Stapelfeld. Konzern stellt Projekt bei Einwohnerversammlung erstmals Bürgern der Gemeinde vor. Sie sind kritisch und fordern höhere Schornsteine.

Am Ende war es vor allem eine Frage des Wortlauts. „Die Emission wird sich in Stapelfeld nicht verbessern“, sagte Holger Heinig, bei EEW Energy from Waste Projektleiter für den Neubau der Müllverbrennungsanlage (MVA), den rund 200 Stapelfeldern, die zur Einwohnerversammlung ins Gerätehaus der Feuerwehr gekommen waren. „Wird sich die Emission verschlechtern?“, fragte einer der Anwesenden zurück. „Es gibt ein geringfügiges Mehr an Emissionen“, sagte Heinig. Da war es dann also: Die Luft wird schlechter in Stapelfeld.

Um circa 15 Prozent steige der „Abgasmengestrom“, wie das Unternehmen auf Abendblatt-Nachfrage mitteilte. Im Herbst kommenden Jahres will EEW bereits mit dem Bau der Verbrennungsanlagen für Müll und Klärschlamm in der 1800-Einwohner-Gemeinde beginnen.

Aus dem Klärschlamm soll Phosphor gewonnen werden

Rund 200 Besucher waren in die Feuerwehrgerätehalle gekommen
Rund 200 Besucher waren in die Feuerwehrgerätehalle gekommen © Sebastian Knorr | Sebastian Knorr

Bei leicht niedriger Kapazität – 320.000 statt jetzt 350.000 Tonnen Abfall jährlich – steigt die Energieausbeute deutlich: Die Strommenge soll sich auf 200.000 Megawattstunden pro Jahr mehr als verdoppeln. Zur neuen MVA kommt außerdem ein weiteres Gebäude hinzu: die Mono-Klärschlammverbrennungsanlage. Sie wird für die höhere Emission sorgen und nötig, weil der in Klärwerken anfallende Schlamm wegen der strengeren Düngemittelverordnung in Zukunft nicht mehr auf die Felder der Landwirte darf, weil er dort das Grundwasser unter anderem mit Nitrat belastet.

135.000 Tonnen nasser Schlamm aus Schleswig-Holstein sollen in Zukunft per anno in Stapelfeld angeliefert, auf 31.500 Tonnen getrocknet und dann verbrannt werden. Gerüche werden auch bei der Anlieferung des Klärschlamms nicht entstehen, sagt Heinig. Zudem kann der wertvolle Rohstoff Phosphor zurückgewonnen werden.

Mitte 2022 sollen die neuen Anlagen in Betrieb gehen

Mitte 2022 sollen beide Anlagen den Betrieb aufnehmen. Dann wird auch die alte „Mülle“ zurückgebaut, das angrenzende Hallenbad bleibe erhalten. Ende dieses Monats wird EEW beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Schleswig-Holstein den Genehmigungsantrag für den Neubau einreichen.

Bereits im März hatte das öffentliche Verfahren mit einem sogenannten Scoping-Termin begonnen. Behörden und Organisationen, darunter auch Naturschutzverbände, waren damals eingeladen. Im zweiten Quartal 2019 folgt voraussichtlich der Erörterungstermin: Bis dahin können Behörden und Naturschutzverbände, aber auch Bürger weiter ihre Einwände formulieren. Die erste Information in der Einwohnerversammlung war so gesehen ein später Auftakt, der klarmacht, dass es noch Redebedarf gibt.

Neue Schornsteine sollen niedriger werden

Neben den höheren Emissionen erhitzten auch die beiden neuen Schornsteine die Gemüter. Sie sind mit je etwa 60 Meter nur rund halb so hoch wie der alte 110 Meter hohe Abzugsschacht. So kommt nach derzeitiger Planung von der schlechteren Luft also auch noch verhältnismäßig mehr in Stapelfeld und den umliegenden Gemeinden an.

„Das ist physikalisch richtig“, sagte Heinig bei der Versammlung, als auch zu diesem Punkt aus dem Publikum kritische Nachfragen kamen. „Stapelfeld wird immer lebenswerter“, so der ironische Kommentar im Publikum, für den es einigen Applaus in der Halle gab. Heinig versicherte, dass die Anlage mit ihren Schadstoffausstößen sehr deutlich unter den gesetzlichen Werten bleibe. „Wir haben uns vertraglich verpflichtet, die sehr guten Emissionswerte unserer heutigen Anlage auch in der Zukunft zu erfüllen“, sagte der Ingenieur.

Weitere Infoveranstaltung geplant

Das neue Müllverbrennungskraftwerk in Stapelfeld werde auch weiterhin „in der Spitzenklasse der Rauchgasreinigung mitspielen“, so Heinig. Die Emissionen seien weiterhin auf einer Anzeige vor der Anlage für jeden Bürger einsehbar. Transparenz sei EEW wichtig. Umwelttechnisch sei man in Stapelfeld weiterhin „Champions League“.

Das wollten einige Stapelfelder dann jedoch nicht akzeptieren und beriefen sich dabei auch auf „Studien“ und „Experten“. Als Reaktion auf den Gegenwind versprach der Projektleiter, umgehend und kurzfristig eine weitere Info-Veranstaltung einzuberufen. Sie soll in Absprache mit Gemeinde und dem Amt Siek voraussichtlich im Januar oder Februar abgehalten werden.

Geimeindevertreter sehen das Projekt positiv

Die Gemeindevertretung, die sich bereits seit März mit dem Projekt befasst, begrüßt den Neubau, wie Bürgermeister Jürgen Westphal von der Wählergemeinschaft Stapelfeld (WSG) sagte: „Wir stehen der Sache positiv gegenüber.“ Neben Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen heißt das schlagende Argument: Versorgung mit Fernwärme.

Die MVA Stapelfeld beheizt rund 440 Haushalte im Dorf sowie 25.000 weitere in Hamburg, Betriebe in den Gewerbegebieten Höltigbaum und Merkurpark sowie das benachbarte Hallenbad. „Mit dem Neubau ist die Versorgung auf Jahrzehnte gesichert“, sagte Klaus Fechner (SPD).

Im Internet hat EEW ausführliche Informationen zum Projekt zusammengestellt: www.energie-zukunft-stapelfeld.de