Ahrensburg. Fachleute erläutern der Politik, wie die Bedeutung des Tunneltals für die Stadt und die Region touristisch erschlossen werden könnte.

In dicke Felle gehüllt und bewaffnet mit Pfeil und Bogen lauerten sie im Ahrensburger Tunneltal auf Beute. Dort, wo vor rund 15.000 Jahren meterdicke Gletscher aus Skandinavien zu schmelzen begannen. Ihre Ausläufer waren das ideale Revier für Rentierjäger. Die Benutzung von Waffen wie Pfeil und Bogen durch den Menschen konnte erstmals hier nachgewiesen werden. Heute steht die Moorlandschaft im Grenzgebiet zu Hamburg unter Naturschutz und beherbergt unter anderem seltene Kammmolche.

Ulf Ickerodt bei seinemVortrag vor dem Ahrensburger Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss
Ulf Ickerodt bei seinemVortrag vor dem Ahrensburger Bildungs-, Kultur- und Sportausschuss © HA | Marc R. Hofmann

„Das Ahrensburger Tunneltal gehört zu den bedeutendsten Forschungsregionen altsteinzeitlicher Archäologie des nördlichen Europas“, wie die Wissenschaftler Ingo Clausen und Annette Guldin in einer Fachpublikation schreiben. Grund genug für Dr. Ulf Ickerodt, Leiter des Archäologischen Landesamtes und Umweltpädagogin Svenja Furken, den Kommunalpolitikern auf der jüngsten Sitzung des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses (BKSA) näher zu bringen, wie Ahrensburg mehr aus diesem Schatz machen könnte.

Machbarkeitsstudie wird am 8. November vorgestellt

Parallel dazu wurde vom Kreis eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die auf einer gemeinsamen Sitzung mit dem Schul-, Kultur- und Sportausschuss auf einer gemeinsamen Sitzung am 8. November vorgestellt werden soll. Sie sieht im Wesentlichen vor, mit Hilfe einer Internetseite, eines Lehrpfades und einer Wanderausstellung mehr Besucher anzulocken.

Das Tunneltal

Das Naturschutzgebiet Ahrensburger Tunneltal ist eine eiszeitlich geprägte Moorlandschaft im Grenzgebiet zu Hamburg und schließt dort an die Naturschutzgebiete Stellmoor und Höltigbaum an. Geschützte Arten wie der Kammmolch leben hier.

Archäologisch wertvoll ist die Region außerdem, weil hier von Alfred Rust Spuren späteiszeitlicher Rentierjägerkulturen gefunden wurden. Sie siedelten sich vor etwa 15.000 Jahren in der Region an. Artefakte aus dieser Zeit erhielten sich im feuchten Boden besonders gut. mrh

1/2

Umweltpädagogin Furken, die sich bereits in der Interessengruppe Tunneltal engagiert und im Haus der Wilden Weiden im benachbarten Höltigbaum arbeitet, sagt: „Das Tunneltal ist unsere Leidenschaft“. Mit Mitstreitern aus Archäologie, Biologie und Naturschutzbeauftragten will sie eine Stiftung gründen, das Gebiet mit Bildungsangeboten für Besucher aber auch bei der hiesigen Bevölkerung bekannter machen. Im vergangenen Jahr hatte sie sich bereits für die Anerkennung des Gebietes als Unesco-Welterbe eingesetzt.

Eiszeitliche Rentierjägerkultur nach Ahrensburg benannt

„Eine ganze Kultur späteiszeitlicher Rentierjäger ist nach Ahrensburg benannt. Darauf können wir stolz sein“, so Furken. Das Abtauen der Gletscher habe Moore entstehen lassen. Artefakte wie Waffen, aber auch Insekten, seien in den feuchten Böden optimal konserviert worden. Für die Weiterentwicklung könnte das Angebot im Hamburger Höltigbaum Vorbild sein.

Alfred Rust beim Bergen von Rengeweihen in Ahrensburg im Jahr 1939
Alfred Rust beim Bergen von Rengeweihen in Ahrensburg im Jahr 1939 © HA | Ingo Clausen

In diese Kerbe schlug auch Archäologe Ickerodt. Die große Zahl von Funden durch Alfred Rust in den 1930er-Jahren mache das Gebiet besonders. Sie seien jedoch auch durch die Nazi-Zeit ideologisiert und nicht mit heutigen Ausgrabungsstandards zu vergleichen. Er zeigt sich überzeugt: „Der geplante Bau der S-Bahnlinie 4 durch das Gebiet ist die Chance, noch einmal mit modernen Methoden Ausgrabungen vorzunehmen.“ Die Wahrscheinlichkeit, dabei auf Fundstücke von ähnlichem Rang zu stoßen, sei hoch. Das eröffne die Möglichkeit, die Bedeutung des Gebietes wieder ins das öffentliche Bewusstsein zu bringen. Unabhängig und kostengünstiger als durch eine Unesco-Anerkennung. Ähnliche Konzepte seien erfolgreich gewesen. „Durch Vermittlung wird Heimat ein nachwachsender Rohstoff.“ Außerdem ermögliche die genaue Kenntnis sowohl Fundorte, als auch Natur zu schützen.

Ausgleich ziwschen Natur und Tourismus wichtig

Ausschussvorsitzender Christian Schubbert (Grüne) fragte: „Ist nicht alles, was wir für den Tourismus tun, im Naturschutzgebiet problematisch?“ Das könne nur die Naturschutzbehörde beantworten, so Ickerodt. „Nein“, sagt Martin Schmidt vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume auf Abendblatt-Anfrage. Es gebe lediglich ein „Verschlechterungsverbot“. Es sei jedoch im Interesse der Behörde, Menschen an die Natur heranzuführen, wenn dies in verträglichem Maße geschehe. Außerdem könnte so Fördergeld gewonnen werden.

Sabine Zeis von der Aktivregion Alsterland kann sich vorstellen, das Projekt finanziell unterstützt wird. Maximal 100.000 Euro könnte die Stadt so erhalten. Allerdings kann die Aktivregion auch eine Empfehlung zur Förderung durch Landesmittel aussprechen, die noch höher ausfallen können. „Dazu würden wir am liebsten ein Konzept sehen und nur einen Ansprechpartner haben.“ Eine Entscheidung, ob nun doch Welterbe-Status für das Gebiet beantragt werden soll, vertagten die Mitglieder des Ausschusses. Nach Vorlage der Studie sollen Handlungsoptionen in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe erarbeitet werden. Gegen die Stimmen der CDU wurde die Stadt beauftragt, die Kosten für diesen weiteren Planungsprozess zu ermitteln.

Was denken Sie?

Das Tunneltal als Attraktion für Touristen? Unternimmt die Stadt Ahrensburg bisher zu wenig, um die Bedeutung des einmaligen Areals für sich zu nutzen? Wie denken Sie darüber?

Schreiben Sie uns Ihre Meinung. Und zwar an das Hamburger Abendblatt, Regionalausgabe Stormarn, Große Straße 11/13 in 22926 Ahrensburg, oder senden Sie uns eine E-Mail an die Adresse stormarn@abendblatt.de.