Barsbüttel. Verkehrschaos vor Grund- und Gemeinschaftsschule am Soltausredder. Verkehrsgutachter stellen am Montagabend Lösungsansätze vor.
Morgens um Viertel vor acht ist die Welt für die Anwohner am Soltausredder in Barsbüttel schon nicht mehr in Ordnung. Autos stauen sich vor der Kirsten-Boie-Grundschule, sie halten in der Busbucht, auf Gehwegen oder in Einfahrten. Kinder steigen aus, Mütter und Väter holen hektisch Ranzen aus den Kofferräumen. Manche Schüler laufen auf der Fahrbahn zum Bürgersteig, weil die Bushaltebucht mit Gittern zur Straße hin gesichert ist. Weitere „Eltern-Taxis“ halten einfach auf der Straße, zwischen den Autos wuseln Radfahrer. Inzwischen staut sich der Verkehr zurück bis zur Hauptstraße.
Marion Hehnke, Lehrerin an der Grundschule, erzählt: „Meine Freundin wohnt direkt gegenüber und kommt morgens nicht aus der Ausfahrt, weil die Straße so verstopft ist.“ An der 150 Meter entfernten Erich-Kästner-Gemeinschaftsschule (EKG) ist die Situation nicht besser. Auch hier fahren viele Eltern ihre Kinder direkt vor die Tür. David (10) fährt morgens mit dem Rad und erlebte kürzlich eine brenzlige Situation: „Von vorn kam ein Bus, von der Seite ein Lastwagen und hinter mir waren Autos und die fahren hier wie die Verrückten.“
Verkehrs-AG der Schule hofft jetzt auf Unterstützung
Am Soltausredder liegen außer den beiden Schulen noch eine Kita, eine Tageskindbetreuung, die Schwimmhalle, der Sportplatz, zwei Sporthallen und das Bürgerhaus. Die verkehrsberuhigte Straße, auf der Tempo 30 gilt, ist für so viel Verkehr nicht ausgelegt. Auf der Suche nach Lösungen hat die Gemeinde ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Es befasst sich nicht nur mit der Situation am Soltausredder. Die Planer haben in der ganzen Kommune Verkehrsströme gemessen, die Anbindung möglicher Neubaugebiete und auch die Radwege untersucht. Am Montagabend, 3. Dezember, ab 19 Uhr werden die Lösungsvorschläge der Experten öffentlich in der Aula der Gemeinschaftsschule (Soltausredder 28) präsentiert. Danach soll die Politik beraten und entscheiden, was umgesetzt wird.
Auch die Verkehrs-AG der beiden Schulen wird am Montag vortragen, was sie bisher unternommen hat, um die Eltern-Taxi-Fahrer umzuerziehen. Die Gruppe aus Eltern, Lehrern und Schülern trifft sich seit einem Jahr und hat schon einiges vorangebracht. In diesen Wochen besuchen beispielsweise die beiden Oberstufenschüler Paulina Loof (17) und Konstantin Tsagkalidis (18) als „Verkehrs-Scouts“ die fünften Klassen. Sie sprechen mit den Zehn- bis Zwölfjährigen darüber, welche Alternativen es zum Auto gibt. Die Schüler sollen ihre Eltern davon überzeugen, dass sie alleine zur Schule gehen wollen. „Wir wollen die Kinder so stark machen, dass sie sich trauen, zu Fuß oder mit dem Rad zur Schule zu kommen“, sagt Paulina.
Tina Hintz (42), Lehrerin an der EKG sagt: „Die Arbeit der AG fließt in die Verkehrserziehung an der Schule ein.“ Die Schule hat die Eltern angeschrieben und sie gebeten, ihre Kinder zu Fuß, per Rad oder Bus zur Schule zu schicken. Dazu gab es ein Handout mit Tipps für den sicheren Schulweg. AG-Mitglied Fabian Preuß (46) meint: „Was die Schule leisten kann, haben wir auf den Weg gebracht.“ Jetzt wünschen der Vater und seine Mitstreiter sich Unterstützung von der Gemeinde durch bauliche Maßnahmen. Etwa durch die Umsetzung des Vorschlags der Verkehrsplaner, die Bushaltebucht vor der Grundschule durch einen Buskap, also eine Haltestelle auf der Fahrbahn, zu ersetzen. Auf der anderen Straßenseite könnten Metallbügel das Parken auf dem Gehweg verhindern. Eine geänderte Zufahrtsregelung vor der Gemeinschaftsschule könnte nur Lehrer und Busse dort vorfahren lassen.
Mit weniger Autos wäre es auch weniger gefährlich
Auch entferntere Bring- und Hol-Zonen gehören zu den Lösungsansätzen. Zum Beispiel in der Hauptstraße auf dem Parkplatz vor dem Edeka-Markt. Die Fläche gehört der Gemeinde, auf dem Gehweg könnten die Kinder von dort zur Schule kommen, ohne eine Straße queren zu müssen. Marion Hehnke ist skeptisch: „Bring- und Hol-Zonen sind eine gute Idee, aber die Eltern werden sich nicht daran halten. Ich treffe immer noch Eltern, mit denen habe ich schon an der Grundschule gesprochen und die fahren ihr Kind jetzt zur EKG.“
AG-Mitglied Michael Schmidt (45) sitzt im Elternbeirat der Grundschule. Von Müttern und Vätern hört er oft das Argument, dass es zu gefährlich vor der Schule ist und die Eltern deshalb ihr Kind hinfahren. Er sagt dagegen: „Mit weniger Autos, wäre es auch weniger gefährlich. Es muss möglichst unangenehm für Eltern werden, den Nachwuchs bis vor die Schule zu fahren.“ Rita Dux, Bauamtsleiterin im Barsbütteler Rathaus, ist sicher: „80 Prozent der Probleme würden sich erledigen, wenn die Kinder laufen würden.“
In der Klasse 5a hat die Verkehrserziehung schon gut gefruchtet. Zügig bearbeiten die Schüler die von den Verkehrsscouts mitgebrachten Fragebögen. Es geht darum, mit welchem Verkehrsmittel man am besten zum Freund, zum Einkaufen, zur Schule oder zum Urlaubsort kommt. Dass der Schulweg an der frischen Luft gesund ist, wach und fit macht sowie Gelegenheit bietet, mit den Kumpels zu quatschen, wissen die Kinder längst. In der anschließenden Diskussion sagt Tina (11): „Wir haben gesunde Beine. Da können wir zu Fuß gehen oder mit dem Rad zur Schule fahren und bekommen frische Luft. Das ist gesund und gut für die Umwelt.“