Zeit für Veränderung. Zum Abschluss der Serie alle Folgen auf einen Blick und die Stellungnahmen der Städte und Gemeinden.
Bargteheide: Note 5. Kritik am Testergebnis
In Bargteheide fühlen sich viele Radfahrer auf der Fahrbahn nicht sicher und weichen deshalb auf die Gehwege aus. Teilweise sind diese zwar für Fahrräder freigegeben, zum Beispiel an der Rathausstraße. Die Kennzeichnung sei aber schlecht und uneinheitlich, kritisiert ADFC-Experte Ulrich Bien. Sein Urteil: „Als Radfahrer lebt man hier gefährlich.“ Die Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr in der Stadt 45 Unfälle mit Radfahrern. Ulrich Bien ließ Bargteheide beim Abendblatt-Radwege-TÜV durchfallen, verteilte eine Schulnote fünf. Auch viele Bargteheider sehen Verbesserungsbedarf. Ende Juni nahmen in der Stadt Dutzende an der kreisweit ersten Fahrraddemonstration teil.
Jürgen Engfer, Leiter des Fachbereichs Planung, Umwelt und öffentliche Sicherheit der Stadt Bargteheide, ging beim Radwege-Gipfel auf Distanz zu den Ergebnissen. „Wir verstehen das nicht und sind damit auch nicht einverstanden. Der Test wird unserer Arbeit nicht gerecht.“ Die AG Radwege habe bereits 2001 ihr erstes Konzept erstellt. Jährlich stehen Haushaltsmittel zur Verfügung. Noch in diesem Jahr würden Markierungsarbeiten von Radwegen realisiert. „Außerdem planen wir ein Fahrrad-Parkhaus in Bahnhofsnähe.“
Ahrensburg: Note 5. „Stadt hat Masterplan“
Radfahrer in Ahrensburg brauchen manchmal einen Schutzengel. Besonders arg ist es auf der Hagener Allee, Höhe Kirchsaal Hagen. Nicht zuletzt die Besucher der Kirchengemeinde klagen über unfallträchtige Wege. Die Radverkehrsanlage ist wegen Baumwurzeln zu einem schmalen Pfad geschrumpft. Gemeinsame Geh- und Radwege im Zentrum erweisen sich als Nachteil. Die Verwaltung erklärte im Testbericht, dass sich die Situation für Radfahrer in den vergangenen Jahren „definitiv verbessert“ habe. Ein Leser kritisierte aber: „Am Bahnhof Richtung Rondeel sollen sich Radfahrer und Fußgänger auf der rechten Seite der Bahnhofstraße einen Weg teilen, der über mehrere Bushaltestelleninseln hinwegführt.“ Das geplante Rad-Parkhaus am Bahnhof ist bisher nur Utopie. Der ADFC sagt: Was Ahrensburg bisher getan hat, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Schulnote 5.
Bürgermeister Michael Sarach: „Die Serie war insofern einseitig, als lediglich der Vertreter des ADFC zu Wort gekommen ist. Die Stadt hat im Rahmen des Masterplans Verkehr auch ein Radverkehrswegekonzept erarbeitet. Das wird kontinuierlich abgearbeitet.“
Glinde: Note 4. „Probleme zeitnah angehen“
Entsetzt war der ADFC zum Beispiel über diese Gegebenheit in Glinde: Mitten auf dem Radweg an der Bücherkate ist ein Schild mit Verweis auf Parkplätze einbetoniert. Doch damit nicht genug der Kritik. Viele Wege sind nicht breit genug und marode. Bemängelt wird auch die Situation am Mühlencenter, wo Autos bei der Einmündung immer wieder den Radweg blockieren. Dort wünschen sich die Experten ein Stoppschild sowie das Ziehen einer weißen Linie. Positiv ist die Tatsache, dass Radfahrer auf den Hauptrouten nirgendwo die Straßenseite wechseln müssen und es zahlreiche Fahrrad-Abstellbügel rund um den Marktplatz gibt.
