Ahrensburg. Um Amtshandlungen vorzunehmen, benötigte der in den Missbrauchsskandal verwickelte Friedrich H. die Zustimmung der Pastoren.

Die Pastoren der Ahrensburger Kirchengemeinde werden es dem in den Missbrauchsskandal verwickelten Ruhestandsgeistlichen Friedrich H. nicht erlauben, Bestattungen, Taufen, Trauungen oder Konfirmationen in der Schlossstadt auszuführen. Das geht aus einem Brief des Kirchengemeinderats hervor, der dem Abendblatt vorliegt. Laut dem Schreiben haben die fünf Geistlichen einstimmig beschlossen, es H. nicht zu gestatten, derlei Amtshandlungen in Ahrensburg vorzunehmen.

Viele Jahre lang beschäftige der Fall von Friedrich H. die Justiz. Ihm wurde vorgeworfen, in den 80er-Jahren den sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener durch einen Amtskollegen gedeckt und außerdem selbst sexuelle Verhältnisse mit volljährigen jungen Frauen unterhalten zu haben. Vor etwa einem Monat stellte das Disziplinargericht der Nordkirche das Verfahren aufgrund seiner langen Dauer ein (wir berichteten). Obwohl die Richter die Vorwürfe für erwiesen hielten, haben die Taten für den heute 76-Jährigen keine Konsequenzen.

Pastoren lehnen Leitung von Trauerfeier durch H. ab

Auch exkommuniziert wurde H. nicht. Theoretisch könnte der Pastor also weiterhin Gottesdienste oder Trauerfeiern leiten – auch im Ruhestand. Laut Pfarrerdienstgesetz der Evangelischen Kirche benötigt es dafür allerdings die Zustimmung der zuständigen Pastoren. Und genau die bleibt Friedrich H. innerhalb der Ahrensburger Kirchengemeinde verwehrt.

Der besagte Brief des Kirchengemeinderates ist an Bestattungsunternehmen in der Schlossstadt adressiert. Diese werden in der eine Seite umfassenden Mitteilung gebeten, zu berücksichtigen, dass eine von Friedrich H. geleitete Trauerfeier „nicht in einer unserer Kirchen stattfinden und nicht in unserem Kirchenregister eingetragen werden kann, da es sich nicht um eine Amtshandlung unserer Gemeinde handelt“.

Anwalt von Friedrich H. reagiert empört

Unterschrieben ist der Brief von Herbert Meißner, dem Vorsitzenden des Kirchengemeinderates. Auf Abendblatt-Anfrage bestätigt der Ahrensburger die Echtheit des Dokuments, möchte sich aber nicht weiter zu dem Thema äußern. Friedrich H. sei über das Schreiben informiert worden.

Heinz Wagner, der Anwalt des Pastors im Ruhestand, dementiert das. Auf Nachfrage des Abendblatts heißt es in seiner Stellungnahme: „Es ist unerträglich, wenn die Ahrensburger Pastoren nunmehr ohne Kenntnis des Verfahrens und bevor das schriftliche Urteil vorliegt, allein aufgrund von Presseberichten beschließen, Herrn H. nicht zu gestatten, Amtshandlungen innerhalb der Ahrensburger Gemeinde vorzunehmen. Von christlicher Gesinnung mag man bei diesen Pastoren und Pastorinnen schon gar nicht mehr sprechen. Vielleicht geht es nur um die Ausschaltung eines unliebsamen Konkurrenten, wofür es Belege in den Akten gibt.“ Genauer ging er darauf nicht ein.

Pastorin Susann Kropf verteidigt ihre und die Entscheidung ihrer Kollegen. Die Ahrensburger Geistlichen haben sich demnach zu diesem Schritt entschieden, weil Friedrich H. laut Gericht nicht rehabilitiert sei. „Deswegen und in Anbetracht der vielen Opfer in Ahrensburg sahen wir uns verpflichtet, ein Zeichen zu setzen“, so Kropf. Es sei geplant gewesen, auch Friedrich H. und anschließend die Öffentlichkeit über diese Entscheidung zu informieren. Davon, dass der Brief des Kirchengemeinderates und mit ihm die Information über den Entschluss der Pastoren schon vorher an die Abendblatt-Redaktion gelangt ist, sei die Kirchengemeinde „überrumpelt“.