Stapelfeld. Moderne Technik hinter überraschendem Design: Müllverbrennungsanlage Stapelfeld reicht Genehmigungsantrag für Neubau im Herbst ein.

Die Tage der alten Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld, die in den vergangenen fast 40 Jahren zu einer Art Wahrzeichen für das 1800-Einwohner-Dorf geworden ist, sind gezählt. Der Eigentümer EEW Energy from Waste will noch in diesem Herbst den offiziellen Genehmigungsantrag für einen Neubau beim Land einreichen. Das bedeutet auch den Abriss des 110 Meter hohen MVA-Schornsteins, den jährlich zig Millionen Autofahrer von der A 1 aus sehen.

Der neue Schlot ist mit etwa 60 Metern nur noch etwas mehr als halb so hoch. Allerdings wartet der Neubau, der schätzungsweise 150 Millionen Euro kostet, mit etlichen architektonischen Besonderheiten auf. Kern des Designkonzepts ist laut EEW ein Dreiklang aus „grüner Energie“, „Energieeffizienz“ und „Transparenz“.

Grünes Moos auf Abfallbunker und Klärschlamm-Lagerhalle

So sollen der Abfallbunker und die Klärschlamm-Lagerhalle wie vertikale Gärten angelegt und mit grünem Moos verkleidet werden. Das stehe für 50 Prozent Biomasse im Abfall sowie für den daraus gewonnenen Strom und die Fernwärme, also „grüne Energie“.

Das Kesselhaus, derzeit ein grauer Betonklotz, bekommt Solarpaneele an seiner Ost-, West- und Südseite. „Sie spiegeln die Energieeffizienz der Anlage nach außen wider“, sagt EEW-Projektleiter Holger Heinig. Die verglaste Rauchgasreinigung, hinter der sich ein mehrstufiges Filtersystem verbirgt, soll schließlich Transparenz bei der Luftreinhaltung symbolisieren. Eine Tafel an der Zufahrt wird permanent die aktuellen Emissionswerte anzeigen. „In dem Bereich spielen wir in der Champions League“, sagte MVA-Geschäftsführer Morten Holpert dem Abendblatt in einem früheren Gespräch. „Dort wollen wir selbstverständlich bleiben.“

Für dieses Jahr ist noch eine Info-Veranstaltung geplant

Geplant sind getrennte Anträge für zwei Bauwerke: eine Abfallverbrennung als Ersatz für die jetzige „Mülle“ und zusätzlich eine Mono-Klärschlammverbrennungsanlage. Die Genehmigungen muss das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) erteilen, das dem Umweltministerium direkt angegliedert ist. Nach einer weiteren Info-Veranstaltung in diesem Jahr könnte der Erörterungstermin im zweiten Quartal 2019 sein. Bis dahin können Behörden und Naturschutzverbände, aber auch Bürger Stellungnahmen abgeben.

So soll die neue Müllverbrennungs- und die Klärschlammanlage in Stapelfeld aussehen. Im Hintergrund verläuft die A 1
So soll die neue Müllverbrennungs- und die Klärschlammanlage in Stapelfeld aussehen. Im Hintergrund verläuft die A 1 © EEW Energie from Waste,EEW Energie from Waste | EEW Energie from Waste,EEW Energie from Waste

Wenn die Genehmigung vorliegt, will EEW spätestens 2020 mit dem Bau auf seinem Grundstück nahe der Kreuzung Ahrensburger Weg/Alte Landstraße beginnen. Dort sind jetzt Parkplätze für Mitarbeiter und Hallenbadbesucher sowie die Modellauto-Rennbahn der Buggy-Interessen-Gemeinschaft Hamburg. Die Inbetriebnahme der Neubauten ist für Mitte 2022 geplant.

Das Müllheizkraftwerk soll dank moderner Technik deutlich effizienter arbeiten. Bei leicht niedriger Kapazität – 320.000 statt jetzt 350.000 Tonnen Abfall jährlich – steigt die Energieausbeute deutlich. Die Strommenge soll sich auf 200.000 Megawattstunden/Jahr mehr als verdoppeln. Bei der Fernwärme wären 400.000 statt 250.000 Megawattstunden möglich.

Klärschlamm soll einzig aus Schleswig-Holstein kommen

Die Klärschlammverbrennung hat eine Jahreskapazität von 31.500 Tonnen Trockensubstanz, was 135.000 Tonnen nassem Schlamm entspricht. Dieser soll nach jetziger Planung ausschließlich aus Schleswig-Holstein kommen. Die Menge entspricht fast der Hälfte des landesweit in Klärwerken anfallenden Schlamms. Das Abfallprodukt landet noch zum großen Teil als Dünger auf den Feldern und belastet das Grundwasser unter anderem mit Nitrat. Bereits ab Januar 2019 gibt die Düngemittelverordnung deutlich strengere Grenzwerte vor. Außerdem soll künftig der wertvolle Rohstoff Phosphor zurückgewonnen werden.

Feuer seit 1979

Eröffnet wird die Müllverbrennungsanlage Stapelfeld 1979. Erste Eigentümer sind die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die Stadt Hamburg.

EEW Energy from Waste übernimmt den Betrieb 2003. Die EEW-Gruppe gehört seit 2016 zur chinesischen Holding Bejing Enterprises.

In zwei Öfen wird der Restmüll von knapp einer Million Menschen aus dem Großraum Hamburg verbrannt. Dabei wird auch Fernwärme und Strom erzeugt. kx

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Eine Geruchsbelästigung für die Anwohner in der Umgebung schließt die EEW-Gruppe, die zur chinesischen Holding Beijing Enterprises gehört, aus. Bei der Anlieferung von Restmüll und Klärschlamm verhindere ein spezielles Unterdrucksystem, das Gestank nach außen gelange.

Die Belastung durch Lkw-Verkehr soll weitgehend konstant bleiben. 2016 wurden werktags durchschnittlich 164 Lastwagen gezählt, im Vorjahr waren es 142. Die Zahl wird voraussichtlich weiter sinken, während die Klärschlammanlage maximal 30 Transporter täglich ansteuern werden.