden. Im Vorfeld des mit Spannung erwarteten Großereignisses haben sich auch die Stormarner Christdemokraten mit der Kandidaten-Frage beschäftigt.

Bei einer für alle Mitglieder offenen Sitzung des Kreisverbandsausschusses im Bargteheider Ganztagszentrum, zu der Stormarns CDU-Chef Tobias Koch eingeladen hatte, stimmten die Anwesenden über ihren Favoriten ab. Das Votum fällt eindeutig aus: 8o Prozent (32) stimmten für Friedrich Merz, 20 Prozent (acht) entfielen auf Annegret Kramp-Karrenbauer. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ging bei der Abstimmung leer aus.

Lebhafte und kontroverse Diskussion der Mitglieder

Vorausgegangen war dieser Entscheidung eine lebhafte und engagierte Diskussion, die ganz im Sinne des Kreisvorsitzenden war. Auf diese Weise konnte sich Koch einen umfassenden Eindruck vom aktuellen Stimmungsbild der Basis verschaffen. Vor der Sitzung sagte er: „Ich habe keinen Tipp, welcher der drei Kandidaten als Favorit aus der heutigen Abstimmung hervorgehen wird.“ Er selbst sei sich noch unschlüssig und erhoffe sich jetzt ein klares Votum der Basis als Entscheidungshilfe.

Tobias Koch ist der einzige Delegierte aus Stormarn, der beim Parteitag als einer von 1001 Stimmberechtigten mitentscheiden darf, wer künftig den CDU-Vorsitz übernimmt. Dafür könnte sich seine Stimme bei einer 50/50-Entscheidung der anderen Delegierten aber als Zünglein an der Waage erweisen, merkte er humorvoll an.

Koch zollte Merkel Respekt für ihre Entscheidung

Tobias Koch stimmte die versammelten Parteimitglieder auf die Diskussion ein.
Tobias Koch stimmte die versammelten Parteimitglieder auf die Diskussion ein. © Elvira Nickmann | Elvira Nickmann

Zu Beginn des „kleinen Parteitags“ stimmte der sichtlich gut gelaunte Kreisvorsitzende alle noch einmal darauf ein, worum es an dem Abend gehen sollte: „Am 29. Oktober hat die laut Forbes-Magazin mächtigste Frau der Welt für sich entschieden, nicht mehr für den Parteivorsitz zu kandidieren.“ Dafür zolle er Angela Merkel den allergrößten Respekt. Er zog den Vergleich zu Helmut Kohl, der bis zum Schluss an allen Ämtern festgehalten habe. Die Bundeskanzlerin stelle dagegen die Interessen des Landes und der Partei über ihre eigenen und nehme sich selbst zurück. Mit Blick auf die Zukunft sagte Koch: „Wir werden ihren Weggang noch sehr bedauern.“

Andererseits herrsche Aufbruchstimmung in der CDU. Bei der Regionalkonferenz in Lübeck habe er Kramp-Karrenbauer, Merz und Spahn überraschenderweise als Kandidaten auf Augenhöhe erlebt. Das habe die Entscheidung für ihn allerdings nicht einfacher gemacht. „Da hatte ich die Idee, die Kandidatenfrage nicht allein zu entscheiden“, so Koch. 40 von etwa 1700 Stormarner CDU-Mitgliedern waren seiner Einladung zur Beteiligung gefolgt. Viele von ihnen fühlten sich mitgenommen und lobten den Kreisvorsitzenden ausdrücklich dafür.

Kandidaten wurden per Imagevideo vorgestellt

Vor der Diskussion vermittelten die auf eine Leinwand projizierten Imagevideos einen privaten Eindruck der drei Kandidaten. Darin beantworteten sie Fragen wie nach dem ersten Berufswunsch, persönlichem Motto und wie sie drei freie Tage verbringen würden. Einig waren sich Kramp-Karrenbauer, Spahn und Merz nur in der Frage nach der besten Entscheidung ihres Lebens. Das sei die für ihren Lebenspartner gewesen.

Der Bargteheider Friedrich Westerworth sagte, er wundere sich nicht, dass Spahn nur von zwei Prozent der Wähler präferiert werde. Bei dessen Aussage, dass er froh sei, seinen Mann zu haben, habe er beobachtet, dass sich vielfach Ablehnung in den Gesichtern der Mitglieder gespiegelt habe. Bei Merz mache er sich Sorgen wegen der Cum-Ex-Geschäfte. Für Kramp-Karrenbauer spreche ihre Bodenständigkeit. Westerworth: „Das finde ich im Sinne der Wählbarkeit attraktiv.“

Soziale Kompetenz spricht für Kramp-Karrenbauer

Tobias Koch hörte Ulrike Röhr aufmerksam zu, die sich für Annegret Kramp-Karrenbauer aussprach.
Tobias Koch hörte Ulrike Röhr aufmerksam zu, die sich für Annegret Kramp-Karrenbauer aussprach. © Elvira Nickmann | Elvira Nickmann

Auch für die Reinfelderin Ulrike Röhr, Vorsitzende des 30.000 Mitglieder starken Landfrauenverbandes, war die Generalsekretärin die Wunschkandidatin. Sie würde Merkels gute Politik fortsetzen und verkörpere ein modernes Familienbild. „50 Prozent der Wähler sind Frauen“, gab sie zu bedenken. „Die wollen mitgenommen werden.“ Nach den ersten Wortmeldungen sah es noch nach einem leichten Plus für Kramp-Karrenbauer aus, doch das Blatt wendete sich schnell.

Viele Anwesende konnten sie sich neben Staatsmännern wie Putin und Erdogan nicht vorstellen, sprachen ihr die nötige Erfahrung, Sicherheit und Durchsetzungsfähigkeit ab. Im Gegenzug verwiesen ihre Befürworter auf Kramp-Karrenbauers soziale Kompetenz. Merz strahle dagegen soziale Kälte aus, denke nur an die Wirtschaft. Darin sah Stefan Dehns vom CDU-Ortsverband Bargteheide nichts Verwerfliches: ,„Das Soziale ist Vergangenheit, wir investieren nichts in die Zukunft.“ Er wünsche sich einen Aufbruch.

Von Merz erwarten viele Durchsetzungsvermögen

Kreistagsabgeordneter Mathias Nordmann (M.) hatte einen klaren Favoriten: Friedrich Merz.
Kreistagsabgeordneter Mathias Nordmann (M.) hatte einen klaren Favoriten: Friedrich Merz. © Elvira Nickmann | Elvira Nickmann

Der Kreistagsabgeordnete Mathias Nordmann befand, Merz habe neue Ideen, rede am besten und sei in der Lage, die öffentliche Diskussion zu bestimmen. Nach der Abstimmung kritisierte Friedrich-Wilhelm Tehge aus Barsbüttel, dass die Diskussion nicht immer fair verlaufen sei.

Tobias Koch sagte: „Es war eine erfrischende Diskussion einer lebendigen Partei.“ Es habe Seitenhiebe gegeben, aber „alles im Rahmen“. Er respektiere das Votum der Versammelten und werde am Freitag seine Stimme für Merz abgeben. Zum Abschluss appellierte Koch an alle Parteimitglieder, trotz unterschiedlicher Präferenzen auch nach der Wahl zusammenzubleiben: „Wir sollten die Entscheidung des Parteitags akzeptieren.“