Ahrensburg/Hammoor. Lkw-Fahrer weichen zum Übernachten in Gewerbegebiete aus. Bund und Land erstellen Konzept. Wann kommt der Autohof in Hammoor?

Auf den Rastplätzen in Stormarn entlang der Autobahn 1 gibt es deutlich zu wenig Nachtstellplätze für Lastwagenfahrer. Das erschwert es den Truckern, die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einzuhalten. Die Suche nach einem Platz für die Nacht bedeutet zusätzlichen Stress – Tag für Tag. Das macht den Job zunehmend unattraktiv und ist ein Sicherheitsrisiko.

Laut Thomas Rackow, Geschäftsführer des Unternehmerverbandes Logistik Schleswig-Holstein, stecken die Fahrer in einer Zwickmühle. Da gesetzlichen Ruhezeiten einzuhalten sind, muss ein Parkplatz angesteuert werden: „Wenn der voll ist, gibt es für den Fahrer zwei Möglichkeiten“, sagt Rackow. „Er parkt auf dem vollen Parkplatz an einer Stelle, wo er nicht darf – oder überschreitet die Lenkzeit und fährt weiter in der Hoffnung, auf dem nächsten Parkplatz seine Ruhezeit einhalten zu können.“ In beiden Fällen riskierten er und das Unternehmen ein hohes Bußgeld. Außerdem seien müde Fahrer ein Sicherheitsrisiko. Nach einer Umfrage, die der Verband mit der Fachochschule Kiel erarbeitet hat, ist der Stressfaktor ein Grund, warum immer weniger junge Menschen den Beruf des Lastwagenfahrers erlernen wollen.

Hier gibt es kein Durchkommen: Geparkt wird auf der Buddikate auch auf nicht dafür vorgesehenen Flächen
Hier gibt es kein Durchkommen: Geparkt wird auf der Buddikate auch auf nicht dafür vorgesehenen Flächen © HA | Janina Dietrich

40 Prozent der Lkw-Fahrer gaben an, dass die Suche nach einem Rastplatz und das damit verbundene Bußgeld-Risiko Stressfaktor Nummer eins sei. Die Untersuchung hat auch gezeigt, dass 50 Prozent der in Schleswig-Holstein beschäftigten Fahrer über 50 Jahre alt sind. „Wenn nichts geschieht, könnte im Norden bald ein Ver- und Entsorgungsnotstand entstehen“, sagt Thomas Rackow.

Nur wenige junge Menschen wollen als Lkw-Fahrer arbeiten

Er fordert den Ausbau bestehender und den Neubau von Rastanlagen – etwa den geplanten Autohof in Hammoor am Autobahnkreuz Bargteheide sowie planungsrechtlich vorgeschriebene Parkplätze in Gewerbegebieten inklusive der Unterbringungsmöglichkeiten und sanitärer Anlagen.

In der Straße Brauner Hirsch in Ahrensburg stellen Lkw-Fahrer ihre Fahrzeuge ab
In der Straße Brauner Hirsch in Ahrensburg stellen Lkw-Fahrer ihre Fahrzeuge ab © HA | Ralph-Andre Klingel-Domdey

Die Auswirkungen der Parkplatznot sind seit Jahren auch in Orten entlang der A 1 zu spüren. Lastwagenfahrer, die dort keinen Stellplatz finden, weichen auf Gewerbegebiete oder in die Natur aus. Dort hinterlassen viele Müll, verrichten ihre Notdurft am Straßenrand. Beschwerden darüber gibt es in den Gewerbegebieten Bargteheide und Ahrensburg. Auch an der Straße Brauner Hirsch im Tunneltal in Ahrensburg übernachten regelmäßig Lastwagenfahrer in ihren schweren Geräten. Ebenso im Reinfelder Gewerbegebiet.

Kapazitätsgrenze der Rastanlagen ist überschritten

Die Parkplatznot ist nicht nur ein Stormarner Problem, aber entlang der A 1 zwischen Hamburg und Lübeck sehr akut. Dort fehlen laut Unternehmerverband mehr als 200 Plätze – etwa auf den Rastplätzen Ellerbrook bei Stapelfeld und Buddikate-West sowie -Ost bei Ahrensburg. Dieser Eindruck wird durch aktuelle Zahlen des Bundesverkehrsministeriums bestätigt.