Glindes Bürgermeister Rainhard Zug sagt über den Test: „Das ist eine interessante Aktion und zugleich eine Hilfe, wenn Experten uns Tipps geben.“ Das Ergebnis stelle ihn natürlich nicht zufrieden. Der Verwaltungschef verspricht jedoch Verbesserungen und bezieht sich auf das Radwegekonzept, das die Stadt gerade erarbeitet. Eine umfangreiche Bestandsaufnahme wurde bereits gemacht. „Kleinere Sachen wie die Beseitigung von Wurzelwerk, das den Asphalt hochdrückt, werden wir zeitnah erledigen. Genauso das Versetzen von Schildern“, sagt Zug.
Reinbek: Note 5. „Bessere Note Verdient“
Wer in Reinbek mit dem Fahrrad unterwegs ist, stößt vor allem in der Innenstadt auf Probleme. Joachim Becker vom ADFC bemängelte im Test etwa die Beschilderungen, die Qualität der Fahrbahnen und die Sicherheitsvorkehrungen. Befragte Radfahrer kritisierten, dass es Autofahrer in der Schlossstadt leichter haben, sie an großen Verkehrsknoten etwa weniger warten müssen. Positiv ist, dass es in Reinbek ein engmaschiges Verkehrsnetz gibt und die Fahrradbedingungen in ländlicheren Teilen der Kommune gut sind. Weil es Radfahrer laut Becker aber gerade dort schwer haben, wo es drauf ankommt, vergab der Experte nur die Note Mangelhaft.
Das kann Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer nicht nachvollziehen. Vor allem mit der Art der Beurteilung ist er unzufrieden. „Es ist zwar sinnvoll, solch einen Test mit einem Experten zu machen“, sagt er. „Aber ich hätte mir mehr Objektivität gewünscht.“ Die Note 5 stimme demnach nicht mit dem überein, was der „normale Radfahrer“ in Reinbek erlebt. „Die Innenstadt sollte fahrradfreundlicher werden, in ländlicheren Teilen fährt es sich wunderbar“, sagt Warmer. „Daher halte ich eine 3- für angemessen.“ Für die Zukunft wünscht er sich Velorouten.
Ammersbek: Note 3. „Test schärft den Blick"
Für die knapp 10.000 Einwohner von Ammersbek sind die Verbindungen zwischen den fünf Ortsteilen Lottbek, Hoisbüttel, Rehagen/Schäferdresch, Bünningstedt und Daheim/Heimgarten nach dem ADFC-Urteil vergleichsweise gut. Zwar gibt es keine explizit ausgewiesenen Radwege. Aber an allen Hauptstraßen ermöglichen kombinierte Geh- und Radwege oder für Räder freigegebene Fußwege ein zügiges Vorankommen. Risse und Dellen, deren Ursache Baumwurzeln sind, sorgen allerdings für Gefahr. Gleiches gilt für einige unübersichtliche Kreuzungen. Und am U-Bahnhof Hoisbüttel gibt es viel zu wenig Abstellmöglichkeiten – vorhanden sind vor allem die veralteten „Felgenkiller“.
Bürgermeister Horst Ansén zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis für seine Gemeinde. „Der Abendblatt-Test hat den Blick dafür geschärft, bringt aber für uns keine neue Erkenntis.“ Er habe im Übrigen mit Interesse gelesen, wie die anderen Gemeinden und Städte beim Radwege-Test abschneiden. Ansén: „Für uns gibt es keinen akuten Handlungsbedarf.“
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Grosshansdorf: Note 3. Gefahren beseitigen
Das Radwege-TÜV-Team kritisierte in Großhansdorf die schlechten Abstellmöglichkeiten an den drei U-Bahnhöfen. Fast überall stehen zurzeit nur einfache Vorderradhalter, auch „Felgenkiller“ genannt. „Das verleitet die Menschen nicht dazu, mit dem Rad zu fahren“, bemängelte Jürgen Hentschke vom ADFC. Gefährlich sei auch die Verkehrsführung an der Kreuzung Sieker Landstraße/Hansdorfer Landstraße. Abgesehen davon seien die Bedingungen für Radfahrer in der Waldgemeinde zufriedenstellend, urteilte der Experte.
