Bad Oldesloe. Kreis soll landesweit den höchsten Sanierungsbedarf haben. Rund die Hälfte laut Bericht marode. Doch es ist schon besser geworden.
Die Nachricht hat in Stormarn für Aufsehen, aber auch für Verwunderung gesorgt: Laut einem Bericht des NDR-Politikmagazins „Panorama 3“ sind viele Straßen in Norddeutschland in einem sehr schlechten Zustand. Und dabei sei Stormarn landesweit am stärksten betroffen: 50 Prozent der Kreisstraßen, so der Bericht, seien in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand.
„Die Meldung hat uns überrascht“, sagt Lukas Kilian (CDU), Vorsitzender des Kreisverkehrsausschusses. „Wir haben in den vergangenen Jahren erhebliche Baumaßnahmen vorangetrieben. In dem Bericht wurden alte Zahlen verwendet.“ Das sieht auch Jens Sommerburg, Leiter des Landesbetriebs für Straßenbau und Verkehr (LBV) in Lübeck, so: „Der Kreis Stormarn hat starke finanzielle Anstrengungen im Bereich der Straßensanierung unternommen. Der Zustand der Straßen ist besser geworden.“ Wie ist es denn nun aktuell um Stormarns Kreisstraßen bestellt? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist der Unterschied zwischen Kreis- und Landesstraßen?
Die Einteilung von Straßen erfolgt nach deren Verkehrsbedeutung. Es wird beispielsweise ermittelt, wie stark eine Straße befahren wird und wie viele Orte sie miteinander verbindet. Je nach Status ändert sich auch der Träger, also die für die Straße zuständige Behörde. Die Reihenfolge der Einstufung geht von Autobahnen und Bundesstraßen, die vom Bund getragen werden, über Landes- und Kreisstraßen bis hin zu Gemeindestraßen. Für Landesstraßen ist das jeweilige Bundesland zuständig, Kreisstraßen liegen in der Zuständigkeit des Kreises, für Gemeindestraßen sind die Kommunen zuständig. Während Gemeindestraßen nur zur örtlichen Erschließung dienen, haben Kreisstraßen bereits eine überregionale Bedeutung, da sie auch ortsübergreifend verlaufen. Die Einstufung von Straßen kann sich mit der Zeit ändern. „Allerdings wird das Prozedere wenn möglich gemieden, da es sehr aufwendig ist“, sagt Klaus Kucinski, Leiter der Verkehrsbehörde in der Stormarner Kreisverwaltung.
Wie hoch ist der Anteil der Kreisstraßen in Stormarn?
257 Kilometer des Stormarner Straßennetzes sind Kreisstraßen, so Kucinski. Zum Vergleich: 82 Kilometer sind Autobahnen, die Landesstraßen messen 213 Kilometer und mehr als 800 Kilometer sind Gemeindestraßen.
Wie viel Geld stellt der Kreis für die Sanierung zur Verfügung?
In einem Pauschalvertrag mit dem LBV, der für die bauliche Instandhaltung der Straßen im Kreis zuständig ist, sind jährlich rund 2,1 Millionen Euro für die Unterhaltung und Deckenerneuerung von Straßen vorgesehen. Hinzu kommen seit 2010 jährlich 250.000 Euro für die Beseitigung von Fahrbahnschäden und 200.000 Euro zusätzlich für die Deckenerneuerung. Im Jahr 2017 hat der Kreis somit rund 2,5 Millionen Euro in die Straßensanierung investiert.
Wie werden Straßen bewertet?
Alle vier Jahre wird im Zuge der Zustandserfassung und -bewertung mithilfe von sogenannten schnellfahrenden Messfahrzeugen, die mit hochauflösenden Kameras und Laser-Sensoren ausgestattet sind, die Oberflächenstruktur der Straßen überprüft. „Unebenheiten, Risse und Flickstellen können auf diese Weise genau erfasst werden“, erklärt ein Mitarbeiter des LBV. Der Zustand der jeweiligen Straßen wird dann anhand von Schulnoten, die von 1 („sehr gut“) bis 5 („mangelhaft“) reichen, bewertet.
Wie viele Kreisstraßen sind in Stormarn sanierungsbedürftig?
Laut LBV stellt die Note 3,5 einen Warnwert dar. Bei Straßen mit dieser Bewertung werde nach der Schadensursache geforscht. „Ab einer Bewertung von 4,5 besteht Handlungsbedarf“, sagt Klaus Kucinski von der Verkehrsbehörde. Im Jahr 2017 haben 40 Prozent aller Kreisstraßen eine Zustandsnote von 3,5 bis 5,0 erhalten – nur 13,6 Prozent kamen jedoch auf einen Wert, der schlechter war als 4,5 und sind somit akut sanierungsbedürftig. Bei der vorherigen Erhebung im Jahr 2013 fielen noch 50 Prozent der Straßen im Kreis in den Bereich von 3,5 bis 5,0, davon erhielten 24 Prozent der Kreisstraßen eine Note unterhalb von 4,5. „Wir haben die Hälfte des Sanierungsbedarfs abgebaut“, sagt Kucinski. Und weiter: „Wenn wir weiterhin so investieren, was beabsichtigt ist, dann werden wir in fünf bis sechs Jahren das Ziel erreicht haben, bei allen Straßen mindestens auf eine Bewertung von 3 zu kommen.“
Wie kommt es dazu, dass viele Straßen sanierungsbedürftig sind?
Schuld daran ist der sogenannte Sanierungsstau, der um das Jahr 2000 entstanden ist. „Die Kreisstraßen waren in einem erbärmlichen Zustand“, so Lukas Kilian. Zunächst sollte jedoch der Haushalt saniert werden, bevor Geld in die Straßen investiert werden konnte. Der Tiefpunkt war 2010 erreicht. Ein langer Winter mit Frostwetter habe zu vielen Straßenschäden geführt. „Da musste gehandelt werden, sonst wird aus einer Sanierung schnell eine Grunderneuerung“, erklärt Klaus Kucinski. Nach der erfolgreichen Haushaltskonsolidierung „haben wir die finanziellen Mittel gehabt, um erheblich gegenzusteuern“, sagt Lukas Kilian.
Welche Straßen werden als nächste saniert?
Die Reihenfolge der Sanierungen erfolgt anhand einer Prioritätenliste, die von der Verkehrsbehörde in Abstimmung mit dem Verkehrsausschuss jährlich neu erörtert und an den Bedarf und die aktuelle Situation angepasst wird. Seit Anfang dieses Jahres gibt es nur noch eine Dringlichkeitsstufe. „Das soll für Transparenz und Klarheit sorgen“ sagt Klaus Kucinski. Denn: „Auf den langen Listen standen teilweise Projekte, die erst zehn Jahre später angegangen werden. Das hat falsche Hoffnungen geweckt.“ Bis zu zehn sanierungsbedürftige Kreisstraßen werden als Prioritäten in die Liste aufgenommen – dazu kommen ebensoviele „Nachrücker“. Die nächste Kreisstraße, die saniert wird, ist die K 81 im Abschnitt zwischen Wilstedt und der Kreisgrenze Segeberg.