Stapelfeld. Betreiber will Antrag bald einreichen. Das geplante Heizkraftwerk liefert fast doppelt so viel Strom und Wärme.

Das neue Müllheizkraftwerk in Stapelfeld wird dank moderner Technik deutlich effizienter arbeiten als die bestehende Müllverbrennungsanlage (MVA). Diese ist fast 40 Jahre alt. Der Betreiber EEW Energy from Waste rechnet damit, dass sich die Stromeinspeisung mit 200.000 Megawattstunden/Jahr mehr als verdoppelt. Die Fernwärmemenge könnte von 250.000 auf bis zu 400.000 Megawattstunden steigen. Zugleich sinkt die Verbrennungskapazität von 350.000 auf 320.000 Tonnen im Jahr.

Das Großprojekt – Branchenkenner schätzen die Investition auf 150 Millionen Euro – besteht aus zwei Teilen: einer neuen Abfallverbrennung als Ersatz für die jetzige „Mülle“ und einer zusätzlichen Mono-Klärschlammverbrennungsanlage. „Mitte 2022 wollen wir die Neubauten in Betrieb nehmen“, sagt EEW-Projektleiter Holger Heinig.

Moderne Technik soll auch die MVA-Abgase reinigen

Das Unternehmen, das seit Anfang 2016 zur chinesischen Holding Beijing Enterprises gehört, verspricht auch moderne Emissionsvermeidung. Der „aktuell im Vergleich sehr hohe Standard der Rauchgasreinigung“ werde beibehalten. „In dem Bereich spielen wir in der Champions League“, sagt MVA-Geschäftsführer Morten Holpert. „Dort wollen wir selbstverständlich bleiben.“

Die gesetzlichen Anforderungen sowie die weitaus schärferen Genehmigungswerte an die Rauchgasreinigung würden in Zukunft deutlich unterschritten. Bei den jährlichen Kontrollen liege die MVA in allen Bereichen (unter anderem Staub, Chlor- und Fluorwasserstoff, Stickoxide) klar unter den erlaubten Werten. Stormarner Umweltschützer hatten befürchtet, dass bei einem Neubau nur die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt werden könnten.

Holger Heinig, Projektleiter für den Neubau, kontrolliert das Müllfeuer in einem der beiden jetzigen Öfen
Holger Heinig, Projektleiter für den Neubau, kontrolliert das Müllfeuer in einem der beiden jetzigen Öfen © Harald Klix | Harald Klix

EEW will den Genehmigungsantrag beim Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR), das dem Umweltministerium in Kiel angegliedert ist, im Spätsommer/Herbst einreichen. Im Vorfeld waren in der Umgebung Instrumente zur Messung der Luftqualität aufgestellt worden. „Dabei haben sich keinerlei Auffälligkeiten ergeben“, sagt Holger Heinig.

Instiutionen und Bürger werden zu dem Vorhaben gehört

Nach der Offenlegung der Pläne dürfen Institutionen wie Naturschutzverbände, aber auch Bürger Stellungnahmen abgeben. Die Bauarbeiter könnten dann 2019/2020 anrücken. Die neuen Anlagen werden an der Ecke Alte Landstraße/Ahrensburger Weg neben dem jetzigen Gebäude stehen. Das Areal gehört der MVA. Noch sind dort Parkplätze für Mitarbeiter und Hallenbadbesucher sowie die Modellauto-Rennbahn der Buggy-Interessen-Gemeinschaft Hamburg zu finden.

Auf dem Parkplatz und der dahinter liegenden Modellauto-Rennbahn sollen die Neubauten stehen
Auf dem Parkplatz und der dahinter liegenden Modellauto-Rennbahn sollen die Neubauten stehen © Harald Klix | Harald Klix

Nach einem kurzen Testlauf sollen die neuen Anlagen in gut vier Jahren den kompletten Betrieb übernehmen. Dann wird die 1979 eröffnete „Mülle“ abgebaut. „Ein paralleler Betrieb ist nicht geplant“, sagt Projektleiter Heinig. Damit verliert Stapelfeld auch eine Art Wahrzeichen: den 110 Meter hohen MVA-Schornstein, den täglich unter anderem Hunderttausende Autofahrer von der nahen Autobahn 1 aus sehen. Der neue Kamin wird lediglich 61 Meter hoch sein und die restlichen Gebäude nur geringfügig überragen.

Auftraggeber für regionale Lieferanten und Handwerker

Es ist gerade einmal eine Handvoll Jahre her, da schien der endgültige Abriss der MVA beschlossene Sache zu sein. Jetzt sichert EEW mit der Investition im dreistelligen Millionenbereich nicht nur den Standort für voraussichtlich weitere vier Jahrzehnte, sondern auch die derzeit 68 Arbeitsplätze. Und der Gemeinde hohe Gewerbesteuern.

Vom Kreis Stormarn zur Holding in China

Die Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die Stadt Hamburg nehmen die Müllverbrennungsanlage (MVA) Stapelfeld 1979 in einer GmbH in Betrieb.

Die Veba Kraftwerke Ruhr (VKR) AG kauft die Anlage 1996 und modernisiert sie. Unter anderem wird die moderne Rauchgasreinigung angeschlossen.

EEW Energy from Waste übernimmt den Betrieb 2003. Der schwedische Investor EQT erwirbt alle Anteile von 2012 bis 2015. Die chinesische Holding Bejing Enterprises kauft die EEW-Gruppe mit ihren 18 Verbrennungsanlagen in Deutschland und dem benachbarten Ausland 2016 für 1,438 Milliarden Euro.

4,7 Millionen Tonnen Abfall können die Anlagen jährlich verbrennen. Das Unternehmen mit Zentrale in Helmstedt hat rund 1050 Mitarbeiter. kx

1/4

Hinzu kommen jährlich im Durchschnitt Aufträge über rund zehn Millionen Euro an regionale Geschäftspartner. „Wir arbeiten mit rund 250 Lieferanten und Handwerkern zusammen“, sagt Geschäftsführer Holpert.

Der Lieferverkehr zur Anlage soll nicht zunehmen

Die Verkehrsbelastung soll sich nicht verändern. 2016 wurden werktags durchschnittlich 164 Lastwagen zur MVA gezählt, im Vorjahr waren es 142. Die Zahl dürfte wegen der geringeren Kapazität weiter sinken, während die Klärschlammanlage maximal 30 Transporter täglich ansteuern werden.

Bisher gibt es in Deutschland 24 Mono-Klärschlammanlagen. Davon arbeiten 18 mit der Technologie der „stationären Wirbelschicht“. Diese soll auch in Stapelfeld zum Einsatz kommen. Wegen einer strengeren Düngemittelverordnung dürfen Landwirte viele Klärschlämme ab 2019 nicht mehr wie jetzt noch auf den Feldern verteilen. Zudem kann der zur Neige gehende Rohstoff Phosphor in der Anlage zurückgewonnen werden.