Stapelfeld. Diskussion um Emissionen. Unternehmen will Bürger informieren. Abendblatt beantwortet elf Fragen zum 150-Millionen-Euro-Projekt.

Nach den bei der Einwohnerversammlung in Stapelfeld geäußerten Bedenken zum Neubau der Müllverbrennungsanlage (MVA) organisiert der Eigentümer EEW Energy from Waste kurzfristig eine weitere Bürger-Information für Freitag, 14. Dezember. Dann beantworten Experten Fragen.

Das zum chinesischen Konzern Beijing Enterprises gehörende Unternehmen reicht noch im November den Genehmigungsantrag für den Neubau ein. „Wir wollen Mitte 2022 in Betrieb gehen“, sagt Projektleiter Holger Heinig. Für schätzungsweise 150 Millionen Euro soll nicht nur ein Heizkraftwerk für Restmüll entstehen, sondern auch eine sogenannte Mono-Klärschlammverbrennung.

Stapelfelder Bürger bemängeln zum einen, dass der neue Schornstein mit 61 Metern nur noch etwas mehr als halb so hoch wie der alte ist. Außerdem kritisieren sie, dass wegen der Klärschlammverbrennung – jährlich 135.000 Tonnen nasser beziehungsweise 31.500 Tonnen getrockneter Schlamm aus Schleswig-Holstein – die Luft schlechter werde. Das Abendblatt beantwortet elf Fragen.

Warum ist der neue Schornstein nur noch 61 statt jetzt 110 Meter hoch?

Weit unter allen Grenzwerten: Neubau-Projektleiter Holger Heinig steht an der Emissionswerte-Anzeige am Eingang der MVA Stapelfeld.
Weit unter allen Grenzwerten: Neubau-Projektleiter Holger Heinig steht an der Emissionswerte-Anzeige am Eingang der MVA Stapelfeld. © Harald Klix | Harald Klix

„Früher diente ein Schornstein dazu, die Abluft zu verdünnen“, sagt Holger Heinig. Je höher der Schlot, desto geringer waren die Emissionen. Die 1979 eröffnete MVA Stapelfeld wurde mehrfach nachgerüstet. Heute müssen die Grenzwerte bereits unten am Schornstein eingehalten werden. Dessen Höhe lege die Genehmigungsbehörde fest, das dem Umweltministerium angegliederte Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Kiel. „Die Höhe orientiert sich an den einzuhaltenden Grenzwerten“, sagt Heinig. Diese seien in Stapelfeld so gering, dass der Schornstein rein rechnerisch sogar noch viel niedriger wäre. Er muss aber fünf Meter höher sein als das höchste Gebäude, das Kesselhaus mit 56 Metern.

Wie funktioniert die Abgasreinigung in der MVA?
EEW setzt nach eigener Aussage die beste verfügbare Technik ein, darunter Gewebefilter, Katalysatoren und Additive wie Aktivkohle. Dabei werden nicht nur die bundesweiten gesetzlichen Grenzwerte deutlich unterschritten, sondern auch die weitaus schärferen individuellen Genehmigungswerte des LLUR. Im Vergleich von 188 Verbrennungsöfen in Deutschland liegt Stapelfeld bei sämtlichen Werten in der Spitzengruppe. ­

Welche Stoffe werden in welchem Rhythmus gemessen?

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (17. BImSchV) schreibt die Kategorien vor, die von Gesamtstaub über Gesamtkohlenstoff, Chlorwasserstoff, Schwefeldioxid und Stickstoffdioxid bis zu Kohlenmonoxid reichen. „Gemessen wird rund um die Uhr in Echtzeit, alle Daten werden sofort online an die Genehmigungsbehörde übertragen“, sagt Holger Heinig.

Gibt es eine unabhängige Kontrollinstanz?
Das LLUR überwacht die Werte. Ein Überschreiten führt zum Abschalten. Die Messinstrumente werden regelmäßig überprüft und einmal im Jahr von einem unabhängigen Institut kalibriert.

Gibt es Erkenntnisse, welchen Umkreis die Emissionen betreffen?
Da südwestliche Winde vorherrschen, weht die Abluft wie bei der bestehenden MVA vor allem in Richtung Ahrensburg, Großhansdorf, Siek oder Hoisdorf. Freiwillig stellte EEW von Dezember 2017 bis Juli 2018 an drei Orten im Gebiet Luftmessgeräte auf, um Vergleichswerte für die Zukunft zu haben. „Es gab keinerlei Auffälligkeiten zu anderen ländlichen Gebieten“, sagt Holger Heinig.

Bekommt der Neubau das gleiche Filtersystem?
Wegen des technischen Fortschritts wird eine andere Rauchgasreinigung eingesetzt. „Wir garantieren, dass wir nicht nur die Grenzwerte, sondern unsere jetzigen äußerst niedrigen Werte, mit denen wir zur Champions League der Verbrennungsanlagen zählen, auch künftig einhalten“, sagt Holger Heinig. Das habe man den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg sogar vertraglich zugesichert.

Wie funktioniert die Klärschlammverbrennung?
Da die Zusammensetzung von Klärschlamm im Vergleich zum Restabfall anders ist (beispielsweise mehr Schwefel), kommen andere Verfahren zum Einsatz. So dient ein Gewebefilter dazu, die Primärasche für die wichtige Rückgewinnung des zur Neige gehendenden lebenswichtigen Rohstoffes Phosphor zu separieren. Beim Verbrennen mit bis zu 1000 Grad Celsius werden im Klärschlamm enthaltene organische Schadstoffe sicher zerstört und Krankheitserreger abgetötet.

Wo liegen beim Klärschlamm die Grenzwerte für Emissionen?
Es gilt das Prinzip wie bei der bestehenden Müllverbrennung mit gesetzlichen Grenz- und schärferen Genehmigungswerten.

Gehen von den Emissionen gesundheitliche Gefahren aus?
Für die Abfallverbrennung gelten deutlich strengere gesetzliche Grenzwerte als zum Beispiel für Kohlekraftwerke, Hochöfen oder Zementwerke. Abgase wie zum Beispiel Feinstaub beim Grillen, beim Heizen mit Holz oder bei Silvesterfeuerwerken sind laut EEW bedenklicher als die gereinigte Abluft aus dem MVA-Schlot.

Was passiert mit den Verbrennungsrückständen?
Die Schlacke wird beispielsweise beim Straßenbau unter versiegelten Flächen eingesetzt. Andere Reste werden von Spezial-Lkw abgeholt und zum Auffüllen von stillgelegten Salzminen in circa 1000 Meter Tiefe verwendet.

Wie läuft das weitere Verfahren ab?
Das LLUR prüft die von EEW eingereichten Unterlagen zunächst auf Vollständigkeit. Der Umfang an Gutachten war beim sogenannten Scoping-Termin im März festgelegt worden. Während einer vierwöchigen öffentlichen Auslegung – voraussichtlich im Frühjahr 2019 – sind Einwendungen möglich, über die anschließend entschieden wird.

Um weitere Fragen von Einwohnern zu beantworten, hat EEW Energy from Waste kurzfristig einen Informationsnachmittag organisiert. Dazu lädt das Unternehmen für Freitag, 14. Dezember, um 16 Uhr ins Feuerwehrgerätehaus Stapelfeld (Hauptstraße 69) ein. Fachleute erläutern Details zum Neubau. Kommendes Jahr ist zudem ein Infomobil in der Umgebung unterwegs, dass beispielsweise auf Märkten stehen soll.