Großhansdorf hat umgehend auf die Kritikpunkte reagiert – so schnell wie keine andere Kommune in Stormarn. Wie berichtet, haben die Mitglieder des Bauausschusses ein umfangreiches Ausbau- und Modernisierungsprogramm für die Bike-and-ride-Anlagen an allen drei U-Bahnhöfen beschlossen. Statt der „Felgenkiller“ sollen bald überall überdachte Doppelstockparkhäuser und Bügel errichtet werden. Das Konzept dafür lag bereits vor dem Abendblatt-Test vor, soll nun aber deutlich schneller als ursprünglich geplant umgesetzt werden. Auch die gefährliche Kreuzung Sieker Landstraße/Hansdorfer Landstraße will Bürgermeister Janhinnerk Voß möglichst bald entschärfen.
Reinfeld: Note 3. Freude über das Ergebnis
Die Stadt Reinfeld hat den Abendblatt-Radwege-TÜV mit Note 3 bestanden. Der ADFC-Kreisvorsitzende Reiner Hinsch bewertete die Bedingungen in der Innenstadt als positiv. Befragte Radfahrer kritisierten allerdings den Zustand der Radwege und bemängelten, dass in der Stadt der Autoverkehr offenbar Vorrang habe. Für Reiner Hinsch sind vor allem die schlechten Verbindungen nach Bad Oldesloe und ins Gewerbegebiet ein Problem. Zwischen dem Ortsausgang und der Einmündung Kalkgraben fehlt entlang der Bundesstraße 75 ein Radweg, genauso zu den Supermärkten im Gewerbegebiet.
Reinfelds Bürgermeister Heiko Gerstmann zeigt sich ein bisschen überrascht, dass die Stadt mit Note 3 abschneidet. „Ich habe mich darüber gefreut und hätte selbst nicht eine so gute Note vergeben.“ Gerstmann weiß, wovon er spricht, denn er ist sehr viel mit dem Fahrrad unterwegs. Wichtig sei für ihn noch einmal der Hinweis gewesen, dass Radfahrer grundsätzlich auf der Fahrbahn der Straße am sichersten unterwegs seien. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die gut 1,5 Kilometer lange „Reinfelder Lücke“ auf dem Radweg zwischen Hamburg und Lübeck an der B 75 geschlossen wird.
Bad Oldesloe: Note 4. Stadt handelt schnell
Die Kreisstadt ist beim Radverkehr auf einem guten Weg. Im vergangenen Jahr hat Bad Oldesloe etwa 120 neue Fahrradbügel am Bahnhof geschaffen und plant noch weitere Stellplätze. Allerdings ist laut ADFC „noch viel Luft nach oben“. Einige Straßen und Radwege sind weiterhin in einem schlechten Zustand. Geradezu gefährlich ist die Situation derzeit an der Hagenstraße. Mit den Jahren ist hier ein regelrechtes Sammelsurium an verschiedenen Straßenbelägen zusammengekommen: Asphalt, Pflaster und ein Kopfsteinpflaster am Marktplatz. Dazwischen Risse und Schlaglöcher sowie teils zentimeterhohe Absätze. Der aufgemalte Radweg ist nicht mehr zu erkennen – eine Horrorpiste für Biker. Hier besteht dringend Handlungsbedarf. Gesamtnote: 4.
Bürgermeister Jörg Lembke hat den Abendblatt-Test aufmerksam gelesen und betont, dass als erste Konsequenz der Belag auf der Hagenstraße verbessert werden muss. Weil der gegenseitige Respekt zwischen den Verkehrsteilnehmern zu wünschen übrig lässt (Note 5), müssten „Autofahrer und Radfahrer in Bad Oldesloe noch ein bisschen üben. Aber es wird sich einpendeln.“
Barsbüttel: Note 5. Gemeinde prüft Resultat
Vor allem im Hauptort deckte der Radwege-TÜV große Mängel auf. So gibt es in Barsbüttel entlang der Hauptstraße zwar Radwege auf beiden Seiten, allerdings sind diese an gewissen Stellen viel zu schmal: zum Beispiel am Ortsausgang gegenüber der Tankstelle mit 88 Zentimetern. 1,60 Meter sollen es laut ADFC mindestens sein genauso wie 50 Zentimeter Abstand zur Fahrbahn. Mitunter grenzt der Radweg dort jedoch direkt an die Straße. Die innerörtliche Beschilderung der Wege bezeichneten die Experten als „mies“. So fehlt etwa bei der Feuerwehrwache ein Wegweiser zum Einkaufszentrum.