„Ein erster Blick auf die noch unausgewerteten Zählungen auf den Rastanlagen Buddikate-West und -Ost lässt erkennen, dass die Kapazitätsgrenze in den Nachtstunden überschritten ist“, sagt Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) auf Abendblatt-Anfrage. Viele Lastwagen würden außerhalb markierter Flächen und darüber hinaus in den Ein- und Ausfahrten geparkt.

Nicht alle Parkplätze liegen direkt an der Autobahn

Das Ergebnis der Zählung verwundert nicht. Derzeit stehen an den Autobahnen im Land 1813 Lastwagen-Parkstände zur Verfügung. Damit wäre der im Jahr 2013 festgestellte Gesamtbedarf von zwar 1797 Parkständen abgedeckt. Allerdings nur rechnerisch. Denn lediglich 463 der Plätze liegen an Autohöfen nahe den Autobahnen. Mit der aktuellen Erhebung will der Bund den tatsächlichen Bedarf berechnen. Aus der Gegenüberstellung des Bestandes und der Belegung wird der Bund in Abstimmung mit den Ländern eine Netzkonzeption entwickeln, die den entsprechenden Ausbaubedarf abbilden soll.

Die Rastanlagen Buddikate-West und -Ost sind einem Bereich zwischen dem Autobahnkreuz Hamburg-Ost und dem Autobahndreieck Bad Schwartau zugeordnet, der hinsichtlich des Ausbaubedarfs „ganzheitlich“ betrachtet werden soll. Konkret bedeutet das, dass eine Überlastung der Buddikate nicht unbedingt eine Erweiterung bedeuten muss. Es könnten auch an einem anderen Ort in dem Planbereich neue Stellplätze geschaffen werden. Die Auswertung der neuen Zählung wird noch in diesem Jahr erwartet.

Regionalplan Windenergie verhindert schnelle Besserung

„Zweifellos ein dickes Brett, was da gebohrt wird. Und momentan auch ein schwaches Trostpflaster für die betroffenen Anwohner und Autofahrer in der Region“, sagt Minister Buchholz. Allerdings werde der Ausbau der Lkw-Parkstände auf den Rastanlagen in den kommenden Jahren zu einer Entspannung der Situation führen. Voraussetzung für den Ausbau sei aber die neue Netzkonzeption des Bundes als gerichtlich anerkannte Planungsgrundlage. Unabhängig von der Initiative des Bundesverkehrsministeriums könnte der Autohof in Hammoor zu einer Entlastung führen. Doch das Projekt ist durch den Regionalplan Windenergie der alten Landesregierung ins Stocken geraten. Der sieht auf der Baufläche ein Windkraft-Voranggebiet vor. Vor mehr als einem Jahr sprach sich die Gemeindevertretung einstimmig für den Bau des Autohofes aus, um ein deutliches Signal nach Kiel zu senden.

„Eine Garantie gibt es auch damit noch nicht“, sagte der mit den Planungen beauftragte Stadtplaner Karsten Schwormstede damals. Diese Aussage hat bis heute Gültigkeit. Noch immer wartet die Gemeinde auf Neuigkeiten aus Kiel. Die Landesregierung aus CDU, FDP und Grünen hatte angekündigt, den Regionalplan der Vorgängerregierung zu überarbeiten. Hammoors Bürgermeister Helmut Drenkhahn sagt: „Wir haben im Moment keine andere Möglichkeit als abzuwarten, bis die neuen Planentwürfe beschlossen sind.“

Landesregierung will Plan bis Mitte des Jahres vorlegen

Das wird voraussichtlich noch Mitte dieses Jahres der Fall sein. Anschließend folgt ein Anhörungszeitraum von sechs Monaten, in dem etwa Gemeinden Stellungnahmen abgeben können. Erst dann wird entschieden, ob der aktualisierte Plan festgesetzt wird. Vorher wird auch der Bau des Autohofes nicht beginnen können.

Dabei könnte das Projekt ein wichtiger Baustein sein, um die Not der Trucker zu mildern. „Die Situation ist auch im Bereich Hammoor klar als angespannt zu bezeichnen“, sagt Harald Haase, Sprecher des Wirtschafts- und Verkehrsministeriums in Kiel. Ein Autohof auf Stormarner Gebiet könnte die Lösung des Problems sein.