Barsbüttel. Gruppe von Bürgern und Gewerbetreibenden wehrt sich gegen einseitige Sperrung der Hauptverkehrsader. Anwalt ist eingeschaltet.
Der Straßen-Streit zwischen Barsbüttel und Hamburg eskaliert. In dem 12.700-Einwohner-Ort hat sich eine Initiative gegründet, in der zahlreiche Gewerbetreibende organisiert sind und die eine Klage gegen die Hansestadt vorbereitet. Sie will nicht, dass die Barsbütteler Straße einseitig gesperrt wird. Das soll vom 20. August bis zum Jahresende der Fall sein – auf einem 720 Meter langen Abschnitt auf Hamburger Gebiet bis zur Landesgrenze. Dann ist die Gemeinde nicht über die Hauptverkehrsader, auf der täglich 19.000 Fahrzeuge unterwegs sind, zu erreichen, sondern über eine acht Kilometer lange Umleitung.
„Wir fordern, dass sich Verkehrssenator Frank Horch und sein Staatsrat mit uns an einen Tisch setzen, um die Dinge zu besprechen“, sagt Andre Peters, selbstständiger Mediaberater in Barsbüttel. Nur wenn Horch seinen Plan aufgibt, will die Initiative nicht vor Gericht ziehen. Einen Anwalt hat die Gruppe mit dem Namen „Straßen Bewegung Barsbüttel“ (SBB) bereits. Im Gespräch ist eine einstweilige Verfügung, um einen Baustopp zu erwirken.
„Wenn eine Entscheidung wie diese existenzgefährdend ist, kann man dagegen vorgehen“, sagt Andre Peters. Unternehmen aus der Gemeinde und Hamburg-Jenfeld würden nämlich wirtschaftlich schwer geschädigt. Diese Einschätzung teilt Patrick Meyer, der am Ortsausgang eine Tankstelle betreibt und sich der Initiative angeschlossen hat. Er sagt: „Ich rechne mit bis zu 50 Prozent weniger Umsatz.“
Gruppe schlägt Umleitung über kleine Nebenstraßen vor
Nicht akzeptabel ist die Straßensperrung auch für Uwe Klimkeit, der in seiner Autowerkstatt vier Mitarbeiter beschäftigt: „Zulieferer aus Hamburg werden uns wegen des Umwegs verzögert bedienen. Deswegen werden wir viele Autos nicht rechtzeitig reparieren können.“ Er fürchtet, Kunden zu verlieren und weniger Geld einzunehmen.
Liam Cronin, Vorsitzender des Barsbütteler Seniorenbeirats, ist ebenfalls aktiv. Der 63-Jährige vertritt die Interessen von 4000 älteren Bürger und fungiert als Sprecher der Straßensperrungsgegner. Er hatte Mitarbeiter der zuständigen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation (BWVI) in der Hansestadt und dem ihr zugeordneten Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) bei einer Informationsveranstaltung vor drei Wochen verbal attackiert. Viele der 450 Besucher schimpften über Hamburg und warfen den Entscheidern vor, Barsbütteler Interessen nicht zu berücksichtigen.
SSB will Ausweichstrecke über Nebenstraßen durchsetzen
Die Gemeinde wurde in der Planungsphase zwar mehrfach angehört. Der Vorschlag, den Autoverkehr im Wechsel an der Baustelle vorbeizuleiten, wurde aber abgewiesen. Liam Cronin schreibt seit geraumer Zeit E-Mails an die Hamburger Behörde – und fühlt sich nicht ernst genommen: „Ich erhalte identische Antworten auf verschiedene Fragestellungen.“
Die SBB schlägt eine Ausweichstrecke über Nebenstraßen vor. An Anfang und Ende kommen Autofahrer wieder auf die Barsbütteler Straße. Ein Teil des Weges hat nur eine Spur, dafür einen Parkstreifen. Der könne umfunktioniert werden. Die Initiative hat auch dafür gesorgt, dass Unternehmen Anwohnern für die Bauphase Ersatzparkplätze zur Verfügung stellen würden.
Behörde betont den Zwang einer schnellen Sanierung
Die Gruppe argumentiert, dass auf dem verbleibenden 150-Meter-Teilstück der Baustelle im östlichen Bereich ein Wechselverkehr mit Ampelschaltung möglich ist oder sogar die Nutzung von zwei Spuren. Diese Variante lehnt der LSBG ab. Begründung: Sie würde die Bauzeit auf acht Monate verdoppeln, zudem sei ein Abschnitt der Ausweichstrecke von der Konstruktion her nicht für viel Verkehr ausgelegt.
Wie berichtet, hatte Senator Frank Horch (parteilos) die Angelegenheit wegen der Proteste aus Barsbüttel zur Chefsache gemacht und erneut Alternativen prüfen lassen. Das vergangene Woche verkündete Ergebnis ist für die Stormarner aber enttäuschend. Barsbüttels Grünen-Fraktionschef Joachim Germer bezeichnet es als „Mogelpackung“.
Neue Routenvorschlag führt zu acht Kilometern Umweg
Die vorgestellte Lösung sieht eine Veränderung der offiziellen Umleitungsstrecke – eine solche wird ausgeschildert – vor. Diese verläuft nicht wie geplant über Oststeinbek, Glinde und die Kreisstraße 80 mit 20 Kilometern Umweg. Die Behörde hat sich für den Weg über Jenfeld und die Autobahnen 1 und 24 entschieden, was rund acht Kilometer Umweg bedeutet. Auf diese Strecke werden ohnehin die meisten ortskundigen Autofahrer ausweichen – auch ohne Beschilderung.
Die Hamburger Wirtschafts- und Verkehrsbehörde will sich nicht den schwarzen Peter zuschieben lassen und betont den Zwang einer schnellen Umsetzung. „Die Maßnahme auf der Barsbütteler Straße muss dieses Jahr in kurzer Zeit durchgeführt werden, damit Schleswig-Holstein sein Programm zur Sanierung der Landesstraßen in Stormarn 2019 überhaupt starten kann“, sagt Sprecherin Susanne Meinecke.