Thomas Schreitmüller, Bürgermeister von Barsbüttel, sagte bei dem Ahrensburger Radwege-Gipfel: „Gut, dass es diesen Test gibt.“ Obwohl das Ergebnis mangelhaft ausfällt, findet er ihn „in Ordnung“, weil er auf die Probleme aufmerksam mache. Eine Konsequenz aus der Aktion lautet daher: „Wir werden uns die kritisierten Bereiche genauer anschauen und als einer der ersten Schritte die Beschilderung verbessern.“ Außerdem wünscht sich Barsbüttel perspektivisch Radschnellwege und eine gemeindeübergreifende Planung von Fahrradrouten mit dem Kreis und der Metropolregion Hamburg.
Oststeinbek: Note 5. „Poller entschärfen“
Der Willinghusener Weg zählt für Radfahrer zum gefährlichsten Pflaster Oststeinbeks. Gerade die vier Ausfahrten am Gewerbegebiet mit den Querungen bergen Risiken. Hier müssen dringend Stoppschilder aufgestellt werden.
Kaum besser ist der 2,5 Kilometer lange benutzungspflichtige Radweg an der Möllner Landstraße. Radfahrern, die in beiden Richtungen unterwegs sind, steht nur eine Trasse auf einer Straßenseite zur Verfügung. „Dieser Radweg ist für zwei Richtungen zu eng“, sagte Jürgen Hentschke vom ADFC beim Abendblatt-Test. Vor der Gaststätte stehen zudem Poller, die vermutlich Autofahrer vom Parken abhalten sollen. Kaum auszudenken, wenn zwei Radfahrer in der Dunkelheit diese beiden Poller gleichzeitig passieren. Das ist gefährlich. Und Fahrradfahrerin Ute Bülow sagte. „Unsere Radwege sind in einem schlechten Zustand.“ Gesamtnote 5.
Bürgermeister Jürgen Hettwer zieht daraus diese Konsequenz: „Wir müssen zum Beispiel die Poller vor dem Restaurant ‘entschärfen’ und die Übergänge verbessern.“ Die Situation für Radfahrer werde sich mit der Sanierung der Möllner Landstraße verbessern. „Die Stimmung in Oststeinbek ist jetzt auf jeden Fall pro Radfahrer.“
Trittau: Note 5. „Schlechte Note verdient“
Durchgangsverkehr und nicht vorhandene Radwege sind die größten Ärgernisse für Radfahrer in Trittau. Die Beschilderung älterer Radwege, die nicht mehr den aktuellen Richtlinien entsprachen, wurden abgebaut, statt nach radlerfreundlicheren Lösungen zu suchen. Gefährdungspotenzial besteht auf der Fahrbahn schmalerer Straßen wie Hamburger oder Poststraße, auf der größere Fahrzeuge wie Lastwagen auch schon mal den Rand des Gehwegs befahren, um dem Gegenverkehr auszuweichen.
Trittaus Bürgermeister Oliver Mesch sagte, die Gemeinde sei „zu Recht schlecht“ bewertet worden. Es stehe einfach zu wenig Platz zur Verfügung. „Aber wir haben das Problem erkannt, müssen und wollen nun ganz viel machen.“ Fahrradfahren soll bereits bei Bauplanungen in den Fokus kommen. Außerdem sollen alternative Wege geprüft werden. Um die Sicherheit der Fahrradfahrer in Trittau zu erhöhen, sei über den Ziegelbergweg ein Fahrrad-Überweg geplant.
In einer Sitzungsvorlage der Bauentwurfsplanung vom 30. August heißt es: „Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Straße Ziegelbergweg (...) wurde die Gestaltung eines Kreuzungsbereichs entwickelt, der die kreuzenden Radfahrer bevorrechtigt.“