Bargteheide. Rund um das Zentrum werden immer wieder Straftaten verübt. Jetzt wollen Sicherheitskräfte und Verwaltung durchgreifen.

Die Polizei zieht Konsequenzen aus der anhaltenden Kriminalität rund um das Bargteheider Schulzentrum und erklärt den Bereich zum „gefährlichen Ort“. Diese im Landesverwaltungsgesetz verankerte Möglichkeit ermächtigt die Beamten, jede dort anwesende Person sowie Taschen zu kontrollieren, ohne dass es eines konkreten Anlasses bedarf. „Die Polizei hat diese Maßnahme an dieser Stelle zum ersten Mal ergriffen“, sagt Holger Meier, Sprecher der Polizeidirektion Ratzeburg. „In ganz Stormarn gibt es zurzeit keine vergleichbare Situation.“

Meier gibt an, dass diese Einordnung lageabhängig ist. Der Sachstand werde regelmäßig überprüft, die Anordnung aber erst dann zurückgezogen, wenn sich die Situation beruhigt hat. „Die Einstufung als ,gefährlicher Ort’ erfolgt nicht willkürlich“, sagt auch Hauptkommissar Helge Hammermeister von der Polizeiwache Bargteheide. „Die aktuellen Auswertungen haben gezeigt, dass wir am Schulzentrum eine signifikante Häufung von Straftaten haben.“ Zu Himmelfahrt sei der Bereich auf den gesamten Parkplatz vor dem Ganztagszentrum ausgeweitet worden. Dies wurde aber wieder aufgehoben.

Vorfälle ließen Kriminalstatistik 2017 in die Höhe schnellen

Hauptkommissar Helge Hammermeister von der Polizei in Bargteheide will das Problem lösen
Hauptkommissar Helge Hammermeister von der Polizei in Bargteheide will das Problem lösen © Melissa Jahn | Melissa Jahn

Zum Hintergrund: Seit Jahren nutzen Jugendliche und junge Erwachsene das Schulzentrum sowie den angrenzenden Stadtpark als Treffpunkt. Die Zahlen der Sachbeschädigungen und Beschwerden von Anwohnern steigen seit einiger Zeit stark an. Deshalb hat die Polizei vermehrt nächtliche Kontrollen durchgeführt und dafür auch Verstärkung unter anderem von der Bereitschaftspolizei aus Eutin angefordert.

Zahlreiche Delikte wie Drogenmissbrauch, Körperverletzung, eingeworfene Scheiben und Graffiti an den Schulwänden ließen die Kriminalstatistik 2017 in die Höhe schnellen: In ganz Bargteheide registrierte die Polizei 1370 Straftaten – ein Plus von 21,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: In ganz Stormarn stiegen die Zahlen im gleichen Zeitraum lediglich um 4,4 Prozent, in der Kreisstadt Bad Oldesloe sogar nur um 1,0 Prozent.

„Die Entwicklung in Bargteheide hängt nicht ausschließlich mit der erhöhten Kontrolldichte zusammen“, sagt Hauptkommissar Helge Hammermeister: „Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz konnten wir durch unsere Einsätze vermehrt aufdecken. Ebenfalls gestiegen sind im Jahresvergleich allerdings auch Sachbeschädigungen um 69,2 Prozent. Diese werden unabhängig von Kontrollen gemeldet.“

Öffentliches WLAN-Netz soll jetzt verschlüsselt werden

Glaser Stefan Fetsch ersetzt eine Scheibe, durch die Täter in die Schule eingedrungen waren
Glaser Stefan Fetsch ersetzt eine Scheibe, durch die Täter in die Schule eingedrungen waren © HA | Marc R. Hofmann

Doch woran liegt dieser Anstieg? Und stehen womöglich einzelne Bevölkerungsgruppen dahinter? Ein Beispiel: Am Himmelfahrtstag begingen 30 Jugendliche Hausfriedensbruch, als sie zum Feiern in ein Gebäude der Anne-Frank-Schule in Bargteheide eindrangen. Dass am Ende nicht wie im Jahr zuvor Klassenräume verwüstet und Scheiben zerbrochen wurden, ist möglicherweise nur dem schnellen Eingreifen der Polizei zu verdanken. Die Zusammensetzung der Gruppe: Es handelte sich um 18 junge Frauen und 12 junge Männer im Alter von 16 bis 22 Jahren aus Bargteheide aber auch aus Gemeinden der Umgebung. „Wir sehen hier einen Querschnitt durch die Gesellschaft und keine Problematik einzelner Gruppen“, sagt der Hauptkommissar. „Einen Anstieg von Rechtsextremismus können wir ebenfalls nicht verzeichnen.“ Drei Personen hatten an dem Tag den Hitlergruß gezeigt und dafür eine Strafanzeige kassiert.

Zurzeit sorgen das anhaltend warme Wetter sowie diverse private Abschlussfeiern der Schulabgänger für erneute Einsätze. „Die Kontrollen finden regelmäßig und je nach Kräftelage statt“, so Hammermeister. „Generell jedoch nie mit nur einem Streifenwagen. Wir fordern für Einsätze im Schulzentrum immer Verstärkung an.“

Eine Idee ist auch die Schaffung einer Hausordnung

Auf die anhaltenden Vorkommnisse reagiert auch die Stadt Bargteheide mit verschiedenen Maßnahmen, die nun erste Auswirkungen auf die Stadtbevölkerung haben. Unter anderem soll das öffentliche WLAN-Netz am Stadthaus zeitnah verschlüsselt werden. „Wir hatten das Internet unter anderem für die Flüchtlinge kostenlos zur Verfügung gestellt“, sagt Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht. „Davon wurden in letzter Zeit so viele Jugendliche angezogen, dass sich auch die Stadtverordneten bei Abendveranstaltungen nicht mehr wohlfühlten.“

Immer wieder wird auf dem Gelände des Schulzentrums gefeiert. Der Müll bleibt häufig liegen
Immer wieder wird auf dem Gelände des Schulzentrums gefeiert. Der Müll bleibt häufig liegen © HA | Marc R. Hofmann

Weitere Ideen sind die Schaffung einer Hausordnung für das Schulzentrum sowie einer Benutzungssatzung für den Park. Denn im Bereich der Schulen gebe es 365 Tage im Jahr ein Rauch- und Alkoholverbot. Doch bisher gehen die Bereiche fließend ineinander über, weshalb Zuständigkeiten nicht klar definiert werden können. Ebenfalls denkbar ist die Installation von Videokameras – am Himmelfahrtstag wurde die Wiese des Stadtparks bereits dementsprechend überwacht. „Auch ein Wachdienst oder zusätzliche Beleuchtungsmaßnahmen sind möglich“, so Kruse-Gobrecht. „Weitere Schritte werden wir in dem neuen Arbeitskreis absprechen.“

Verantwortliche trafen sich erstmals Anfang Juni

Die Verantwortlichen aus Verwaltung, Schule, Polizei und Jugendarbeit trafen sich Anfang Juni zum ersten Mal. Die nächste Zusammenkunft ist für den 27. August geplant. Auf Wunsch werden ab sofort auch die Fraktionen in diese Treffen einbezogen. Neben den verschiedenen Sanktionen soll es auch um Prävention gehen.

„Nicht alle, die sich am Schulzentrum treffen, sind Straftäter“, stellt Helge Hammermeister klar. „Doch dieser Ort ist der falsche Anlaufpunkt.“ Es gehe darum, mit den vernünftigen Jugendlichen in Kontakt zu treten und Ausweichmöglichkeiten zu besprechen. „Dies könnte auch von den Schulen unterstützt werden.“