Bad Oldesloe/Hammoor. Kreis legt einen neuen Bedarfsplan vor. Nicht alle Angebote entsprechen den Wünschen der Eltern. Städte und Gemeinden rüsten nach.

Die Geburtenrate steigt in Stormarn nach neuen Prognosen des Kreises, junge Familien zieht es vermehrt in die entstehenden Wohngebiete. Besonders in den Städten Stormarns werden Hortplätze knapp, wie der neue Kitabedarfsplan belegt. Platznot herrscht weiterhin auch in Kindertagesstätten. Die kleine Gemeinde Hammoor baut jetzt sogar eine eigene Kita für mehrere Millionen Euro. Laut Bürgermeister Helmut Drenkhahn eines der größten Bauprojekte im Amt Bargteheide-Land überhaupt: „Die Nachfrage hat sich in den vergangenen Jahren stark nach oben entwickelt. Mit der neuen Kita wollen wir dem Wunsch vieler Eltern nachkommen.“

Bislang müssen Hammoorer ihren Nachwuchs in Kitas außerhalb anmelden. Dafür zahlt die Gemeinde jährlich bis zu 380.000 Euro – je nach Anzahl der Kinder. Das ist ein großer Posten im Haushalt des Dorfes. „Mit eigener Kindertagesstätte werden wir natürlich auch laufende Kosten haben. Aber ich gehe davon aus, dass es weniger sein werden als bisher“, sagt Drenkhahn.

Die Kosten für den Bau liegen bei rund 2,5 Millionen Euro. Bund und Land fördern das Projekt mit 1,9 Millionen Euro. Dafür gibt es ein 860 Quadratmeter großes Gebäude mit großer Außenanlage, 60 Elementar- und 20 Krippenplätzen. In der Gemeinde hatte der Bau der Kita auf Bestreben der Allgemeinen Wählergemeinschaft Hammoor (AWH) für Kontroversen gesorgt. Die CDU-Fraktion ist bis heute aus finanziellen Gründen dagegen.

Auch in Ahrensburg und in Bad Oldesloe fehlen Plätze

Stormarns Kreisstadt Bad Oldesloe plant derzeit den Bau von zwei neuen Kindergärten. So bekommt der örtliche Waldorfkindergarten einen Neubau, das Angebot wird um einen Krippenbereich erweitert. Das neue Wohngebiet Claudiussee bekommt eine eigene Kindertagesstätte, um den erwarteten Mehrbedarf decken zu können.

Auch Ahrensburg benötigt dringend Plätze für die Kitabetreuung und will für 2,6 Millionen Euro eine neue Kita am Schulzentrum Am Heimgarten mit 70 Krippen- und Elementarplätzen bauen. Die Gemeinde Lütjensee investiert in diesem Jahr knapp eine Million Euro in die Erweiterung zweier Kindergärten.

Wie ist die Rechtslage – was ändert sich?

Rechtsanspruch haben Eltern bisher auf Elementarplätze für ihre Kinder (3 bis 6 Jahre). Seit 2013 auch auf Krippenplätze (1 bis 3 Jahre).

Kommunen müssen ausreichend Plätze zur Verfügung stellen, sonst riskieren sie Klagen. Städte und Gemeinden sind daher gezwungen, regelmäßig den Bedarf zu ermitteln und in vorhandene und neue Einrichtungen zu investieren.

Auf Ganztagsbetreuung ab dem Grundschulalter haben Eltern bisher keinen rechtlichen Anspruch. Das will die Bundesregierung innerhalb von sechs Jahren ändern. Der Ausbau der Angebote soll der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf dienen.

Die Regierung verspricht bedarfsgerechte Angebote. Und dass die „Vielfalt der bestehenden Betreuungsmöglichkeiten der Kinder- und Jugendhilfe und die schulischen Angebote berücksichtigt werden.“

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Dem Kreis Stormarn kommen derartige Projekte gelegen. Der Bedarf steigt – sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Gemeinden. Das zeigt der jetzt im Jugendhilfeausschuss des Kreises vorgestellte Kitabedarfsplan: „Die Versorgungssituation ist im Vergleich zu anderen Kreisen in Schleswig-Holstein vernünftig, aber Bedarf gibt es trotzdem“, sagt Wilhelm Hegermann. Laut dem Leiter des Fachbereichs Jugend, Schule und Kultur beim Kreis Stormarn weise die Entwicklung in die richtige Richtung: „Wir haben im Elementarbereich einen leichten, im Krippenbereich einen großen Zuwachs an verfügbaren Plätzen.“

Für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren liegt die Versorgungsquote in den Stormarner Gemeinden derzeit zwischen 94 und 112 Prozent. Die scheinbare Überversorgung in einigen Orten erklärt der Bericht allerdings damit, dass nicht alle Kinder erfasst werden. Die Zahlen basieren auf denen der jeweiligen Meldeämter. Und Kinder von außerhalb sind nicht in den jeweiligen Gemeinde erfasst. Auch Einwohner, die nach dem Stichtag am 1. März durch Umzug hinzugekommen, werden nicht mitgezählt.

Keine Zahlen zum Mangel bei Nachmittags-Betreuung

Noch weit komplizierter ist es, den tatsächlichen Bedarf bei der Nachmittagsbetreuung für Schulkinder zu bestimmen. „Ich glaube, dass eine große Diskrepanz zwischen den Elternwünschen und dem tatsächlichen Angebot besteht“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte des Kreises, Sophie Olbrich. Der Ausbau an Hortplätzen entwickle sich in Stormarn sehr unterschiedlich.

„Bei der nachschulischen Betreuung sehe ich ein großes Problem auf uns zukommen“, sagt Ulrike Stenzler, Vorsitzende des Kreis-Jugendhilfeausschusses
„Bei der nachschulischen Betreuung sehe ich ein großes Problem auf uns zukommen“, sagt Ulrike Stenzler, Vorsitzende des Kreis-Jugendhilfeausschusses © HA | Henrik Bagdassarian

Wo die Plätze ausreichen und in welchen Gemeinden die Versorgung verbessert werden muss, ist schwer zu ermitteln. Grund sind die unterschiedlichen Schulkonzepte von offener und gebundener Ganztagsschule. „Bei der nachschulischen Betreuung sehe ich ein großes Problem auf uns zukommen, das wir werden lösen müssen“, sagt die Vorsitzende des Kreis-Jugendhilfeausschusses, Ulrike Stenzler. Die Versorgungsquote für Hortangebote für Kinder im Schulalter bis zehn Jahre liegt im Kreis Stormarn bei 18 Prozent. 1713 Hortplätze stehen für diese Altersgruppe zur Verfügung.

Bedarf muss früher oder später ermittelt werden

Wie viele Kinder nachmittags mangels Angebot nicht betreut werden können, ist nicht erfasst. Eine Umfrage ist laut Stormarner Kreisverwaltung mit der derzeitigen Personalstärke nicht umzusetzen. Doch früher oder später wird der tatsächliche Bedarf ermittelt werden müssen. Die neue Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hat sich im Koalitionsvertrag auf die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter geeinigt (siehe unten). Um das umsetzen zu können, braucht es verlässliche Zahlen.

Diese Frage stellt sich in Hammoor nicht. Eine eigene Schule ist nicht geplant und mit neuen Kita dürfte der Betreuungsbedarf für viele Jahre gedeckt sein. Eröffnet wird – so sieht es der Zeitplan vor – spätestens im November.